Schaut man auf die Spezifikationen und herausgestellten Merkmale der meisten Tablet-Computer, ist es kein Wunder, dass diese oft noch als reine Consumer-Gadgets abgetan werden. Ein echter B2B-Nutzen wie der für die Stippvisite im Krankenhaus erschließt sich nur selten. Doch so wie Singapur dabei ist, die eigenen Hochhausschluchten zu begrünen, um die besten Talente weltweit anzuziehen, wird die Einbindung mitgebrachter Smartphones und Tablets immer mehr als Arbeitsplatzvorteil für Fach- und Führungskräfte verstanden. Bring Your Own Device (BOYD) heißt der Trend, der sich zur wesentlichen Triebfeder für den Business-Einsatz von Tablets entwickelt hat.
Die Anforderungen im Business
Die sichere Einbindung von Smartphones, Tablets und anderer selbst mitgebrachter oder zur Verfügung gestellter mobiler Geräte ist auch eine der neuen Herausforderungen, denen sich die IT-Abteilungen heute stellen müssen. Wir haben die drei wichtigsten und verbreitetsten Tablet-Betriebssysteme - Android OS 4.3, Apple iOS 7 und Windows 8.1 - unter die Lupe genommen. Passend dazu hat die Experton Group Ergebnisse einer Vergleichsstudie über die Risiken der Tablet-Nutzung veröffentlicht. Neben Fragen der Sicherheit interessieren natürlich auch andere Aspekte im Unternehmenseinsatz.
Dazu gehören für Ulrich Ocker, Director Competence Center Apple & Mobility Solutions bei dem Münchener Systemhaus Cancom, die Motivation der Mitarbeiter ebenso wie die effiziente Nutzung, die einfache Administration und Wartung, die Verfügbarkeit aller notwendigen Anwendungen und Daten sowie die "User Experience durch individualisierte Benutzeroberflächen und Devices".
Warum Android an iOS vorbeigezogen ist
Wegbereiter für den verstärkten BOYD-Einsatz war sicherlich Apple, auch wenn die ersten iPads alles andere als B2B-tauglich waren und das Aufspielen von Software nur über den App-Store geht. Der unbestritten hohe Bedienkomfort und der vielzitierte Sexappeal, dem nicht zuletzt viele Manager erlegen sind, haben den Erfolg von Apple und den iPads im Unternehmenseinsatz begründet. Dass das Image Kratzer bekommen hat, liegt wohl eher an schwindenden Marktanteilen. Denn trotz Negativmeldungen über verheerende Produktionsbedingungen und Suizidfälle bei den Auftragsfertigern in China blieb die Mac-Company mit dem iPad bis zum dritten Quartal 2012 unbestrittener Platzhirsch im Tablet-Markt mit über 60 Prozent vom großen Kuchen
Nach Umsatz immer noch King, hat Apple nach Stückzahlen mittlerweile mehr als die Hälfte der Anteile an das Google-Lager verloren. Das liegt sicherlich an der stark wachsenden Zahl günstiger Android-Tablets, die in Schwellenländern teilweise schon für 100 Dollar zu haben sind. Zunehmende Konkurrenz erwächst Apple aber auch durch Samsungs Android-basierte und von immer mehr Verbrauchern gleichfalls als "sexy" betrachtete Galaxy-Produkte, obwohl diese keineswegs im Low-end-Strom mitschwimmen.
Der koreanische Riese beherrschte im ersten Halbjahr 2013 laut OpenSignal 47,5 Prozent des Android-Ökosystems, das inklusive aller Geräte trotz der starken Fragmentierung zu rund 38 Prozent von dem auch Jelly Beans getauften Android 4.3 bestimmt wurde. Mit dem gerade erst für ausgewählte Geräte geöffneten Android 4.4 alias KitKat wird der Android-Markt noch unübersichtlicher. Versprochene verbesserte Sicherheitsmerkmals werden in einem Kaspersky-Blog zum Teil anerkannt, es bleibe aber bei der großen "Ansteckungsgefahr" durch die vielen Drittanbieter-Stores.
