Am 2. Februar 2009 startete der Verkauf des T-Mobile G1 als Konkurrenz zum iPhone. Im Vordergrund stehen vor allem die Akkulaufzeit und die Tarife. Passend zum Smartphone beleuchtet unsere Schwesterpublikation Tecchannel ausführlich den Android-Markt.
Das T-Mobile G1 ist das erste Seriengerät, dass mit dem Betriebssystem Android von Google ausgestattet ist. Für Technikbegeisterte und Early Adopter sind das Gerät und seine Funktionen besonders interessant. Analog zum Apple iPhone ist es beim T-Mobile G1 ebenfalls möglich, auf das Internet zuzugreifen. Auch befindet es sich technisch auf dem gleichen Niveau. Das Betriebssystem Android verfügt ebenfalls über einen Geek-Bonus: Grundlage ist Linux und steht als Open Source für jedermann offen.
Mögliche Interessenten müssen sich vor dem Kauf aber über zwei Sachen bewusst sein. Sie brauchen zunächst ein Konto bei Google, womit das T-Mobile G1 beim ersten Start verknüpft. Das Google-Konto verwaltet die Dienste Google Talk, Google Mail oder den Android-Market.
Zum anderen hat das T-Mobile G1 hat nichts in Firmenumgebungen zu suchen. Zwar war es möglich, über die Software von Drittanbietern auf Exchange zuzugreifen, jedoch gibt es keinerlei Kontrolle über das Gerät. Für Technikbegeisterte ist das T-Mobile G1 lediglich ein schickes Smartphone. Solange Android sich nicht in Management-Lösungen einbinden lässt, sollte dem Smartphone jeder Zugang ins Firmennetz verwehrt werden.
Features und Funktionen
Als Testgeräte standen uns vorab eine US-Version und die deutsche Ausführung des Smartphones zur Verfügung. Wir verwenden daher beide Geräte. An sich sind die G1-Smartphones, abgesehen von der lokalisierten Tastatur, identisch. Allerdings scheint die deutsche Variante des T-Mobile G1 mit einer aktuelleren Version von Android ausgeliefert zu werden. Das wirkt sich vor allem auf die Kontaktverwaltung aus. Anders als in der früheren US-Variante werden die Kontaktinformationen nun direkt auf dem Handy gespeichert. Damit ist ein Zugriff ist auch dann möglich, wenn das T-Mobile G1 nicht mit dem Internet verbunden ist.
Beim Thema E-Mail haben es Google-Nutzer am einfachsten. Denn die Google-Mail-Applikation zeigt eingehende Nachrichten innerhalb von Sekunden an. Damit ist man recht nah an der wichtigen Push-E-Mail-Funktion der BlackBerrys. Wer Google Mail nicht mag, kann aber auch mithilfe eines universellen E-Mail-Clients auf beliebige SMTP/LDAP/POP-Server zugreifen. Die in einigen US-Foren vorgebrachten Probleme beim Synchronisieren der E-Mail über LDAP oder SMTP konnten bislang nicht nachvollzogen werden – alle Zugriffe waren problemlos.
Die mitgelieferte Kamera-Applikation unterstützt zwar die Kamerataste. Allerdings muss man sich umgewöhnen, da die beiden Tasten zur Lautstärkeregelung nicht, wie gewohnt, zum Zoomen dienen. Standardmäßig kann der Anwender mittels der „Share“ Option seinen Schnappschuss per Google-Mail oder via MMS versenden. Auch Drittanbieter können sich in das Menü der Kamera einbinden.
Ebenfalls von Haus aus dabei ist eine Google-Maps-Applikation, die bei Bedarf auch den eingebauten GPS-Chip direkt nutzt. Eine dedizierte Offline-Navigationssoftware gibt es derzeit noch nicht.
Die Akkulaufzeit des G1
Der Hersteller HTC verwendet im T-Mobile G1 einen 1150 mAh-Akku. In unseren Tests stellt sich dieser als zu klein dimensioniert heraus. Denn de facto nutzt das T-Mobile G1 ständig mindestens einen Empfänger für GPS, EDGE, UMTS/HSDPA oder WLAN. Und obwohl es sinnvolle Software für Stromspar-Mechanismen gibt, ist das Gerät vor allem bei häufiger Nutzung schnell leer.
Dieser Eindruck bestätigte sich auch in unserem Laufzeittest. Im Dauertest hielt das Gerät 195 Minuten durch, das sind nicht einmal 3,5 Stunden. Dabei haben wir eine Dauernutzung simuliert. Der Bildschirm musste sich ständig neu aufbauen, zusätzlich war die 3G-Option sowie die Datensynchronisation mit Google Mail aktiviert.
