ThyssenKrupp ist ein Konzern mit mehreren hundert verschiedenen Unternehmen, die in unterschiedlichen Branchen agieren. Vor der Neuorganisation zum 1. Oktober 2009 steuerte der Zentralbereich Materials Management übergreifende Einkaufsaktivitäten in Zusammenarbeit mit Vertretern der fünf Segmente (Steel, Stainless, Technologies, Elevator und Services). In diesen Segmenten gab es jeweils einzelne Verantwortliche für die Koordination der Beschaffungsaktivitäten.
Zu Jahresbeginn 2008 fiel die Entscheidung, konzernweit die Strukturen und Prozesse beim Einkaufs-Reporting und -Controlling zu optimieren. Bereits vorhandene Ansätze und Metriken innerhalb der Konzernunternehmen sollten durch eine unternehmensübergreifende Koordination des Einkaufscontrollings ergänzt und vereinheitlicht werden. Aus Sicht der einzelnen Konzernunternehmen standen im Mittelpunkt: die Fokussierung der Strategieziele und Messgrößen auf das Wesentliche (Effektivität), eine aktuelle und auf Knopfdruck verfügbare Übersicht über den Status Quo in der Zielerreichung (Effizienz) und die Unterstützung des operativen Geschäfts.
"Wir betrachten Performance-Management als geschlossenen Kreislauf. Er umfasst die kontinuierliche Verbesserung in den Bereichen Planung/Strategie, Leistungsmessung, Analyse der Ergebnisse inklusive der Einleitung von Verbesserungen sowie der Abstimmung der Resultate und Abläufe mit den strategischen Zielen", erläutert Andre Müller, Head of Purchasing and Logistic Controlling Team im Corporate Center Materials Management bei der ThyssenKrupp AG in Düsseldorf. Jährlich werde dieser Prozess in Teilen neu angestoßen, um veränderte strategische Herausforderungen umzusetzen. "Wir sind damit in der Lage, die beiden Kernfragen der Unternehmenssteuerung vollständig abzudecken: In welche Richtung will ich? Habe ich die notwendigen Ressourcen, in diese Richtung zu gehen?"
Aus Sicht des Gesamtkonzerns sollten neben der konzernweit vereinheitlichten Vorgehensweise die Aktivitäten der Konzernholding selbst unterstützt werden, beispielsweise für eine bessere Ausnutzung von Synergiepotenzialen beim Lieferanten-, Prozess- und Bedarfsgruppenmanagement. Um den Erfolg dieser Aktivitäten zu messen, musste ThyssenKrupp ergänzend zum dezentralen Ansatz konzernweit einheitliche Schlüsselkennzahlen definieren (Einkaufs-Reporting). Dazu wurde auf Basis einer Ist-Analyse eine Soll-Konzeption für das Einkaufs-Reporting und -Controlling entwickelt.
Das zugrunde gelegte Ziel war die Einführung einer Unternehmens-Scorecard und eines wertorientierten Managements (Value Based Management). Zunächst einmal entwickelte der Einkauf zwölf unternehmensweite Schlüsselkennzahlen. "Zu den Kernelementen einer Scorecard gehört das Ursache-Wirkungs-Diagramm. Es verknüpft die Unternehmensstrategie mit den Perspektiven der Scorecard", erläutert Andre Müller. "Sind die inhaltlichen Vorgaben einmal vorhanden, ermöglichen die Kennziffern der Scorecard im Tagesgeschäft einen Soll-Ist-Vergleich - eine für das wertorientierte Management der Einkaufsprozesse enorm wichtige Funktion."
Gemischtes Team entscheidet
Auf Basis der neuen inhaltlichen und organisatorischen Vorgaben galt es schließlich, die passende BI-Lösung auszuwählen. Sie sollte erstens die Kennziffern für das Controlling und Reporting abbilden und damit zweitens die gewünschte Transparenz in den Prozessen herstellen. Die an der Auswahl beteiligten Mitarbeiter kamen aus unterschiedlichen Bereichen: Aus dem Corporate Centers Materials Management, aus den Einkaufs- und IT-Abteilungen der Segmente Steel, Stainless, Technologies, Elevator und Services und schließlich wurden Fachanwender aus je einem Unternehmen pro Segment, das die Applikation einsetzen sollte, hinzugezogen.
