Die Telekom-Tochter T-Systems will als Partner von US-Unternehmen Kapital aus dem NSA-Skandal schlagen. Wer heute in Europa Geschäfte machen wolle, müsse Firmenkunden eine Lösung anbieten, bei der Daten vor dem Zugriff der US-Behörden nach dem Patriot Act geschützt seien, sagte T-Systems-Chef Reinhard Clemens am Mittwoch auf der Computermesse CeBIT in Hannover. Hier wolle die Telekom-Tochter zum Beispiel als Anbieter von Speicher-Lösungen nach deutschen Datenschutz-Standards ins Spiel kommen. Es gebe Gespräche in diese Richtung mit US-Firmen wie IBM, Salesforce oder VMware. Mit Salesforce schloss T-Systems am Mittwoch eine Vertriebspartnerschaft.
Die Idee dabei sei, "Sicherheit für deutsche Kunden und trotzdem ein komplettes internationales Angebot", erläuterte Clemens. Dabei müsse das Management für die Dienstleistungen in europäischer Hand liegen, damit die US-Behörden keinen Zugriff hätten. Er stelle dafür eine große Nachfrage bei den Kunden fest: "Auch deutsche Autohersteller sagen, wir wollen nicht, dass E-Mails in Amerika gelesen werden."
Zugleich warnte Clemens, ohne amerikanische Dienste werde es nicht gehen. Der Skandal um ausufernde Internet-Überwachung durch die NSA sei zwar "die beste Marketing-Kampagne" für europäische IT-Firmen gewesen. Die Vorstellung, die Europäer könnten jetzt mit den großen amerikanischen Anbietern auf Augenhöhe konkurrieren, sei jedoch illusorisch: "Google und Co zu kopieren - da ist der Zug schon abgefahren."
T-Systems wolle sich insgesamt stärker als Anbieter neuer Technologien wie Cloud-Dienste profilieren. "Wir wollen im klassischen Outsourcing-Geschäft nicht mehr wachsen", betonte Clemens. Dabei nehme er auch Umsatzrückgänge in Kauf und wolle vor allem Profitabilität. Weitere Schwerpunkte seien Gesundheits- und Auto-Dienstleistungen. So zeigt die Telekom auf der CeBIT ein Einsteck-Modul, das Fahrzeugdaten ausliest und per Funk auf den Smartphone-Bildschirm bringen kann. Damit kann man zum Beispiel frühzeitig technische Probleme erkennen und vorbeugen.
Die neue Richtung werde zugleich zur Verlagerung von Arbeitsplätzen aus Deutschland führen: Dienstleistungen mit einem hohen Anteil an Personalkosten würden "an einem Hochlohnstandort auf Dauer schwer zu erbringen sein". Die Kunden nähmen zwar gern Dienste aus Deutschland - "aber nur zu dem Preis der Inder". In Europa fasse T-Systems Standorte mit niedrigeren Arbeitskosten wie etwa Ungarn ins Auge. "Das ist ein massiver Umbau", räumte Clemens ein. (dpa/rs)