Die Gefahr weiterer Streiks bei der Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof vor Weihnachten und zwischen den Jahren ist gebannt. Das Unternehmen und die Gewerkschaft Verdi verständigten sich auf einen Sanierungstarifvertrag für die knapp 26.000 Mitarbeiter des Unternehmens, wie beide Seiten berichteten. Er soll in dem fusionierten Konzern eine einheitliche Tarifstruktur schaffen und die Sanierung erleichtern. Einbußen bringt der Tarifvertrag vor allem für die Kaufhof-Beschäftigten. Die bisher deutlich schlechter bezahlten Karstadt-Mitarbeiter können sich dagegen über etwas mehr Geld freuen.
Trotz aller Zugeständnisse: Für die Gewerkschaft Verdi überwiegt bei dem Tarifabschluss das Positive. "Wir haben für die nächsten fünf Jahre eine umfassende Standort- und Beschäftigungssicherung vereinbart sowie die verbindliche und vollständige Rückkehr in die Flächentarifverträge des Einzelhandels ab Januar 2025", begrüßte Verdi-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger die Einigung, der langwierige Verhandlungen und Warnstreiks der Kaufhof-Beschäftigten vorangegangen waren.
Der Karstadt-Kaufhof-Arbeitsdirektor Miguel Müllenbach betonte, durch die Einigung gewinne das Unternehmen nun "Planungssicherheit für die nächsten Jahre". Konzernchef Stephan Fanderl lobte vor allem, dass die Einigung auch Spielraum für leistungsabhängige Vergütungsbestandteile schaffe. Damit habe man bei Karstadt gute Erfahrungen gemacht.
Die Verhandlungen hatten unter großem Zeitdruck gestanden. Denn schon im Januar soll Kaufhof mit Karstadt verschmolzen werden. Ohne eine Tarifeinigung hätte dies für die Kaufhof-Beschäftigten laut Verdi wegen des bei Karstadt schon vor geraumer Zeit vereinbarten Sanierungstarifvertrages zu Lohneinbußen von rund 11 Prozent geführt.
Gehälter bei Karstadt steigen auf Kaufhof-Niveau
Die Tarifeinigung sieht nun zwar Einschnitte für die Kaufhof-Beschäftigten vor, doch fallen sie nicht ganz so gravierend aus. Die Mitarbeiter müssen für die Laufzeit des Tarifvertrages bis 2025 auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld verzichten, die monatlichen Entgelte bleiben aber unangetastet. Den Karstadt-Beschäftigten bringt die neue Einigung dagegen eine deutliche Verbesserung gegenüber dem bisher in dem Unternehmen geltenden Sanierungstarifvertrag. Denn die Löhne und Gehälter bei Karstadt Warenhaus und Karstadt Sports steigen um rund 11 Prozent auf das Entgelt-Niveau der Kaufhof-Mitarbeiter.
Der neue Tarifvertrag soll bis 2025 gelten und schreibt gleichzeitig erste Schritte auf dem Weg zur Rückkehr des Warenhauskonzerns zum normalen Tarifniveau im Einzelhandel fest. In den Jahren von 2012 bis 2024 sollen die Löhne der Mitarbeiter stärker steigen, als die Tarifabschlüsse des Einzelhandels vorsehen.
Außerdem enthält der Tarifvertrag laut Verdi eine Standortsicherung für alle Filialen - einschließlich der Doppel- und Mehrfachstandorte - bis Ende 2024, sowie eine Beschäftigungsgarantie für den gleichen Zeitraum. Festgeschrieben worden seien außerdem Investitionszusagen über insgesamt mindestens 700 Millionen Euro bis September 2020 und der Verzicht auf die Entnahme von Gewinnen bis zum Ende der Laufzeit des Tarifvertrages.
Zwei bis drei Prozent Umsatzrendite für 2023 anvisiert
Galeria Kaufhof kämpft nach wie vor mit roten Zahlen. Konzernchef Fanderl berichtete erst in dieser Woche in einem Interview mit dem "Handelsblatt", allein Karstadt werde in diesem Jahr "einmalig etwa 78 Millionen Euro Verlust machen". Den kumulierten Verlust von Kaufhof aus den vergangenen vier Jahren bezifferte er auf 600 Millionen Euro.
Doch dreht Fanderl zur Zeit an vielen Schrauben, um den Konzern wieder auf Kurs zu bringen. So sollen durch Synergien aus der Fusion von Kaufhof und Karstadt bis 2022 rund 380 Millionen Euro eingespart werden. Gleichzeitig baut der Manager wichtige Standbeine wie das Sportgeschäft oder die Reisevermittlung durch Übernahmen aus. Galeria Karstadt Kaufhof sicherte sich 106 Reisebüros und die deutsche Online-Plattform des Pleite gegangenen Touristikriesen Thomas Cook. Im Sportbereich soll die Übernahme von Sport Scheck zusätzliche Impulse bringen.
Die Rückkehr des Warenhausriesen in die schwarzen Zahlen hat Fanderl schon fest im Blick. "Bis 2023 werden wir eine Umsatzrendite von zwei bis drei Prozent erreichen", versprach er kürzlich. (dpa/rs)