Stahlstreit

Thyssenkrupp-Chefaufseher Russwurm tritt nach

30.08.2024
Nach den Vorstandsrücktritten bei Thyssenkrupp Steel sieht sich Thyssenkrupp-Chefaufseher Russwurm zu einer Stellungnahme veranlasst. Er lässt kein gutes Haar an den ausgeschiedenen Stahlvorständen.
BDI-Präsident Siegfried Russwurm erhebt schwere Vorwürfe.
Foto: BDI

Nach dem Rücktritt von drei Vorständen der Thyssenkrupp-Stahlsparte hat der Aufsichtsratsvorsitzende des Mutterkonzerns Thyssenkrupp, Siegfried Russwurm, massive Kritik am Management der Stahltochter geübt. "Dem Management von Thyssenkrupp Steel ist es trotz aller anerkennenswerter Anstrengungen nicht nur in den vergangenen Monaten, sondern seit Jahren nicht gelungen, erfolgreich Antworten auf die strukturellen Herausforderungen des Stahlgeschäfts und seine betriebswirtschaftlichen Schwierigkeiten zu geben", erklärte Russwurm am Donnerstagabend in einer Mitteilung. Der Manager ist auch Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI).

Die defizitäre Stahlsparte soll restrukturiert und verselbstständigt werden. Unter anderem über die finanzielle Ausstattung durch den Mutterkonzern auf dem Weg in die Selbstständigkeit wurde seit Wochen zwischen der Konzernführung und dem Stahl-Management erbittert gestritten. Am Donnerstag war bekanntgeworden, dass Stahlchef Bernhard Osburg, die Produktionsvorständin und der Personalvorstand das Unternehmen mit sofortiger Wirkung verlassen. Im Zuge dessen kündigten auch vier Steel-Aufsichtsratsmitglieder die Niederlegung ihrer Mandate an. Darunter ist auch der bisherige Vorsitzende Sigmar Gabriel. Er hatte Thyssenkrupp-Vorstandschef Miguel López eine Diffamierungskampagne gegen den Stahlvorstand vorgeworfen. Russwurm warf er indirekt Tatenlosigkeit vor.

Russwurm: Steel-Management hat "falsch oder schlecht investiert"

In seiner Stellungnahme erklärte Russwurm, dass das Steel-Management seine eigenen Pläne immer wieder deutlich verfehlt habe. Dies gelte bislang auch für das laufende Geschäftsjahr. Vereinbarte Restrukturierungsprogramme hätten bei weitem nicht zu den vom Steel-Management in Aussicht gestellten Effekten geführt. "Thyssenkrupp Steel verbraucht laufend Liquidität zulasten seiner eigenen Zukunft, aller anderen Geschäfte und der Eigentümer des Konzerns und hat unter seiner bisherigen Führung keine Kontrolle über diese Situation gewonnen." Die drei bereits langjährig aktiven Mitglieder des Vorstands schieden vor diesem Hintergrund im gegenseitigen Einvernehmen aus dem Unternehmen aus.

Nachbesetzung der vakanten Vorstandsposten soll "zeitnah" erfolgen

Die Muttergesellschaft erklärte nach den Rücktritten, dass die verbliebenen Vorstandsmitglieder Dennis Grimm (Technik) und Philipp Conze (Finanzen) die Geschäfte des Stahlsegments weiterführen würden. "Die Nachbesetzung der vakanten Positionen wird in einem strukturierten Prozess zeitnah erfolgen", hieß es. Die vakanten Ressorts werden in der Zwischenzeit aufgeteilt. Grimm übernehme die Funktion des Vorstandssprechers. Über die Nachbesetzung der vakanten Aufsichtsratssitze sowie über die Nachfolge von Sigmar Gabriel als Vorsitzendem des Aufsichtsrats solle kurzfristig entschieden werden.

Die Stahlsparte leidet seit Langem unter der Konjunkturschwäche und Billigimporten. Sie muss unter anderem deshalb Kapazitäten und damit auch Personal abbauen. Was das Stühlerücken in Vorstand und Aufsichtsrat für die Zukunft der Beschäftigten bedeutet, ist noch völlig offen. Der Aufsichtsrat hatte eigentlich einen Plan für die Finanzierung der kommenden zwei Jahre fassen wollen - doch dazu kam es nicht.

Die Thyssenkrupp-Stahlsparte ist Deutschlands größter Stahlerzeuger. Insgesamt 27.000 Menschen sind dort beschäftigt, allein 13.000 davon arbeiten in Duisburg. Der Betriebsrat befürchtet im Zuge der Restrukturierung eine "Halbierung der Hütte" und den Abbau Tausender Arbeitsplätze. (dpa/rs)