Gewachsene Legacy-Systeme erschweren es dem stationären Einzelhandel oft, moderne IT-Methoden und Technologien einzuführen. CIO Thomas Schwachenwalde hat die IT von Toom Baumarkt dennoch komplett agil aufgestellt.
"Ich habe von Branchenkollegen schon oft gehört, dass sich agile Entwicklung und SAP ausschließen," sagt Thomas Schwachenwalde, IT-Leiter von Toom Baumarkt. "Wir wollten den Gegenbeweis antreten." Dazu hat der CIO mit direkter Anbindung an die Geschäftsführung im August 2019 begonnen, den klassisch in Projekt- und Betriebsabteilung aufgeteilten IT-Bereich mit agilen Teams neu zu organisieren.
Vorbild E-Commerce
Bereits 2017 kam Schwachenwalde zu Toom und baute den Online-Handel innerhalb des Cross-Channel-Bereiches des Baumarkts mit agilen Methoden auf. "Das war die erste Keimzelle für die Transformation im Unternehmen. Wir haben gezeigt, dass der Entwicklungsprozess mit agilen Methoden stark beschleunigt werden kann," so der Manager. Darum wurde Schwachenwalde 2019 von der Geschäftsleitung beauftragt, auch die IT für den stationären Handel zu modernisieren.
Toom arbeitet in diesem Bereich mit einer SAP ERP Retail-Anwendung, die on-premises läuft. Daran sind beispielsweise Warenwirtschafts-, Logistik- und Kassensysteme sowie Geräte zur mobilen Datenerfassung (MDE) für Bestellungen angegliedert. "Da das hochkomplexe Systeme sind, die stark miteinander verknüpft sind, dauerten die bisherigen Release-Zyklen etwa neun bis zwölf Monate," erinnert sich Schwachenwalde. "Das war einfach nicht mehr zeitgemäß und wir wollten vermeiden, dass intern Probleme entstehen, weil die Fachabteilungen lange warten müssen, bis ihre Anforderungen von der IT umgesetzt werden."
Anlauf zum Sprint
Um das zu ändern, sollten die bisherigen Wasserfall-Zyklen durch agile Sprints ersetzt werden. Zuerst visierte der CIO zweiwöchentliche Auslieferungen an. "Durch die Natur des SAP-Systems, in dem viele Komponenten ineinandergreifen, mussten wir jedoch schon eine komplette Woche einplanen, um neue Entwicklungen für die Umgebung zu testen," so der Manager. Daher habe er die agilen Sprints auf vier Wochen ausgeweitet: drei Wochen für die Entwicklung und eine Woche für die Testphase.
Im Vergleich zu anderen agilen Methoden sei das zwar relativ lang, im Kontext der Toom-IT momentan aber die richtige Größe. Damit könnten neue Features schneller ausgeliefert und Probleme rasch gelöst werden. Beides geschehe nach an den Anforderungen des Business und der Kunden, denn: Jedes cross-funktionale DevOps-Team besteht aus Product Ownern, Entwicklern, Requirement Engineers, Testern, SAP-Beratern und Business-Analysten und ist sowohl für die Entwicklung als auch den Betrieb des von ihr betreuten Prozesses oder Produkts zuständig.
So werde sichergestellt, dass Feedback aus den Fachabteilungen für die IT direkt bei den Mitarbeitern landet, die dafür verantwortlich sind und diese ihr Produkt auch entsprechend anpassen. Damit steige die Qualität der Software generell. "Wenn es keine getrennten Abteilungen für Entwicklung und Betrieb mehr gibt, kommen Probleme direkt wieder zum verantwortlichen Developer zurück," sagt Schwachenwalde. "Dadurch werden die Fehler direkt behoben und bei Neuentwicklungen achten die Teams stärker darauf, dass erst gar keine Probleme entstehen.
Die Top CIOs im Handel
Michael Müller-Wünsch Der Berliner Michael Müller-Wünsch (aka: MüWü) ist seit August 2015 Bereichsvorstand Technology (CIO) der Otto-Einzelgesellschaft. In dieser Funktion verantwortet Müller-Wünsch die Weiterentwicklung der IT-Landschaft und Tech-Architektur des Onlinehändlers und treibt damit den Wandel des Geschäftsmodells in Richtung Plattform. 2017 wurde die Technologie-Organisation von Otto unter seiner Führung mit dem CIO Innovation Award ausgezeichnet. Während seiner beruflichen Laufbahn arbeitete der im Bereich KI promovierte Informatiker und Diplom-Kaufmann unter anderem für Lekkerland, Ceva Logistics, MyToys und Herlitz.
