IT-Strategietage

Tengelmann: Gepfuscht wird nicht

08.02.2013 von Andrea König
CIO Riccardo Sperrle von Kaisers Tengelmann zeigt, welche Herausforderungen die Einführung eines einheitlichen Stammdatensystems inklusive Kundendaten mit sich bringt. Er gibt Tipps, wie man diese Hürden meistert.

Der Handel und auch die Industrie sind mit einem immer größeren Informationsbedürfnis der Verbraucher konfrontiert. Sie wollen jederzeit und überall auf Produktinformationen zugreifen, NGOs wie Foodwatch trommeln lautstark für mehr Transparenz. Damit stehen sie nicht allein, immer neue Gesetze greifen dieses Informationsbedürfnis auf.

Riccardo Sperrle, CIO beim Lebensmitteleinzelhändler Kaiser's Tengelmann, auf den Hamburger IT-Strategietagen.
Foto: Foto Vogt

Mit all dem war der Firmengründer von Kaiser's Tengelmann vor 125 Jahren noch nicht konfrontiert. Damals ist man als Händler noch ans Regal gegangen und hat mit Hand das Preisschild ausgefüllt. Wollte ein Kunde etwas über ein Produkt wissen, hat der Kaufmann auf der Tonspur die Fragen geklärt.

Ein Zustand, von dem Riccardo Sperrle, der CIO beim Lebensmitteleinzelhändler Kaiser's Tengelmann, nicht weiter entfernt sein könnte. Denn heute muss er alle zu einem Produkt verfügbaren Informationen elektronisch zur Verfügung stellen. Da geht es nicht nur um das gesteigerte Informationsbedürfnis der Kunden. Viele unterschiedliche Unternehmensbereiche brauchen Zugriff auf diese Daten: Die mehr als 500 Filialen, Produktion, Einkauf, Vertrieb, Controlling, Rechnungswesen und Logistik.

Momentan gibt es bei Kaiser's Tengelmann drei Warenwirtschaftssysteme. Das macht nicht nur den Austausch schwierig, sondern bedeutet auch, dass an drei verschiedenen Stellen im Unternehmen Menschen sitzen, die Daten erfassen. Weitere Systeme gibt es zum Beispiel für Info-Stehlen, Waagen, Shops, Internet und Apps.

CIO Thorsten Steiling, Solarworld
Wir haben eine sehr dezentrale IT mit vielen redundanten Elementen. Deshalb lautet unser Essential 2013, unsere relevanten Systeme zu konsolidieren. Damit ist das Jahr gefüllt.
Steffen Roehn, Ex-CIO der Telekom, Roehn Management Consulting
Ein Riesenessential für das Jahr 2013 ist die Aufgabe, Social Media sicher und einfach ins Unternehmen zu integrieren. Besonders beschäftigt mich diese Frage bei größeren global verteilten Unternehmen.
CIO Bernd Sengpiehl, AEG Power Solutions
Wir haben gerade damit begonnen, unsere komplette Infrastruktur, angefangen bei E-Mails und Sharepoint, in die Cloud zu schieben. Dabei verfolgen wir einen strengen Zeitplan. Auch die Wandlung der IT vom Plattformanbieter hin zum Business Enabler halte ich für einen wichtigen Essential 2013.
CIO Olaf Röper, Thyssen Krupp Uhde
Bei mir hat sich die Zuständigkeit auf die Bereiche Marine und Plant Technology erweitert. Mein Essential 2013 ist deshalb klar: Ich muss zwei Geschäftsmodelle zusammenführen. Ein wichtiges Thema ist dabei die Optimierung von Geschäftsprozessen. Daten, die wir zum Beispiel rund um eine Anlage sammeln, helfen uns dabei, Probleme früh zu erkennen.
CIO Hilko Heuer, Ferrostal AG
Mein Essential 2013 steht fest. Ich möchte die Restrukturierung der Ferrostal AG erfolgreich begleiten und die IT nach der neuen Unternehmensstrategie ausrichten.
CIO Gabriele Welt, Sanofi
Wir möchten mit unserer IT näher am Kunden sein, also näher an den Patienten, den Ärzten und Krankenhäusern. Ein Essential wird es 2013 deshalb sein, mit innovativer IT unser Geschäftsmodell zu unterstützen.
CIO Martin Ackermann, Heraeus Holding GmbH
Unser Essential 2013 ist Magellan. Mit diesem Projekt strukturieren wir alle Prozesse neu und vereinheitlichen sie auf Konzernebene. Wir verbessern keine bestehenden Strukturen, sondern entwerfen alle Prozesse neu.
Referent Riccardo Sperrle (Mitte) auf den Hamburger IT-Strategietagen mit den Moderatoren Horst Ellermann (links) und Professor Krcmar.
Foto: Foto Vogt

Auch Bereiche wie Produktentwicklung, Rechtsabteilung, Marketing und Qualitätssicherung benötigen für ihre Arbeit Daten. Wenn etwa Bilder abgelegt werden – wo legt man sie ab und in welchen Auflösungen? Und nach welchen Kriterien soll ein regionales Produkt als regional bezeichnet werden?

Gepfuscht wird nicht

Sperrle berichtet in seinem Vortrag auf den Hamburger IT-Strategietagen, dass er immer wieder mit der Aussage konfrontiert wurde: „Ihr seid doch die IT, ihr müsst diese Daten doch haben!". Hatte er nicht. Aber er half dabei, die Beteiligten zusammenzubringen und das Stammdaten-Management der Zukunft voranzutreiben. „Die IT war dabei weniger Enabler, eher Verführer", sagt er. Die beteiligten Bereiche haben ein Jahr zusammengesessen, sich für ein System entschieden und die Grundstrukturen geschaffen. Das Thema kennen nun alle so genau, dass sie es in ihren Bereichen gut erklären und weitertragen können.

Und sie wissen, dass es nicht schnell geht. Drei bis fünf Jahre muss man rechnen. Sperrles letzter Tipp lautet „und gepfuscht wird nicht". Damit meint er, dass man sich lieber Zeit für eine richtig gute Lösung nehmen sollte als etwa auf Biegen und Brechen eine Multichannel-Lösung einzuführen, die ein weiteres System in einer Vielzahl von Systemen darstellt.

Sein Ziel ist es, dass das Stammdaten-System bei Kaiser's Tengelmann nicht nur Artikeldaten sondern auch Kundendaten enthält. Sperrle richtet seinen Blick dann auch auf den Online-Handel: „Wir hoffen, dass wir im Lebensmittelhandel das nächste Zalando sind."