Unser Test ist dabei ein Worst-Case-Szenario, um die Smartphones vergleichen zu können. Im praktischen Einsatz musste das T-Mobile G1 spätestens jeden zweiten Tag an die Steckdose. Im alltäglichen Einsatz helfen außerdem Zusatzprogramme, als nahezu unverzichtbar hat sich der Power Manager aus dem Android Market erwiesen.
Das G1 liegt damit auch in Sachen Laufzeit in einer Liga mit Apples iPhone. Ein Vorteil bietet das Gerät von HTC allerdings: Der Akku lässt sich ohne Probleme austauschen, sei es gegen eine Zweitbatterie oder einen Alternativakku mit höherer Kapazität.
Der Android Market
Das Highlight des G1 ist ohne Zweifel der Android Market. Bereits zum Start ist das Portfolio der angebotenen Applikationen vielseitig. Viele der zunächst fehlenden Programme kann man mit Anwendungen aus dem Market ausgleichen. Das Portfolio der angebotenen Applikationen ist bereits zum Start des Android Markets recht umfangreich.
Es fällt auf, dass ein Großteil der Applikationen das eingebaute GPS-System des G1 nutzen. So kann man ein Bewegungsprofil online ablegen, den geparkten Wagen in einer fremden Stadt wiederfinden oder sich Navigationshilfen und Point-of-Interest-Informationen geben lassen. Zu den praktischen Anwendungen gehören diverse Wecker, ein Dateimanager, ein Taskmanager, diverse Wetterdienste (auch hier mit GPS-Support sodass man lokale Wetterinfos erhält), ein Voice Recorder, Tempoanzeige, Systemmonitor oder ein Barcodescanner.
Die Liste der wirklich praktischen Anwendungen wird täglich größer und zeigt das hohe Potenzial des Android-Konzeptes. Das von dem schwedischen Benutzer-Interface-Spezialisten TAT entwickelte grafische Bedienkonzept ist im Wesentlichen stimmig. Lediglich einige Brüche in der Benutzerführung, bei dem der Anwender gezwungen wird, vom Hochkant-"Portrait"-Modus in die Queransicht des Landscape-Modus mit ausgefahrener Tastatur zu wechseln, nerven auf Dauer. Hier fällt auf, dass dem G1 eine virtuelle Tastatur fehlt, die bei anderen Geräten in solchen Fällen als Notanker gute Dienste leistet.
Internetzugriff auf Webkit-Basis
Die Kernapplikation ist ohne Frage der eingebaute Browser, der wie sein großer Bruder Chrome vom Open-Source-WekKit-Projekt abstammt Android befindet sich so in guter Gesellschaft, setzen doch auch Nokia und Apple auf Webkit. Die Qualität des WebKit-Browsers ist bereits hoch, lässt aber dennoch Raum für Verbesserungen. So ist sofort klar, dass Apple mit dem Multitouch-Display und der guten Integration in die Bedienung des Browser diesen Vergleich gewinnt. Das Anklicken von Links ist ohne die praktische Zoom-Funktion beim Multitouch des iPhones ein wenig komplizierter. Allerdings könnte das G1 unverhofft Schützenhilfe von Adobe erhalten. Denn der Konzern arbeitet nach eigenen Angaben bereits an einem passenden Flash-Client. Damit hätte das G1 einen klaren Vorteil gegenüber dem iPhone.
Dennoch lässt sich die jeweilige Seite mit dem Finger auf dem Display leicht verschieben. Dabei erscheint im unteren Bereich eine Zoom-Option, die nach einigen Sekunden wieder ausgeblendet wird. Zudem fehlt noch ein passendes Plugin für Flash-Inhalte. Adobe arbeitet aber bereits an einer Lösung. Interessant ist die leichte Erweiterbarkeit des WebKit-Browsers. So kann man neue Funktionen mit dem Java-Derivat Dalvik erstellen, integrieren und dann direkt per JavaScript aufrufen. Hier sind eine Menge nützlicher Erweiterungen zu erwarten; Firefox und seine Plugins können als Vorbild gelten.
Der Browser unterstützt derzeit allerdings noch nicht den eingebauten Bewegungssensor. Um die Orientierung zu ändern, muss man explizit die Tastatur freilegen oder den Slider wieder schließen. Mit AIM, Yahoo, Microsoft und natürlich Google Talk unterstützt die eingebaute IM-Anwendung diverse Messangerformate. Auch hier ist sicherlich noch eine offenere und vor allem bedienungsfreundlichere Alternative zu erwarten. Fans von Facebook, Twitter, MySpace und anderen Social Networks finden im Market eine passende Anwendung.