Markus Mosa Seit Februar 2015 wird das Ressort IT/Logistik beim Lebensmittelkonzern Edeka direkt vom Vorstandsvorsitzenden Markus Mosa geführt. Vorgänger Michael Wulst ging aus persönlichen Gründen in Rente. Das Vorstands-Team der Edeka AG besteht nun aus nur noch drei Vorständen.
Eduard Spitz Die weltweite IT von Hugo Boss liegt seit März 2023 in den Händen von Eduard Spitz. Sein Vorgänger Jörg Walter ging in den Ruhestand.
Bastian King Mit Bastian King beruft das Modeunternehmen Takko Fashion erstmals einen Chief Information Officer. Er soll den digitalen Wandel vorantreiben. Die Position des CIO hat der Modehändler aus dem nordrhein-westfälischen Telgte neu geschaffen. Zum 1. März 2023 holte das Management dazu Bastian King an Bord.
Christian Metzner Seit Mitte April 2023 leitet Christian Metzner die IT der Drogeriemarktkette Rossmann. Seiner Vorgängerin Antje König stieg Anfang 2022 in den Vorstand auf. Metzner kommt von Volkswagen Financial Services.
Melanie Fichtner Zum 1. Februar 2024 hat Melanie Fichtner den CIO-Posten bei der Baywa übernommen. Zuvor leitete sie die operative IT des Konzerns.
Ricardo Diaz Seit August 2017 arbeitet Ricardo Diaz bei der Emil Frey AG in Zürich als CIO/CTO. Die Gruppe ist im Automobilhandel tätig. Der gelernte Diplom-Kaufmann Diaz war im April 2014 vom Energie Versorger EnBW als Vice President IT Strategy &Steering zur Unternehmensgruppe Media-Saturn gekommen. Im Juli 2014 wurde er CEO der Media-Saturn IT-Services und CIO bei Media-Saturn.
Matthias Wlaka Seit 1. Januar 2024 ist Matthias Wlaka CIO und Mitglied der Geschäftsführung von Bonprix. Die Stelle wurde neu geschaffen, um die IT-Aktivitäten des Modehändlers zentral zu bündeln.
Marc Rauscher Seit 1. April 2023 ist der ehemalige IT-Chef von Douglas, Marc Rauscher, Geschäftsführer der Hagebau IT GmbH. Er verantwortet das operative Geschäft der IT-Tochter.
Roman Melcher Roman Melcher verantwortet bei dm nicht nur die IT, sondern sitzt auch in der Geschäftsführung des Drogeriekonzerns.
Lars H. Heimann Lars H. Heimann ist seit März 2019 CIO der BAHAG AG, die zentrale Einkaufsgesellschaft der BAUHAUS Regionalgesellschaften. Seit Anfang 2021 hat er zudem den Posten des Senior Vice President Corporate IT inne. Er kam bereits 1999 in das Unternehmen.
Roland Schütz Roland Schütz, langjähriger CIO der Lufthansa, wechselt als Vorstand für IT und Digitalisierung zum Mannheimer Pharmahändler Phoenix. Schütz tritt die neu geschaffene Position des Chief Information Officer Anfang 2021 an.
Andreas Hubert Andreas Hubert ist seit Februar 2021 Group CIO von Adidas.
Katja Burkert Seit 1. Juli 2021 ist Katja Burkert CIO bei Intersport. Sie folgte auf Lars-Eric Pusch, der zur Drogeriekette Müller wechselte.
Sinanudin Omerhodzic Sinanudin Omerhodzic ist seit Oktober 2020 Geschäftsführer IT bei Aldi Nord. Er kommt von der Paul Hartmann AG.
Frank Schroeder Frank Schroeder ist seit Mai 2016 Head of IT der Interseroh Dienstleistungs GmbH, einer Tochter des Berliner Recycling- und Umweltdienstleisters Alba. Er war zuvor Leiter IT-Management und Leiter Innovationsmanagement beim Bauunternehmen Hochtief AG in Essen.
Severin Canisius Seit September ist Severin Canisius CIO und Mitglied der Geschäftsführung des Essener Schuhhändlers. Er folgt auf Olaf Schrage, der das Unternehmen Ende 2021 verlässt.
