Apple-Fans ungeduldig

Tim Cook muss endlich Innovationen bringen

01.06.2014
Eine iWatch-Computeruhr? Die Aussicht auf ein größeres iPhone 6? Eine neue Apple-TV-Box? Oder wird Apple-Chef Tim Cook bei der Entwicklerkonferenz WWDC doch nur neue Software für iPhone und Mac vorstellen? Manche Apple-Fans werden inzwischen ungeduldig.

Als wären die Erwartungen an seinen Boss nicht schon hoch genug, setzte Apples iTunes-Chef Eddy Cue die Planke noch ein Stück höher. "Später in diesem Jahr haben wir die beste Produktpalette in der Pipeline, die ich in meinen 25 Jahren bei Apple gesehen habe", verkündete Cue nebenbei nach der Übernahme der Musikfirma Beats für drei Milliarden Dollar. Apple-Chef Tim Cook steht am Montag nach fast drei Jahren an der Spitze einer der wichtigsten Auftritte seiner Karriere bevor: Der Ruf nach neuen revolutionären Produkten wird inzwischen so laut, dass dies auch der 53-Jährige Apple-Boss nicht mehr überhören kann.

Auf der Entwicklerkonferenz WWDC, die Cook und seine Top-Manager am Montag eröffnen, steht traditionell nicht die Ankündigung neuer Hardware im Vordergrund, sondern die Software. Beobachter erwarten etwa eine neue Funktion für das Apple-Betriebssystem iOS namens "Healthbook" für Gesundheitsdaten. Laut Medienberichten treibt Apple auch die Entwicklung eines mobilen Bezahldienstes voran und plant eine Plattform zur Vernetzung von Hausgeräten.

Nachdem auf der WWDC 2013 mit der Ankündigung des futuristischen Mac Pro auch Akzente bei Hardware gesetzt wurden, türmen sich in diesem Jahr erneut Spekulationen über mögliche neue Geräte auf: Könnte Apple schließlich soweit sein, die iWatch, seine angeblich seit Jahren entwickelte Computeruhr, zu präsentieren? Und was ist mit den hartnäckigen Gerüchten über neue größere iPhones - sollten die App-Entwickler nicht jetzt schon über die veränderte Display-Auflösung vorgewarnt werden? Oder zeigt Cook eine weiterentwickelte Version der Fernsehbox Apple TV?

Cook versprach bisher stets, dass "unglaubliche Produkte" im Anmarsch seien. Zuletzt gab es im vergangenen Jahr ein iPhone mit Fingerabdruck-Sensor, ein extrem schlankes iPad und den innovativen Hochleistungsrechner Mac Pro. Doch in die Kategorie bahnbrechender Neuerungen wie das iPhone oder das erste iPad 2010 fallen diese Geräte nicht. Man kann darüber diskutieren, inwieweit ein Unternehmen, das auf einem Geldberg von 150 Milliarden Dollar sitzt und pro Jahr um die 40 Milliarden Dollar Gewinn macht, überhaupt unter Druck stehen kann. Aber Apple-Fans, Investoren, Blogger und traditionelle Medien sehnen sich nach einem echten "One More Thing". Sie wollen einen Vorstoß von Apple in eine neue Kategorie wie Computeruhren, Fernseher - was auch immer - sehen.

Unterdessen präsentiert sich Google als Innovationsfabrik für die Zukunft mit seiner Datenbrille Glass, den selbstfahrenden Autos oder dem Kauf des Herstellers vernetzter Thermostate Nest.

Die Innovationskultur bei Apple und Google könnte aber nicht unterschiedlicher sein: Das zeigt sich gut am Beispiel Google Glass. Die Datenbrille wurde vor zwei Jahren mit einer atemberaubenden Show auf der Entwicklermesse Google I/O durch ein Fallschirmspringer-Team vorgestellt. Der Sprung in die Tiefe aus einem Luftschiff wurde live als Videostream übertragen. Das Publikum staunte und war begeistert. In der inzwischen als "Vorserienmodell" erhältlichen Brille funktioniert aber nicht nur die Live-Videoübertragung bis heute nicht richtig.

Der kalifornische Tech-Blogger Robert Scoble, einer der ersten Glass-Fans, ist inzwischen mächtig enttäuscht: "Der erste Eindruck ist: Mann, ist das cool. Ich hätte auch gerne eine." Wenn man Glass aber einen Monat lang benutze, merke man, dass quasi jede Funktion fehlerhaft sei. Google habe Glass als Computer-Gerät für jedermann vorgestellt. Sie sei aber im Alltag schwer zu gebrauchen. "Glass wird heiß. Der Akku hält nur 45 Minuten. Es fehlen nützliche Apps." Google müsse noch viele Fehler beseitigen, bevor aus Glass ein nützliches Gerät werde.

Eine offene Kommunikation über eigentlich noch unreife Konzepte und Produkte wie Google sie praktiziert, ist für Apple hingegen völlig unvorstellbar. Wichtige Innovationen wie das iPhone oder das iPad wurden von Steve Jobs erst dann der staunenden Öffentlichkeit präsentiert, als intern klar war, das man in absehbarer Zeit auch ein Produkt liefern kann, das die hochgesteckten Erwartungen erfüllt.

Die Zeit, die Apple offenbar für die Perfektionierung seiner Konzepte benötigt, kommt aber nicht nur vielen Apple-Fans unendlich lange vor. Sie müssen sich mit dem Mantra von Tim Cook abfinden: "Unser Ziel ist es, die besten Produkte zu bauen." Und das kann dauern. (dpa/rs)