Multimedia
Der eingebaute "Music Player" kann nicht mit iPod oder iPhone konkurrieren, genügt aber den ersten Ansprüchen (bis eine bessere Alternative zur Verfügung steht). Der Sound der eingebauten Mono-Lautsprecher ist nicht mit dem eines Kopfhörers vergleichbar. Einige S40-Geräte von Nokia zeigen allerdings, was man bereits mit kleinsten Lautsprechern erreichen kann. Hinzu kommt, dass HTC dem G1 keinen Anschluss für 3,5-mm-Klinkenstecker spendiert hat; diese müssen über einen Adapter am USB-Port angeschlossen werden.
Zu den eingebauten Applikationen gehört auch eine YouTube-Applikation. Ein Video-Player fehlt zwar im Standard-Portfolio, der Android Market hält aber auch hier eine Lösung bereit. Der dort verfügbare "Video Player" unterstützt MPEG4- und 3GPP-Formate (H.264, H.263 Video und MP3, AAC, AMR Audio) und kann Videos mit einer Auflösung bis zu 480 x 352 Bildpunkten darstellen. Dreht man das Gerät, so erkennt der Player dies mittels des eingebauten Sensors und schaltet die Darstellung um. Das Alternativprogramm "Cinema" kann dies nicht automatisch und nutzt eine explizite Umschaltung per Menü. Videocasts und auch ganze Filme lassen sich so gut verfolgen. Es existieren bereits diverse andere Video-Player, sodass man als Anwender nach seinem Gusto auswählen kann.
Sobald ein USB-Kabel angeschlossen ist, etwa um das G1 zu laden, kann man vom Gerät aus nicht auf den SD-Inhalt zugreifen. Dieser Speicher steht jetzt dem angeschlossenen PC als Speicher zur Verfügung, um etwa die MP3-Sammlung auszutauschen. Diese Einschränkung ist bei mobilen Endgeräten üblich - man sollte also in diesem Fall die Fehlermeldungen bzw. Warnungen diverser Applikationen hinnehmen, die den Anwender auffordern, die SD-Karte einzulegen. Muss man partout auf die SD-Karte zugreifen, so genügt ein einfaches Ziehen des USB-Kabels. Der Datenaustausch mit PC und Mac verlief absolut problemlos.
Hardware
Die Hardware des G1 kann sich sehen lassen, auch wenn sie keine Revolution auslöst: Alle Komponenten haben sich in anderen Geräten längst bewährt. Diese Strategie des taiwanesischen G1-Herstellers HTC führt zu einer recht gut ausbalancierten Hardware-Mischung die den Vergleich mit der Konkurrenz nicht zu scheuen braucht.
Im Zentrum sitzt ein mit 528 Mhz getakteter Dual-Core-Prozessor von Qualcomm (MSM7201A), der übrigens auch im HTC Touch Pro und dem Sony Ericsson Xperia X1 arbeitet. Er vereint die Baseband- und die Applikations-CPU auf einem Chip. Auch andere zentrale Funktionen für das Power Management und GSM/WCDMA Transceiver wurden bei Qualcomm eingekauft. Andere Einheiten stammen von Texas Instruments (WLAN und Bluetooth), Sony (Antennen Switch), Samsung (Speicher) oder AKM (Sechs-Achsen-Bewegungssensor).
Der mitgelieferte SD-Chip mit zwei GByte lässt sich vom Anwender auf maximal acht GByte erweitern. Dies genügt den meisten MP3- und Video-Fans, die ihre Inhalte auf dem G1 mitnehmen wollen, jedoch wäre eine Grenze von 32 Gbyte sicherlich zukunftsfähiger.
Der kapazitive TFT-Touchscreen mit einer Auflösung von 480 x 320 Pixeln stammt vom Primus Sharp. Nach ersten Analysen kommt der eingebaute Mini-Trackball von Panasonic - dem gleichen Hersteller, der RIMs BlackBerry-Familie mit Trackballs versorgt.