Katharina Knötel Katharina Knötel hat im August 2021 den CIO-Posten bei Coca-Cola European Partners CCEP von Christian Rasche übernommen, der Mitte Juni zu The Coca-Cola Company gewechselt ist. Sie berichtet sowohl an Peter Brickley, CIO von CCEP, als auch die Geschäftsführung der deutschen Dependance. Knötel ist Teil der hiesigen Geschäftsführung und hat zudem einen Sitz im internationalen BPT-Führungsteam. Sie leitet den Bereich Business, Process and Technology (BPT) in Deutschland und ist unter anderem verantwortlich für Vertriebs- und Lieferkettenlösungen.
Jörg Kohlenz Am 1. Juli 2022 hat der ehemalige Leoni-CIO Jörg Kohlenz die Position des Group CIO beim Thermomix-Anbieter Vorwerk übernommen.
Lars-Eric Pusch Seit April leitet Lars-Eric Pusch die IT der Drogeriemarktkette Müller. Er soll sie zu einem datengetriebenen Unternehmen machen.
Michael Rybak Michael Rybak hat bei der Drogeriekette Rossmann Anfang 2015 als Geschäftsführer den neu geschaffenen Geschäftsbereich Logistik und IT übernommen. Er verantwortete bereits seit Mitte 2014 zusätzlich zur Logistik den Fachbereich IT. Rybak wechselte 2009 in die Logistik des Drogeriekonzerns, wurde Logistikleiter sowie Geschäftsführer der Logistik-Gesellschaft und trat in die Geschäftsleitung ein.
Mark Michaelis Seit dem 7. Juni 2021 ist Mark Michaelis Geschäftsführer der Markant Services International GmbH sowie ihres polnischen Pendants. Das Unternehmen verantwortet die IT, Produktentwicklung und den Betrieb der Dienstleistungen und Services der Markant-Gruppe.
Michael Kaib Michael Kaib wurde im Juli 2015 neuer CIO in der Zentrale des Modekonzerns Esprit in Ratingen. Er berichtet an den Chief Operations & Systems Officer, Leif Erichson. Kaib kam im Mai 2010 zu Esprit. Er war dort zuletzt Vice President - Head of IT Governance & Enterprise Architecture. Kaib studierte Betriebswirtschaftslehre an der Philipps-Universität Marburg und in den USA und promovierte anschließend am Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität Marburg. Seine berufliche Karriere begann er 1998 als Berater bei Booz & Company in Frankfurt am Main in der globalen IT Practice.
Andreas Schobert Bei der Hornbach-Baumarkt-AG ist Andreas Schobert (41) seit 2015 neuer IT-Vorstand. Das Ressort Technologie wurde neu geschaffen. Der Vorstand wurde dafür von sechs auf sieben Mitglieder erweitertet. Im neuen Ressort laufen ab sofort die Fäden für die konzernweite Informationstechnologie sowie das E-Business zusammen. Seit 2012 war Schobert als Leiter E-Business für den internationalen Aufbau und die Weiterentwicklung des Online-Geschäfts im Hornbach-Baumarkt-AG Konzern zuständig.
Nathan Mott Nathan Mott ist seit Oktober 2014 CIO beim Stuttgarter Pharmagroßhändler McKesson Europe (zuvor: Celesio). Der IT-Chef kam aus den USA, vom Mehrheitsaktionär McKesson. Mott war zuletzt Präsident der McKesson Pharmacy Systems & Automation (MPS&A) und hatte danach zusätzlich das Celesio Coordination Planning Office geleitet.
Armin Bergbauer Mit Armin Bergbauer hat der Technologie-Distributor Ingram Micro seit Frühjahr 2008 einen neuen IT-Chef. Seine Vorgängerin Barbara Neumann hatte sich in den Ruhestand verabschiedet. Als Leiter IT & Organization ist Bergbauer auch Mitglied der Geschäftsleitung und berichtet an Gerhard Schulz, den Vorsitzenden der Geschäftsführung.
Walter Schulte-Vennbur Bei Electronic Partner verantwortet Walter Schulte-Vennbur seit Februar 2013 die IT. Der Diplom-Informatiker war zuvor CIO be Also Actebis. Auch vor dem Zusammenschluss von Also und Actebis 2011 arbeitete er mehr als 15 Jahre in verschiedenen Positionen beim Vorgängerunternehmen Actebis.
