Wenn eine gute Fee dem Projektleiter das perfekte Team zusammenstellen könnte, er würde sich nicht fünf Mal die gleiche Sorte Mensch heraussuchen: "In einem gut funktionierenden Team brauche ich unterschiedliche Typen. Zum Beispiel jemanden, der tiefgründig arbeitet, einen analytisch begabten Menschen, einen mit Fachwissen und einer, der das Team zusammenhält", rät Mareike gr. Darrelmann, Trainerin und Potenzialcoach von Karriereservice. Sinnvoll seien auch ein Caretaker, der ein gutes Gefühl für die Gruppe hat, diejenigen, die Dinge abarbeiten, und der Querdenker, der kreativ arbeitet und auch mal andersrum denkt und risikobereiter ist. "Wer solche Menschen gemischt im Team hat, erreicht eine hohe Produktivität", sagt Darrelmann.
Gute Feen sind selten
Nur sind gute Feen leider Mangelware und dass sich Entscheider die Kandidaten für ein Projektteam immer aussuchen kann, davon können sie nur träumen. "Man muss sich immer überlegen, welche Ressourcen zur Verfügung stehen. Der Pool an Talenten ist ja leider nicht unerschöpflich", sagt etwa Bernhard Winkler, CIO der Automotive Lighting Reutlingen GmbH. Von extern endlos Ressourcen zu zukaufen, geht nicht. Wie lässt sich ein gutes Team mit den Mitteln und Mitarbeitern, die vorhanden sind, zusammenstellen?
Lauter Kumpel im Team?
Ein paar klare, "Typen"-unabhängige Regeln gibt es: "Als Führungskraft würde ich darauf achten, dass ich mir Leute ins Team hole, die auch etwas können, was ich selber nicht kann, und dass die Leute sehr unterschiedlich sind", sagt Darrelmann. Zwar verstünden sich Menschen besser, die Gemeinsamkeiten hätten. "Aber eine sehr harmonische Zusammenarbeit ist nicht immer produktiv. Erst durch kontroverse Ansichten und Herangehensweisen entstehen neue Ideen", erklärt die Expertin. Dass es Konflikte gebe, sei normal.
Dieser Art der Teamzusammenstellung kann CIO Winkler nur zustimmen: "In einem sehr Konsens-orientierten Team kann es sein, dass die Mitarbeiter die Probleme nicht erkennen", sagt er. "Da ist es gut, einen Skeptiker im Team zu haben, der auf die kritischen Punkte achtet." In größeren Projekten sei das kein Problem, denn Kritiker seien automatisch mit dabei. Auf die Schwachpunkte muss dabei nicht immer nur der Fachexperte hinweisen: "Selbst jemand, der fachlich weniger gut ist, kann trotzdem kritische Fragen stellen und ist damit wertvoll", sagt Jürgen Skirde, CIO des Bergbauunternehmens RAG AG.
Von allein kämen die unterschiedlichen Charaktere und damit Konflikte ins Team, wenn die Leute international zusammengesetzt seien, meint CIO Winkler. "Ich denke, dass die unterschiedlichen Mentalitäten unterschiedliche Soft Skills mit hineinbringen. Das kann sehr positiv für ein Team sein", sagt er. Natürlich müsse ein Teamleiter auf die kulturellen Unterschiede acht geben. "Aber diese Kombination kann extrem wertvoll sein."
Guter Umgang mit Konflikten nötig
Wo produktive Konflikte hoch kommen, muss der Umgang mit ihnen professionell sein: "Im Team braucht man Wertschätzung füreinander", mein CIO Skirde. "Es kann bei Besprechungen schon mal laut werden - aber zehn Minuten später ist das schon wieder vergessen." Manchmal müsse er da schon den Mediator spielen. "Aber eine gute Streitkultur muss es geben, damit die Teamarbeit erfolgreich ist", sagt Skirde. Nur so können unterschiedliche Charaktere gemeinsam arbeiten, wie etwa er und sein Stellvertreter. "Mein Stellvertreter ergänzt mich", erklärt CIO Skirde. Weil sie so unterschiedlich seien, könnten sie so gut zusammenarbeiten. "Da sind wir wie eine Familie", scherzt er. Die ist auch nicht immer harmonisch - hält aber trotzdem zusammen.