Verlangt wurden Funktionalitäten wie die Integration der unterschiedlichen SAP-Systeme (SAP Business Information Warehouse, R/3 etc.) sowie die Einbindung von SQL-Datenbanken und die Nutzung von Web-Services. Dazu kamen Aspekte wie die visuelle Darstellung von Metriken, grafische Optionen sowie flexible Reporting-Tools und natürlich eine Kostenbetrachtung. Als zweite Stufe der Entscheidung ging der Request for Information an zwölf Anbieter aus einer Longlist von rund 30 Lieferanten. Drei davon wurden anschließend zu einer ausführlichen Präsentation ihrer Lösungsszenarien eingeladen. Sie stellten ihre Systeme nahezu 20 Fach- und Führungskräften aus Einkaufs- und IT-Abteilungen als späteren Nutzern vor.
Es folgte ein Proof of Concept, das auch auf Punkte wie die intuitive Bedienung und die Drill-Down-Funktionen, beurteilt wurde. Für die Wahl des Produktes von Information Builders sprach unter anderem die reibungslose und native Einbindung heterogener Datenbestände.
Die eigentliche Implementierung der Lösung begann ThyssenKrupp Anfang 2009 mit fünf Pilotunternehmen sowie einer Installation im Corporate Center Materials Management. Dieser Abschnitt war Ende Mai 2009 weitgehend abgeschlossen. Die dazu benötigte Software ist zentral auf einem Windows-Server installiert, auf den anfangs eine mittlere zweistellige Zahl von Einkaufsspezialisten der fünf in- und ausländischen ThyssenKrupp-Pilotunternehmen zugreifen. Die Lösung kann weltweit genutzt werden und wurde in das vorhandene IT-Security-Konzept von ThyssenKrupp eingebunden.
Reporting als Shared Service
Bis Ende 2009 stand die IT-Lösung für das Einkaufs-Reporting und -Controlling als Shared Service für alle in Deutschland ansässigen Unternehmen des ThyssenKrupp-Konzerns zur Verfügung. Für 2010 ist ein weltweiter Rollout geplant.
Dank mehr Transparenz, Flexibilität und Genauigkeit ist es einfacher geworden, sich auf die in der Unternehmensstrategie formulierten Schwerpunkte zu konzentrieren. Und gezielt diejenigen Schlüsselkennzahlen nach zu verfolgen, die zur Transparenz und Steuerung der wichtigsten Kennzahlen relevant sind. Damit lassen sich die Wertbeiträge des Einkaufs für den Erfolg des Unternehmens sehr plastisch verdeutlichen und bis auf Ressourcen-Ebene zurückverfolgen.
Im Ergebnis verfügen die Einzelunternehmen dann auch über strategisch relevante Erfolgsindikatoren, die fortlaufend über die erst später messbaren finanziellen Auswirkungen strategischer Maßnahmen Auskunft geben. Sie haben damit die Möglichkeit, die Vorgaben aus der Strategielandkarte (Strategy Map) in das operative Tagesgeschäft zu übernehmen, Soll-Ist-Vergleiche durchzuführen und die Ergebnisse wieder in die strategische Planung einfließen zu lassen: Strategie und Reporting werden so in einem geschlossenen Kreislauf miteinander verzahnt.
Zum Unternehmen:
ThyssenKrupp bezeichnet sich als integrierter Werkstoff- und Technologiekonzern. Fast 188.000 Mitarbeiter erwirtschafteten im Geschäftsjahr 2008/2009 einen Umsatz von mehr als 40 Milliarden Euro. Mit der Einteilung in acht Business-Areas sollen die Aktivitäten und das Know-how des Konzerns in den strategischen Kompetenzfeldern Materials und Technologies gebündelt werden. Der in Essen ansässige Konzern konzentriert sich neben der Herstellung von Werkstoffen und Anlagen auf das Angebot kompletter Systeme sowie Dienstleistungen.
Branche |
Industrie |
Zeitrahmen |
2008 bis 2010 |
Produkte |
WebFocus |
Dienstleister |
Information Builders |
Umfang |
Zentrale und dezentrale Einkaufs- und Beschaffungsbereiche |
Internet |