Zentral-, Ost- und Südosteuropa bieten sich als Zielregion für Unternehmen aus dem deutschsprachigen Raum an, die einen Teil ihre Geschäftsprozesse auslagern wollen. Obwohl beim Nearshoring eine Senkung der Personalkosten nicht im gleichen Umfang wie beim Offshoring in asiatische Länder möglich ist, haben gerade die neuen EU-Mitgliedstaaten eine Reihe von Vorteilen zu bieten. Dazu gehören geografische und kulturelle Nähe ebenso wie wirtschaftliche, politische und rechtliche Stabilität.
Ungarn und Polen haben günstige rechtliche Rahmenbedingungen, was Steuer- und Arbeitsrecht sowie Datenschutzbestimmungen angeht. Die Slowakei hat nach Angaben der Analysten verloren. Die Gründe nur durchschnittliche Wirtschaftsentwicklung, hohe Sozialabgaben für den Arbeitgeber und strenge Kündigungsschutzbestimmungen. Sie ist als Standort jedoch Drittländern wegen ihrer politischen und rechtlichen Stabilität vorzuziehen. Zu den am wenigsten attraktiven Ländern zählen derzeit Bosnien und Herzegowina, Serbien und Montenegro sowie die Ukraine.
Nicht nur die Hauptstädte der neuen EU-Länder haben gute Voraussetzungen als BPO-Standorte. Städte wie beispielsweise Lodz und Oisztyn in Polen locken mit niedrigen Personalkosten. Hier müssen BPO-willige CIOs allerdings in Punkto Personalverfügbarkeit und Infrastruktur Abstriche machen. Städten wie Ljubljana, Bratislava, Bukarest, Maribor, Zagreb, Kiew und Odessa bescheinigen die Analysten dagegen noch einen zum Teil erheblichen Nachholbedarf.
Gut ausgebildete Fachkräfte
Die größte Zahl qualifizierter und zugleich verfügbarer Arbeitskräfte gibt es in Polen. Spitzenreiter sind Städte wie Warschau, Breslau, Krakau und Posen, knapp gefolgt von der ungarischen Hauptstadt Budapest. Die Ausbildungsstandards in Ländern in der zentral-, ost- und südosteuropäischen Region sind generell höher als in Westeuropa. Das gilt für Qualität und Quantität der Bildungsgänge gleichermaßen. So haben in Tschechien mehr als 86 Prozent der Arbeitnehmer eine Ausbildung, die über die Schulpflicht hinausgeht. Sieben Hochschulen in der Region zählen zu den Top-500-Universitäten weltweit.
Die niedrigsten Personalkosten haben die ukrainischen Städte Kiew und Odessa. In den neuen EU-Ländern dagegen gibt es in einigen Bereichen bereits Gehaltsstrukturen, die fast westeuropäischem Niveau entsprechen. Im früheren Jugoslawien sind Fachkräfte aus dem IT- und den kaufmännischen Bereich sogar teurer als in den neuen EU-Ländern.
Gute Infrastruktur
Wichtige Kriterien für eine BPO-Standortentscheidung sind gute Verkehrsanbindung, ausreichende Hotelkapazitäten sowie international agierende Dienstleister aus dem Finanz-, Rechts- und IT-Bereich. Auch hier liegen Budapest, Warschau und Prag an der Spitze. Sehr gute Bedingungen bieten auch Sofia, Ljubljana, Bratislava, Krakau, Bukarest und Posen.
Für westeuropäische Fachkräfte, die in BPO-Zentren arbeiten, haben Faktoren wie Sicherheit, medizinische Versorgung und Lebensqualität einen hohen Stellenwert. Vor allem der Sicherheitsfaktor gewinnt immer mehr an Bedeutung. Hier bilden Bukarest und Odessa das Schlusslicht. Beste Noten erhielten dagegen Budapest, Zagreb, Prag, Ljubljana und Warschau; Krakau und die ungarische Stadt Györ.
Die Analysten von Capgemini untersuchten 28 Städte in Bulgarien, Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Polen, Rumänien, Serbien und Montenegro, Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn auf ihre Eignung als BPO-Standorte. Die Studie basiert auf Sekundärliteratur und Interviews mit Experten.
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