Bernd Herrmann Bernd Herrmann arbeitet seit 1990 bei Würth, einem Großhandel für Produkte der Befestigungs- und Montagetechnik. In der Würth-Gruppe ist er Geschäftsbereichsleiter für IT, E-Business und Logistik sowie Geschäftsführer für die Bereiche Marketing und EDV der Adolf Würth GmbH & Co. KG. Seit Mai 2015 ist er auch in der vierköpfigen Konzernführung der Würth Gruppe vertreten und dort für IT und E-Business verantwortlich.
Stephan Wohler Seit 2011 ist Stephan Wohler im Vorstand der Edeka Minden-Hannover. Er verantwortet bei der größten Edeka-Regionalgesellschaft die Ressorts IT und Logistik. Wohler kommt von der Metro, wo er zuletzt als Vorsitzender der Metro Group Logistics (MGL) arbeitete.
Khaled Bagban Zum 1. Juli 2024 ist Khaled Bagban als CIO bei der Metro AG eingestiegen. Gleichzeitig wurde er CEO der Digitalisierungstochter Metro.digital. Er folgt auf Timo Salzsieder.
Michael Homburg Michael Homburg ist seit April 2016 Geschäftsbereichsleiter IT/Organisation bei Edeka Nord. Sein Vorgänger Ernst Bochnig ist in den Ruhestand gegangen. Seit Mitte 2015 war Homburg bei Edeka Nord bereits stellvertretender Geschäftsbereichsleiter IT/Organisation.
Benjamin Beinroth Neun Jahre war Benjamin Beinroth bei dem Lebensmitteleinzelhändler Tegut beschäftigt, davon vier Jahre als Chief Information Officer (CIO). Er wechselte zum Jahresbeginn 2016 in die CIO-Position bei Fressnapf. Beinroth berichtet als CIO direkt an Hans-Jörg Gidlewitz. Dieser ist verantwortlicher Geschäftsführer für die Bereiche Finanzen, Personal und IT bei Fressnapf.
Jörg Heinen Jörg Heinen heißt der IT-Leiter bei WMF (Württembergische Metallwarenfabrik AG) in Geislingen. Seit Februar 2016 ist er im Amt. Der Vice President Global IT (CIO), so sein offizieller Titel, war zuvor Corporate Director, Strategic Vendor Management, bei der Henkel AG in Düsseldorf. Dort war er zuvor auch CIO Western Europe und damit verantwortlich für die IT-Services in der umsatzstärksten Region.
Andreas Möller Seit März 2018 ist Andreas Möller Geschäftsführer IT/ Managing Director IT beim Lebensmittelhändler Aldi Nord in Essen. Zuvor war er dort Bereichsgeschäftsführer IT, verantwortlich für IT-Projekte & -Methodik.
Frank Hoe Frank Hoe ist seit September 2016 CIO DACH bei der L’Oréal Deutschland GmbH in Düsseldorf. Er blickt auf 15 Jahre Erfahrung als CIO und IT Direktor in internationalen Unternehmen wie McDonald’s, Dole Food Company, Aldi Stores UK/Ireland und beim TÜV Rheinland zurück. Hoes Vorgänger im Amt, Abder Dellys, ist in den Ruhestand gegangen.
Johannes Wechsler Johannes Wechsler ist seit Juli 2018 neuer Geschäftsführer der MediaMarktSaturn IT Solutions in Ingolstadt. Wechsler berichtet an Atul Bhardwaj, CTO der MediaMarktSaturn Retail Group und CEO der MediaMarktSaturn IT Solutions. Wechsler wird die Geschäftsführung der MediaMarktSaturn IT Solutions um Bhardwaj, Orhan Olgun und Thomas Gawron ergänzen. Zuvor, seit Mai 2015, war Wechsler CIO der ProSiebenSat.1. Media SE.
Max Thelen Weil Erwin Sattler in die Geschäftsführung aufstieg, übernahm Max Thelen im Herbst 2010 dessen Position als Bereichsleiter IT/ORG beim Pharmagroßhändler Sanacorp. Damit verantwortet er IT-Infrastruktur und Anwendungsentwicklung des Unternehmens. Zugleich fungiert er als Schnittstelle zu den Fachbereichen.
Michael Baier Neuer Geschäftsführer des IT-Dienstleisters Infokom in Karlsruhe ist seit Juli 2018 Michael Baier. Infokom ist die IT-Tochter der Eurobaustoff, einer Kooperation für den mittelständischen Baustoffgroß und -einzelhandel. Zuletzt war Baier Vorstandsmitglied der Abas Unternehmensgruppe.
