Analysten-Kolumne

Transport Germany - an IT führt kein Weg vorbei

14.09.2005 von Szibilla Szatmari
Prozess- und IT-Optimierung wird für die Transport- und Logistikbranche unumgänglich. Davon geht das Beratungsunternehmen Pierre Audoin Consultants (PAC) aus. Die Gründe liegen in der Globalisierung, Liberalisierung und Privatisierung des Marktes. Sie führen zu einem extremen Preis- und Leistungswettbewerb.

Obwohl der entsprechende Software- und IT-Services-Markt in den beiden vergangenen Jahren nahezu stagnierte, rechnet PAC im laufenden Jahr mit einem fünfprozentigen Wachstum. Bis 2008 soll das jährliche durchschnittliche Wachstum des Core-SITS-Bereiches (Anwendungs-Software, Projektgeschäft und Outsourcing Services) auf acht Prozent steigen.

Deutschland hat im Bereich Transport und Logistik die Weichen auf Privatisierung staatlicher bzw. teilweise staatlicher Unternehmen sowie auf Liberalisierung gestellt. Um den Hauptkriterien der Branche – Schnelligkeit, Zuverlässigkeit und Flexibilität – gerecht werden zu können, müssen auch diese Unternehmen mehr und mehr auf IT zurückgreifen.

Harter Wettbewerb

Gleichzeitig wird der Wettbewerb in den Segmenten Luftfahrt, Fracht sowie Kurier- und Expressdienste immer härter. Deutsche Post World Net (DHL) beispielsweise muss sich hierzulande unter anderem mit The Post Office (GP) und UPS auseinander setzen. Die Lufthansa konkurriert im Passagierbereich mit Air Berlin, im Cargo-Bereich mit Air France Cargo und anderen.

Deutsche Speditionen spüren zunehmend die Konkurrenz aus den osteuropäischen Ländern. Bei derart starkem Wettbewerb ist in den kommenden Jahren vermehrt mit Übernahmen beziehungsweise Zusammenschlüssen von Unternehmen zu rechnen. Diese zunehmende Konsolidierung wiederum bietet ein großes Potenzial für Integration und wird mittelfristig zu erhöhten IT-Investitionen führen.

Die äußerst schwierige ökonomische Situation des Handels und der Industrie - den wichtigsten Auftraggebern der Branche - übertrug sich in den letzten Jahren direkt auf Transport- und Logistikunternehmen.

Gerade die zahlreichen Klein- und Kleinstunternehmen, aus denen sich die Frachtbranche hauptsächlich zusammensetzt, sind von der Konsolidierungswelle betroffen. Sie bieten aber auch ein großes Potenzial für Effizienzsteigerung und Integration. KMUs werden von den Großunternehmen, im Bereich Fracht beispielsweise Hapag Lloyd, Kühne & Nagel, Schenker, verdrängt.

Außerdem verfolgen Transport- und Logistikunternehmen derzeit die Strategie, die gesamte Logistikkette abzudecken. Wenn verschiedene Logistikbereiche, d.h. Subbranchen, zusammenwachsen, entsteht ein immenser Integrationsaufwand. So müssen etwa bei der Abstimmung von Transport via Straße und Schiene Zeiten, Mengen, etc. koordiniert werden.

Keine IT-Investitionen

Dennoch wurden in den letzten Jahren Investitionen in die IT-Landschaften zurückgestellt. Besonders betroffen war das Projektgeschäft durch die generelle Investitionszurückhaltung der Branche.

Ein weiterer "Bremsfaktor" war zudem, dass viele Projekte nicht auf dem freien Markt gehandelt wurden, weil einige der Großunternehmen eigene starke IT-Töchter besitzen: die Lufthansa eine Lufthansa Systems, die Deutsche Bahn eine DB Systems und die Deutsche Post eine DP IT Solutions.

Mittlerweile aber sorgen Themen wie EAI (Enterprise Application Integ-ration), Business Intelligence und Customer Care wieder für eine gewisse Belebung.

Begrenzte Outsourcing-Kapazitäten

Im Outsourcing ist durch die Vielzahl an kleinen Unternehmen das Potenzial in der Branche eher begrenzt. Der Outsourcing-Markt wird von zwei "Big Deals" dominiert: T-Systems mit der Deutschen Post (Infrastruktur), sowie "Toll Collect", bei dem T-Systems die Anwendungsentwicklung und den Betrieb übernahm.

Nennenswert sind außerdem die Outsourcing-Verträge zwischen IBM und Hapag Lloyd, Atos Origin und Schenker, sowie T-Systems und Kühne & Nagel.

Interessant ist außerdem die Tatsache, dass zum Teil die Transport- und Logistikunternehmen selbst Business Process Outsourcing (z.B. Deutsche Post) anbieten und damit plötzlich mit "externen" Outsourcing-Dienstleistern konkurrieren.

Trotzdem erwartet PAC, dass das Outsourcing-Geschäft der klassischen Anbieter mit Transport- und Logistikunternehmen bis 2008 um jährlich durchschnittlich zehn Prozent zunimmt.

SAP versus Eigenentwicklungen

Im Bereich der Anwendungs-Software ist SAP im Transport- und Logistik-Sektor recht verbreitet, jedoch nur im kommerziellen Bereich. Neben den in der Branche eingesetzten ERP-Lösungen bietet SAP - außer für den Bereich Straße - keine Standard-Branchenlösungen an.

Die Kernbereiche der Branche werden durch Eigenentwicklungen einerseits und Nischenanbieter (wie z.B. PSI) andererseits abgedeckt. In der Transport- und Logistikbranche spielt zudem technische Software, "Embedded Technical IT", eine wichtige Rolle. Darum kümmern sich die Hersteller entsprechender Fortbewegungsmittel, Terminals, Fahrkartenautomaten und so weiter (z.B. Siemens, Airbus) selbst.

Was in anderen Ländern schon Usus ist, nämlich die Betreuung von Embedded IT durch traditionelle IT-Unternehmen, wird sich mittelfristig auch in Deutschland durchsetzen.

Auch wenn PAC von der Transport- und Logistikbranche als SITS-Markt kurzfristig keine allzu großen Sprünge erwartet, so wird er sich nach Einschätzung der Berater doch stetig in Richtung Wachstum entwickeln.

Besonders großes Potenzial für IT-Investitionen sieht PAC dank der Liberalisierung des Briefverkehrs unter anderem im Postwesen. Die Luftfahrt wird ebenfalls vermehrt in IT investieren, vor allem in die Integration von IT-Systemen, da selbst traditionell große Airlines in letzter Zeit von Fusionen betroffen waren und auch künftig sein werden.

Die von Air France übernommene KLM, und die Swiss, die vor kurzem an Lufthansa ging, sind zwei prominente Beispiele. Nicht zuletzt wird das Schienen- und ÖPNV-Segment angesichts der Privatisierungsbestrebungen sicherlich auch eine recht bedeutende Rolle spielen, allerdings erst langfristig.

Szibilla Szatmari ist Beraterin bei Pierre Audoin Consultants.