Kommunikation ist alles
Für echtes Teamwork ist eine gute Kommunikationsebene wichtiger als Gemeinsamkeiten: "Die Führungskraft muss eine Ebene schaffen, und Kommunikationsregeln etablieren - am Besten zusammen im Team", sagt Darrelmann. Klare Regeln seien umso wichtiger, je größer das Team sei. "Vor allem, wenn das Team verteilt ist über mehrere Städte, ist regelmäßiger Austausch sehr wichtig. Sonst können aus anfänglich kleinen Streitigkeiten schnell ernsthafte Probleme werden", sagt Darrelmann.
Die Kommunikation kann bei IT-Spezialisten ein Problem sein, meint Darrelmann: IT-Entscheider müssen stark auf das technische Know-How achten. "Die fachliche Kompetenz ist extrem wichtig", sagt CIO Winkler. "Die IT ist so komplex und die Arbeitsteilung so hoch, da braucht man Experten", stimmt CIO Skirde zu. Das kann zu Problemen führen: "Es wird oft weniger darauf geschaut, ob die Menschen im Team auch zusammen passen - und ob sie professionell und konstruktiv miteinander kommunizieren können", sagt Darrelmann. Mitunter hat ein Projektleiter lauter Fachspezialisten, die nicht zusammen arbeiten, weiß sie zu berichten. Das kann ein Team und dessen Arbeit zerstören. Doch CIOs sehen das inzwischen ganz anders.
Was ist das Ziel?
Darrelmanns Auffassung kann Skirde nur widersprechen: "Früher hat man auf das methodische Know-How geachtet. Heute muss ein Mitarbeiter auch soziale Fähigkeiten haben", sagt der CIO. An mangelnder Sozialkompetenz würden Projekte heutzutage nicht mehr scheitern. "Wenn die Zusammenarbeit nicht funktioniert, muss der Teamleiter sich selbst fragen, was er unterlassen hat oder auf welche Zeichen er nicht geachtet hat", sagt Holger Rommel, CIO bei Gries Deco. "Meistens spielen da Zielkonflikte eine Rolle."
Die wiederum lassen sich auf schlechte Kommunikation zurückführen: "Allen Mitgliedern muss das Ziel durchgängig bekannt sein. Erst dann entsteht eine entsprechende Dynamik, so dass alle bereit sind, dafür viel zu tun", sagt CIO Winkler. Macht der Chef das Ziel des Projekts nicht klar genug, kommt es eher zu Konflikten. Die Lösung liegt nahe: "Man braucht gemeinsame Kommunikation über ein gemeinsames Ziel, sonst kommt der Konflikt immer wieder", sagt die Trainerin Darrelmann.
Das ideale Team
Könnten sie sich ein ideales Team zusammenstellen, meinen übereinstimmend die CIOs, dass es das Dream Team eigentlich nicht gebe. Jede Situation und Aufgabe ist unterschiedlich, daher muss jedes Team unterschiedlich sein. "Jedes Team hat Stärken und Schwächen", sagt CIO Winkler. "Daher steht nicht die Frage nach der besten Zusammensetzung im Raum, sondern danach, wie motiviert das Team ist." Es kann theoretisch perfekt besetzt sein und trotzdem keinen Erfolg haben. "Wir sagen immer: "Wir haben kein Dream-Teams." Aber wir haben Teams, die gut und erfolgreich arbeiten", fügt CIO Skirde hinzu.