Jens Siebenhaar Jens Siebenhaar ist seit Oktober 2018 CIO beim Bekleidungsunternehmen C&A Europe. Zuvor arbeitete Siebenhaar als Geschäftsführers der REWE Systems GmbH. Siebenhaar war im März 2009 Leiter der IT bei REWE geworden. Er wechselte damals von der Baumarktkette OBI an den Rhein.
Frank Scholz Frank Scholz ist seit September 2018 Group CIO bei der Citti Handelsgesellschaft in Kiel. Er ist dort für die gesamte IT verantwortlich. Scholz war zuvor CIO bei der DB Regio. In den kommenden vier Jahren wird er sich die Aufgabe mit dem bisherigen IT-Leiter Matthias Ernst teilen.
Ulrich Wiedemann Ulrich Wiedemann ist seit September 2020 IT-Leiter von Vinzenzmurr. Zuvor war er CIO und COO beim Münchner Edelmetallhändler Pro Aurum, zu dem er Anfang 2020 von Essity gewechselt ist.
Jochen Jaser Jochen Jaser ist seit Juni 2019 neuer CIO beim Kölner E-Commerce Unternehmen HRS Group. Zuvor war Jaser bis Mai 2019 ein Jahr als CTO bei der Bearing Point Software Solutions GmbH in Frankfurt. Fast acht Jahre arbeitete er bei der Frankfurter Matrix42 AG, als CTO und CEO und sowie fünf Jahre bei der Karlsruher update4u Software AG, als Head of Product Management und CTO.
Andreas Helber Mit dem Jahreswechsel 2010/11 änderten sich die IT-Verantwortlichkeiten bei der BayWa: Andreas Helber wurde zum Finanzvorstand berufen und übernahm zugleich das IT-Ressort vom vormaligen Vorstand Frank Hurtmanns. Dieser verließ den Agrarhändler. IT-Dienstleistungen bezieht die BayWa über die RI-Solution GmbH, die sie Anfang 2002 zusammen mit der österreichischen RWA AG gegründet hat. Chef des Dienstleisters ist Eugen Berchtold.
Nachdem die Transformation im August 2019 beschlossen worden war, gab Schwachenwalde einen straffen Zeitplan vor: Bis Anfang 2020 sollte die Toom-IT zumindest teilweise agil arbeiten. "Bereits nach drei Monaten hatten wir das erste Pilotteam laufen. Das kümmerte sich um das Modul Kundenauftrag in unserem SAP," berichtet der CIO. Das war zum einen der Praxistest, um zu zeigen, dass agile Methoden bei Toom funktionieren. Zum anderen wurde anhand der dort gesammelten Erfahrungen das Scaled Agile Framework (SAFe) an die Anforderungen des Unternehmens angepasst.
Darüber hinaus erarbeitete Schwachenwalde gemeinsam mit Schüsselpositionen im Unternehmen in Workshops die neue Organisation. "Aus Sicht der Enterprise-Architektur haben wir die Scrum-Produktteams nach Domänen anhand der Geschäftsprozesse ausgerichtet. Das schließt auch Infrastructure, Operations und Governance-Funktionen mit ein," so der Manager.
Ein wichtiger Erfolgsfakor war für Schwachenwalde, den Wandel von innen heraus voranzutreiben. "Wir haben uns bewusst gegen externe Berater für die Transformation entschieden, damit unsere Leute sich die neue Struktur selbst erarbeiten können. So bildet sich ein stärkeres Commitment aus, als wenn jemand von außen kommt und sagt, wie es gemacht werden soll." Diese Strategie ging auf: Mittlerweile sind alle 120 Mitarbeiter der Toom-IT in insgesamt 16 agile Teams aufgeteilt.
Kommunikation für den Change im Kopf
Die Transformation verlief jedoch nicht ohne Hürden. "Wenn jeder Mitarbeiter eine neue Rolle bekommt, müssen komplett neue Arbeitsverträge aufgesetzt werden und der Betriebsrat muss das Ganze absegnen," erläutert Schwachenwalde. Das brauche Zeit und sei administrativ aufwändig.