Warum Windows nicht punkten kann
Microsoft war zwar um die Jahrtausendwende herum Ideengeber für Tablet-PCs, konnte sich damit aber wegen zu hoher Preise und wenig überzeugender Touch-Oberflächen nicht durchsetzen. Auch die Tablet-Versionen der OS-Generationen Windows XP, Windows Vista und Windows 7 haben wenig überzeugt. Mit dem im Herbst 2012 lancierten Windows 8 sollte sich das ändern. So wie HP verfolgen viele Hersteller eine Multi-OS-Strategie bei Tablets, setzen aber im Business auf Windows und die neue Version 8.1. Dell-Manager Andreas Marten hebt "die Vertrautheit mit einer bereits bekannten Betriebssystemumgebung" hervor. Doch trotz etlicher B2B-Vorteile und breiter Unterstützung führender OEM-Partner konnte Microsoft mit Windows 8 noch nicht einmal in Unternehmen punkten, so dass es im zweiten Quartal nur für etwa vier Prozent reichte. Liegt es vielleicht auch daran, dass viele Nutzer mit der Touch-Oberfläche nicht klar kommen?
Ein Problem für Microsoft ist sicherlich die vergleichsweise geringe Zahl von 100.000 Apps im Juni gegenüber 700.000 im Android-Lager und 475.000, die Apple jüngst als genuin nur für die iPads zählte. Überdies setzen viele Wintel-Anhänger nach mehr oder weniger enttäuschenden Verkaufszahlen eher auf Convertible- oder Hybrid-Modelle, die nicht als Tablets gezählt werden. Abgesehen davon sind die meisten Windows-Tablets, die für Cancom-Manager Ocker den Designstil von Apple missen lassen und mitunter etwas "hölzern" daherkommen, keineswegs günstiger als die iPads oder Galaxy-Tablets von Samsung. Dabei deuten von IHS iSuppli für das iPad Air ermittelte extrem hohe Gewinnspannen auf viel Luft für Preissenkungen hin.
Security-Ranking von Experton
Trau, schau, wem, könnte man sagen, wenn Windows 8.1 in einem von Microsoft in Auftrag gegebenen Experton-Whitepaper "Risiken der Tablet-Nutzung & Vergleich der Sicherheitsfunktionen von Android OS 4.3, Apple iOS 7 & Windows 8.1" am besten abschneidet. Aber Studien sind teuer und kaum eine wirklich frei von Interessenskonflikten. Das zeigt sich trotz bemühter Objektivität auch in dem aktuellen Whitepaper mit dem Fokus auf Risiken bei Geräteverlust und einer gemischten, betrieblichen und privaten Nutzung (BOYD).
Experton sieht in der 2010 losgetretenen Tablet-Welle einen "nachhaltigen Paradigmenwechsel bei der Betrachtung von Client-Infrastrukturen in Unternehmen". Ob das Gerät vom Mitarbeiter selbst mitgebracht oder ihm zur Verfügung gestellt wird, sind die Risikoeinschätzungen bei einer gemischten privaten und betrieblichen Nutzung sehr ähnlich.
Alle drei genannten aktuellen Tablet-Betriebssysteme böten mehr oder weniger gute Ansätze für eine sichere Nutzung und Einbindung von Tablets in die Unternehmensumgebung. Unterschiede sieht Experton vor allem dann, "wenn es um eine saubere Trennung von Nutzern, Apps und Daten geht", zumal viele Unternehmen dafür keine eigenen Sicherheitsrichtlinien hätten. Während diese mit Windows 8.1 schon weitgehend gegeben sei, lautet für Android und iOS die Empfehlung, zusätzliche Sicherheitslösungen einzusetzen. Damit sollen betriebliche und private Daten voneinander getrennt und bei Geräteverlust oder Ausscheiden des Mitarbeiters eine gezielte Datenfernlöschung von Unternehmensdaten vorgenommen werden können.
