Software ist das jüngste, aktuelle und nächste große Ding: Wir leben in eine "Ära der Algorithmen", in einer "App-Economy" und im "goldenen Zeitalter der Anwendungsentwicklung". Oder, wie es der Internet-Pionier Marc Andreessen schon vor fünf Jahren prophezeit hat: "Software frisst die Welt". Vor allem bei Anwendungen zeigt sich derzeit ein hoher Bedarf an Fachkräften - geschäftliche Innovationen, IT-Security sowie der Einsatz neuer Technologien fordern ihren Tribut an frischen Skills.
Schere zwischen IT-Infrastruktur Applikationen
Mit Folgen: IT-Organisationen sind zunehmend auf die Unterstützung durch externe Berater ihrer IT-Provider und Outsourcing-Dienstleister angewiesen, deren Fachwissen und Erfahrung die wirtschaftliche Umsetzung von IT-Lösungen gewährleisten soll. Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass sich in den vergangenen Jahren eine Schere zwischen der IT-Infrastruktur (Commodity) und dem Segment der Applikationen (Wettbewerbsvorteil) geöffnet hat.
Erkennbar ist das an den Preisen der IT-Berater, die von den Dienstleistern aufgerufen werden: Während der Tagessatz für einen Projektmanager in der IT-Infrastruktur in Deutschland und Österreich seit dem Höchststand 2013 um rund vier Prozent gefallen ist, legte der Preis für einen Anwendungsentwickler einer vergleichbaren Skill-Stufe im gleichen Zeitraum um rund zwei Prozent zu.
Gegensätzliche Entwicklungen bei Tagessätzen für Berater
Der Abschwung der Tagessätze in der IT-Infrastruktur hat sich vornehmlich in der obersten Leistungsgruppe der Experten abgespielt, wie aus unseren Analysen laufender Outsourcing-Verträge bezüglich der Preise und Leistungen hervorgeht. Während die Sätze für IT-Architekten oder Projekt-Manager in der Infrastruktur seit Jahren rückläufig sind, steigen die Tagespreise für die unterste Skill-Stufe laut den Untersuchungen langsam, aber stetig an. Dieser Trend wird sich voraussichtlich auch im laufenden Jahr nicht ändern: Für die obere Leistungsklasse erwarten wir einen weiteren Rückgang des durchschnittlichen Tagessatzes von rund 2,5 Prozent auf 1234 Euro.
Diesen Abschwung bei den "teuren" Experten hat es im Bereich der Anwendungsentwicklung in den vergangenen Jahren nicht gegeben. Zwar fiel der Anstieg des Salärs etwa für die Konzeption und Umsetzung von Gesamtlösungen nur moderat aus, aber mit 1327 Euro pro Tag liegt der Wert auf einem Höchststand. Das sind im Durchschnitt rund 650 Euro mehr als für einen Einsteiger mit bis zu drei Jahren Berufserfahrung.
2017 über 1350 Euro pro Tag
Auch in den anderen Ebenen der Anwendungsentwicklung steigen die Tagessätze seit 2013 kontinuierlich an - so legte der Preis für Entwicklung, Design, Implementierung und die Wartung von Softwareanwendungen mit weniger als drei Jahren Berufserfahrung um knapp vier Prozent auf 678 Euro zu.
Und die Entwicklung setzt sich fort: Im laufenden Jahr rechnen wir damit, dass die Tagessätze in der Applikationsentwicklung über alle Leistungsstufen um zirka 2,5 Prozent zunehmen. Architekten springen demnach über die Schwelle von 1.350 Euro pro Tag.
Tagessätze in der Schweiz
In der Schweiz sieht die Tendenz etwas anders als in Deutschland und Österreich aus, hier wird die Talfahrt der Tagessätze im Bereich IT-Infrastruktur der obersten Leistungsstufe 2016 voraussichtlich gebremst. 2015 wurden hier für einen IT-Architekten pro Tag im Durchschnitt 1937 Franken gezahlt, drei Jahre zuvor waren es noch 2130 Franken gewesen. Dies ist ein Rückgang um rund neun Prozent. Im gleichen Zeitraum kletterten die Tagessätze im Bereich der Anwendungsentwicklung von 1916 Franken auf inzwischen 2.027 Franken für einen Projektleiter mit mehr als fünf Jahren Berufserfahrung - ein Zuwachs von sechs Prozent. Umgerechnet ist dieser Projektleiter in der Schweiz mehr als 500 Euro teurer als in Deutschland oder Österreich.