Zudem habe es Unsicherheit bezüglich der neuen Verantwortlichkeiten in Teilen der Belegschaft gegeben. "Wenn es keinen Key-Account-Manager für die Fachbereiche mehr gibt, müssen wir für diese Fachleute andere Aufgaben finden, die auf ihr Profil passen," so der IT-Chef. Solche gut qualifizierten Mitarbeiter eigneten sich als Product Owner oder Requirement Engineer, einige zögerten jedoch, diese neuen Rollen anzunehmen. Daher investierte Schwachenwalde viel Zeit, um seine IT-Mannschaft für die neuen Aufgaben zu motivieren.
Die Neuorganisation wurde deshalb durch zahlreiche Kommunikationsmaßnahmen begleitet. An die Materie herangeführt wurden die Mitarbeiter in Coachings und Workshops zu agilen Methoden und Werkzeugen wie Chat-Tools, Jira und Confluence. Neue Strukturen kommunizierte Toom über dedizierte interne Blogs und Informationsveranstaltungen samt Gamification-Elementen. Der "Botschaftereffekt" der Pilotprojekte sei hinzugekommen, berichtet der CIO. Die Mitarbeiter hätten ihre Erfolge mit den Kollegen geteilt, die es anschließend selbst lernen und ausprobieren wollten.
Den Abschluss markierte eine Orientierungswoche für alle IT-Mitarbeiter. "Wir haben den kompletten Betrieb eingefroren und eine komplette Woche alles noch einmal vertieft, sowohl die technische als auch die organisatorische Seite," erinnert sich Schwachenwalde. Anschließend begannen alle Teams selbstständig, im neuen Modus zu arbeiten. Mittlerweile übernähmen auch immer mehr Fachabteilungen agile Methoden, da sie in der Zusammenarbeit mit den Produkt-Teams merkten, welche Vorteile sich daraus ergeben.
S/4 Hana, Automatisierung und Low Code
Der Wechsel zur agilen Arbeitsweise war für Schwachenwalde auch eine wichtige Voraussetzung für kommende Projekte. "Der nächste logische Schritt wäre, auf SAP S/4 Hana zu wechseln, da sind wir aber gerade noch in der Evaluation." Auf die Frage, warum nicht schon während der Transformation über eine neue IT-Plattform nachgedacht wurde, sagt der Manager: "Ich bin der festen Überzeugung, wenn wir gleichzeitig zur neuen Arbeitsweise auch S/4 Hana einführen würden, wären wir gescheitert."
Wäre Toom auf das neue SAP-System umgestiegen, ohne vorher die agile Arbeitsweise verinnerlicht zu haben, hätte die IT nur alte Prozesse in einem neuen Tool nachgebaut, so die Meinung des CIO: "Wir dürfen bei der Migration auf eine moderne Plattform nicht auch noch mit unserer eigenen Transformation beschäftigt sein, sondern das gesamte Unternehmen, auch über die IT hinaus, muss darauf vorbereitet sein."
Neben der SAP-Migration will Schwachenwalde in näherer Zukunft die Automatisierung der Entwicklung - speziell die Testautomatisierung - vorantreiben. "Je kürzer die Lebenszyklen der IT werden, desto mehr muss getestet werden," lautet seine Devise. Automatisiere die IT diese Tests, passierten weniger Fehler, die Qualität der ausgelieferten Software steige und die Sprints könnten weiter verkürzt werden. Das sei jedoch momentan noch schwierig, da die Systeme so eng miteinander verzahnt seien, dass sehr viele Faktoren bei den Tests beachtet werden müssten. Derzeit laufen erste Proof of Concepts bei Toom, wie sich das Testprozedere vereinfachen und automatisieren lässt.
Darüber hinaus will Schwachenwalde die Möglichkeiten von Robotics und Low Code ausloten. "Dabei geht es um mehr Hilfe für Selbsthilfe," sagt der CIO. "Wir wollen Kollegen, die keine Entwickler sind, in die Lage versetzen, mit kleinen Skripten ihre täglichen Aufgaben selbst ein Stück weit zu automatisieren."
Neben diesen Zielen verfolgt Schwachenwalde eine übergreifende IT-Strategie. Er will das Unternehmen als Ganzes wandlungsfähiger machen: "Die Coronakrise hat uns gezeigt, wie wichtig es ist, sich so aufzustellen, dass wir mit jeder neuen Situation schnell umgehen können." Hätte man sich nicht in agilen Teams organisiert, wäre etwa die Umstellung der Mehrwertsteuer in der kurzen vom Gesetzgeber geforderten Zeit für die IT kaum möglich gewesen.