Wie von Experton immer wieder betont und der Tabelle zu entnehmen ist, sei nur mit Windows 8.1 eine ganz klare Trennung zwischen privaten und betrieblichen Daten gegeben, während bei der Datenfernlöschung in Android 4.3 und iOS 7 unisono nur alle Daten gelöscht werden können. Apples iOS 7 kommt in der Studie wegen der fehlenden Mehrbenutzerfähigkeit und keiner Trennung zwischen privaten und betrieblichen Daten mitunter schlechter weg als Android 4.3.
Dabei wird natürlich auch auf die große Malware-Anfälligkeit von Android-Geräten durch die vielen Drittanbieter-Stores hingewiesen. Die App-Prüfung durch den Google Bouncer und in Google Play erweise sich vielfach als wirkungslos. Android 4.3 biete zwar optional an, vor gefährlichen Apps aus Drittanbieter-Stores zu warnen, aber für alle Fälle sollten sich die Nutzer eine entsprechende Security-App herunterladen. Viele solcher Apps sind kostenlos und schneiden oft besser ab als entsprechende Pay-Apps.
Die von vielen Nutzern als nervig empfundenen automatischen App- und Windows-Updates lobt das Experton-Whitepaper ebenso wie die App- und BitLocker-Funktionen bei den Pro- und Enterprise-Versionen des Microsoft-Betriebssystems sowie die Verschlüsselungsfunktion bei InstantGo-Geräten. Apple informiere zwar über Updates und Fehlerbehebungen, ob der Nutzer den Empfehlungen folge, sollte aber zusätzlich überwacht werden. Allerdings stimmt das so nicht ganz, denn in iOS 7 aktualisieren sich Apps auf Wunsch auch automatisch. Android 4.3 lässt zwar auch automatisierte Updates zu, erhielt aber in puncto Aktualisierung die schlechteste Bewertung, weil die zahlreichen Android-Versionen auf den vielen unterschiedlichen Geräten oft gar nicht aktualisierbar sind, womit Fehlerbehebungen und neue Sicherheitsfunktionen oft verschlossen bleiben.
Die andere Sichtweise
Dass Windows 8.1 in der Experton-Sicherheitsstudie am besten wegkommt, findet der Cancom-Manager überraschend. Denn einmal lasse sich der Cloud-Speicher SkyDrive als Standardspeicherort für Microsoft-Anwendungen technisch nicht verhindern, was viele Kunden abgeschreckt habe. Zum anderen fehlten dem Microsoft-Betriebssystem "erstaunlicherweise einige Integrationsfeatures" zur Einbindung an nicht Windows-basierte Mobile-Device-Management- oder kurz MDM-Systeme. Von der geringen Zahl von Use-Cases im B2B-Segment ganz zu schweigen.
Für Ocker ist Apples iOS nach wie vor das führende Tablet-Betriebssystem in Unternehmen, zumal es einen hohen Reifegrad erreicht habe, sehr gute Sicherheits-Features biete und viele Use-Cases für Unternehmens-Apps. Android spiele aufgrund der starken Fragmentierung der Geräte eine eher untergeordnete Rolle im Unternehmenssegment, zumal zentrale Funktionen wie die Anbindung an Lotus Notes "mit Bordmitteln nicht einfach realisierbar" seien. Hersteller- oder geräteeigene zusätzliche Management- und Security-Funktionen wie ein Fingerprint-Sensor bei Windows-Modellen können natürlich Vieles herausreißen.
Fazit
Auch wenn Googles Android als besonders Malware-anfällig gilt, schließt keines der genannten Betriebssysteme den Unternehmenseinsatz grundsätzlich aus. Ohne zusätzliche Management- und Security-Apps sollte man auch Apples iPads und Windows-Tablets in sensiblen Umgebungen nicht betreiben. Bei Windows 8/8.1 bleibt die Frage, warum es nur für einen kleinen Marktanteil bleibt, wenn das System doch so sicher sein soll und so starke Unterstützung erfährt.