Kein Mensch, und kein Team, ist perfekt. "Der Leiter muss die entsprechenden Stärken bündeln und die Schwächen kompensieren", sagt CIO Winkler. Wenn etwa einem Teammitglied die Kommunikation nicht liege, dann müsse der Projektleiter für eine entsprechende Nachverfolgung sorgen, rät er. "Chefs sollten ihre Mitarbeiter einschätzen können, um den richtigen Zugang zu ihnen zu finden", fügt Darrelmann hinzu. "Ein analytischer Mensch mag Small Talk vielleicht als Zeitverschwendung empfinden. Wenn die Führungskraft es schafft, ihm klar zu machen, welchen Nutzen Small Talk im Job und der Projektarbeit haben kann, wird er ihn eher überzeugen können", erklärt Darrelmann.
Geht einem Teamleiter eine bestimmte Fähigkeit im Team ab, rät Trainerin Darrelmann dazu, eine Bedarfsliste zu erstellen, die dem Projekt entspricht. "Wenn die Mitarbeiter keinen Kundenkontakt haben, brauche ich auch keinen Verkäufertypen im Team", sagt sie. Möglich sei es auch, dass ein Teammitglied zwei Typen abdecke: "Ein IT-Consultant muss nicht nur Fachexperte, sondern auch ein guter Berater sein."
Manchmal bleiben Potenziale von Mitarbeitern unentdeckt: Einige verbergen, was in ihnen steckt: "Oft zeigen Menschen im Unternehmen nur einen Teil von sich", sagt Darrelmann. "Ich habe es oft erlebt, dass Menschen sagen, sie seien nur Fachexperten, und sich nicht erlauben, auch die kreative Seite zu zeigen." Da hilft ein Gespräch zwischen Führungskraft und Mitarbeiter: Kennt der Manager seine Mitarbeiter, weiß er auch um ihre verborgenen Talente.
Legislative und Exekutive
Ganz anders bestreitet Holger Rommel, Leiter IT der Gries Deco Company, die Teamgestaltung. Er setzt von Anfang an auf unterschiedliche Arten von Mitarbeitern, die er je nach Bedarf in Projektteams einsetzt. "Die einen IT-Mitarbeiter arbeiten bei uns eher in der Legislative. Sie entwerfen zusammen mit dem Fachbereich die entsprechenden Lastenhefte und DV-Konzepte", erzählt er. Das Projektteam selbst besteht aus den Kollegen aus dem Fachbereich und den IT-Kollegen der Beratung(Legislative) und der IT-Kolelgen, die für die Umsetzung zuständig sind (Exekutive). "Für mich sind das zwei verschiedene Bereiche, die unterschiedliche Verantwortungen tragen und ein gemeinsames Ziel erreichen wollen", sagt Rommel.
Konflikte mit Mitarbeiter-Typen gebe es daher kaum. Allerdings stellt er besonders hohe Anforderungen an seine "Legislative"-Mitarbeiter: "Sie müssen kreativ sein und den Fachbereich mit neuen Vorschlägen unterstützen. Gleichzeitig sollten sie sich durch hohe soziale Kompetenz auszeichnen, die zum Gelingen eines Projekts unabdingbar sind", meint der CIO. "Das bedeutet, dass sie zwischen den Fachbereich und dem Ausführenden in der IT vermitteln können." Dass sie auch kritische Sichtweisen einnehmen sollen und müssen, sei ohnehin klar. So setzt er gerne Mitarbeiter ein, die gleiche mehrere Typen auf einmal in sich vereinen.
Wir sind alle eine Paella
Diesen Luxus hat nicht jeder Entscheider - aber vielleicht ist das auch nicht nötig. "Die unterschiedlichen Charaktere im Team sind eine Chance", sagt Skirde. "Ein gutes Team ist wie eine Paella: Ein Mitarbeiter ist der Reis, einer das Gemüse, einer das Fleisch und so weiter", erzählt CIO Skirde. "Am besten schmeckt es, wenn alle Zutaten darin sind. und gut aufeinander abgestimmt sind. Genauso funktioniert es im Team."