Freie IT-Berater verdienen 20 bis 40 Prozent weniger
Die Auswertung konzentriert sich auf Tagessätze der Outsourcing-Dienstleister. Freiberufliche IT-Consultants und Projektmanager, die nicht in den Apparat eines IT-Service-Providers eingebunden sind, liegen mit ihren Tagessätzen in der Regel zwischen 20 und 40 Prozent unter den Beträgen in den Outsourcing-Verträgen.
Aber auch bei der Auslagerung gibt es verschiedene Möglichkeiten, das externe sowie interne Preis-Leistungsverhältnis in einer sinnvollen Balance zu halten. Im Gegensatz zur modernen IT-Delivery aus der Cloud lassen sich Consultants jedoch nicht tagesaktuell und nach Bedarf an- beziehungsweise abschalten. Daher muss die Planung im Vorfeld so exakt wie möglich erfolgen.
Geld sparen bei Beratern und Tagessätzen
Beispielsweise rentieren sich gesonderte Vereinbarungen für die Einarbeitungszeit von Junior-Beratern: Durch die Ausbildung von Beratern kann der Kunde Honorar sparen und externe Mitarbeiter langfristig an das Unternehmen binden. Dies reduziert den Aufwand für die Einarbeitung neuer Consultants. Eine Sicherheit, dass der Einsteiger nach der Ausbildung auch bleibt, gibt es jedoch nicht.
Auch sind langfristige Verträge kein Mittel gegen den "Drehtüreffekt", jedoch können Auftraggeber den Tagessatz im Durchschnitt um 15 bis 20 Prozent drücken, wenn sie statt monatlicher Folgeaufträge gleich auf ein Jahr oder länger buchen. Dies birgt jedoch das Risiko, dass sich der Bedarf in der Laufzeit verändert und der vermeintlich günstige Berater nicht adäquat eingesetzt wird.
Vorsicht bei Pauschalpreisen
Pauschalpreise hingegen sind in komplexen Softwareprojekten ohne fest definierte Ziele mit Vorsicht zu genießen. Inhaltliche Erweiterungen oder Änderungen der Richtung mit Change Requests steigern den Abstimmungsaufwand und die Kosten des Projekts. Damit rückt für den IT-Provider das Budget in den Fokus, und Inhalt sowie Qualität der Software treten zurück. Pauschalpreise sind daher nur bei klar definierten Projektzielen sinnvoll, wo kaum Änderungen absehbar sind.
Abrechnung auf Zeitbasis und ein hybrider Ansatz sinnvoll
Ansonsten ist die Abrechnung auf Zeitbasis oder ein hybrider Ansatz sinnvoller. Dieser kombiniert den Vorteil einer langfristigen Vereinbarung mit der Flexibilität der Abrechnung von Zeit und Material. So könnte beispielsweise ein reduzierter Tagessatz greifen, wenn die vereinbarte Dauer überschritten wird.
In der heutigen Wirtschaft sind Berater keine Ausnahme, die länger im Unternehmen tätig sind als viele Festangestellte. Wegen ihres umfassenden und geschäftskritischen Know-hows ist es oftmals riskant, hohe Tagessätze durch eine Nachverhandlung drücken zu wollen.
Im Bereich der Anwendungsentwicklung ist es derzeit im deutschsprachigen Raum ohnehin schwierig, niedrigere Tagessätze durchsetzen zu wollen - dafür gehen Angebot und Nachfrage zu weit auseinander. Da die Abhängigkeit von zentralen Skills viel Geld kosten kann, ist es umso wichtiger, den Know-how-Transfer im Unternehmen zu jeder Zeit sicherzustellen.