Die Tarife von T-Mobile
Die Tarife des G1 ähneln auf den ersten Blick den Tarifen für das iPhone. Nutzer können zwischen vier unterschiedlich teuren Optionen wählen. Ab dem Tarif S (44,95 Euro monatlich) ist eine Flatrate für HSDPA und T-Mobile-WLAN-Hotspots enthalten. Nicht enthalten ist die Nutzung von VoIP und BlackBerry APNs. Außerdem drosselt T-Mobile den Datendurchsatz nach einem gewissen Volumen auf 64 Kbit/s Download und 16 Kbit/s Upload. Dabei fällt auf: iPhone-Nutzer erhalten im teuersten Tarif mehr Download-Volumen. Während man beim G1 nach einem GByte im Tarif L gedrosselt wird, geschieht das im iPhone-Tarif XL erst nach fünf GByte – und noch dazu zahlt der Kunde 30 Euro weniger.
Nutzer des kleinsten Tarifes, CombiFlat XS, zahlen nach Ablauf ihres Inklusivvolumens pro MByte 0,49 Euro. Allerdings gibt es eine Obergrenze von 100 Euro. Alles in allem unterstreicht die Tarifpolitik den allgemeinen Eindruck. Da T-Mobile in Deutschland sowohl G1 wie auch iPhone exklusiv vermarktet, besteht für den Konzern kein Grund, einen Kampfpreis einzuführen.
Tarif | XS | S | M | L |
Kosten in Euro (monatlich) | 24,95 | 44,95 | 59,95 | 119,95 |
Inklusivvolumen | 200 MByte | Flatrate | Flatrate | Flatrate |
T-Mobile Hotspot | Nicht enthalten | Flatrate | Flatrate | Flatrate |
Drosselung nach | Entfällt | 300 MByte | Ein GByte | Ein GByte |
Während unseres Tests wurde klar: Ohne Internet ist das G1 zwar immer noch brauchbar, doch viele Funktionen fallen dann weg, etwa Zugriff auf Karten, GoogleMail-Push oder Instant Messaging. Daher wäre es zu begrüßen gewesen, wenn T-Mobile den Kunden, vor allem denen des sehr teuren L-Vertrages, mehr Volumen zugestehen würde, bevor die Leistung gedrosselt wird.
Fazit: Interessante Technik, aber noch nicht perfekt
Im täglichen Betrieb offenbart sich das G1 als ernst zu nehmendes Smartphone mit vielen nützlichen Erweiterungen. Die Empfangs- und Sendequalität ist gut, ebenso ist die Sprachqualität in Ordnung. Die Akku-Lebensdauer leidet erwartungsgemäß sehr deutlich, sobald man GPS und WLAN aktiv nutzt. Positiv fällt die schnelle Fixierung durch das GPS auf. Wartet man beispielsweise beim N95 oft zehn Minuten oder länger, empfängt das G1 die ersten Daten teilweise innerhalb einer halben Minute.
Im Betrieb gefällt vor allem die schnelle Reaktion des Gerätes, bei der Geschwindigkeit steht das T-Mobile G1 dem iPhone in keinerlei Hinsicht nach. Es ist deutlich schneller als jedes andere HTC-Gerät. Auch mit der Tastatur lässt sich, trotz eines eher windigen Ersteindrucks, sehr gut arbeiten und schreiben. E-Mails gehen leicht von der Hand, auch Instant Messaging macht Spaß. Allerdings ist das Gehäuse sehr schlicht. Das iPhone kann hier deutlich mehr protzen.
Allerdings fallen mehrere Dinge negativ auf: Wir vermissen einen 3,5 mm Klinkenanschluss für Kopfhörer, HTC hat nur den proprietären ExtUSB-Anschluss verbaut. Auch gibt es kein Stereo-Bluetooth, Besitzer eines teuren Headsets haben also ohen passenden Adapter nichts von dem Gerät.
Lädt man im ersten "Wahn" viele Applikationen vom Market herunter offenbart sich eine prinzipielle Schwäche der Android-Oberfläche im Bereich Hauptmenüs. Anstatt eine zusätzliche Ordnung mittels eines Menübaums anzubieten, werden alle Applikationen im Hauptmenü alphabetisch geordnet gelistet. Eine sinnvolle Gruppierung fällt also, wie schon beim iPhone, aus.
Das G1 ist der Startschuss in eine neue Zeit in der mobilen Welt. Linux hat sich bereits in China einen großen Marktanteil erobert und wird dank Android auch im Rest der Welt zu einer ernst zu nehmenden Alternative. Die offene Plattform wird noch für eine Fülle neuer Ideen und letztendlich zu einem Innovationsschub führen. Und es muss nicht bei HTC bleiben. Denn mit Motorola, Dell und Asus haben sich bereits weitere Hersteller als künftige Androidians geoutet.