Internationaler Währungsfonds

Trumps Handelskrieg macht Wirtschaft in aller Welt zu schaffen

09.10.2018
Der von US-Präsident Donald Trump vom Zaun gebrochene Handelskrieg bremst schon jetzt die Weltwirtschaft, sagt der Internationale Währungsfonds. Weitere Schocks sind nicht auszuschließen. Auch die Prognose für Deutschland sinkt.

Wegen Donald Trumps aggressiver Handelspolitik droht der Weltwirtschaft ein Wechsel in der Tonart. Der Internationale Währungsfonds hat in seinem Weltwirtschaftsbericht die Wachstumsprognose vergleichsweise deutlich nach unten korrigiert - auch für Deutschland. Schuld sind neben regionalen Sondereinflüssen der von Trump verursachte Handelsstreit und rekordverdächtig hohe Schulden. "Die Wahrscheinlichkeit weiterer negativer Schocks für unsere Wachstumsvorhersage ist gestiegen", sagte der scheidende IWF-Chefökonom Maurice Obstfeld am Dienstag in Nusa Dua (Indonesien).

Trumps Handelkrieg belastet die Weltwirtschaft.
Foto: Gints Ivuskans - shutterstock.com

Der IWF nahm die Wachstumsprognose für Deutschland um 0,6 Punkte auf 1,9 Prozent für 2018 zurück, auch 2019 soll es nicht steiler bergauf gehen. Besonders sorgt sich der Fonds um die von Trump attackierte Autoindustrie.

Das weltweite Wachstum gehe mit 3,7 Prozent zwar im laufenden und dem kommenden Jahr auf vergleichsweise hohem Niveau weiter, nehme aber nicht mehr wie eigentlich erwartet an Tempo zu, sagte Obstfeld. "Die Vorhersage war überoptimistisch", sagte er zur Prognose des IWF im April, die ein Wachstum von 3,9 Prozent für die Jahre 2018 und 2019 vorhersah.

Im Weltwirtschaftsbericht wird die Bundesregierung erneut aufgefordert, größere Anstrengungen bei Investitionen in die Infrastruktur zu unternehmen, um den hohen deutschen Handelsüberschuss auszubalancieren. Als Grund für die nach unten korrigierte Prognose gilt auch eine niedrigere Industrieproduktion und eine größere Unsicherheit wegen der aus den USA drohenden Zölle

Für die Schwellenländer, deren Wachstumsprognose stärker nach unten korrigiert werden musste, kommen weitere Probleme der US-Wirtschaftspolitik dazu - vergleichsweise rasch steigende Zinsen, ein starker Dollar und Wachstum, das bei der Bevölkerung nicht ankommt.

Wer in der US-Währung hoch verschuldet ist, hat es künftig schwerer. Argentinien ging bereits die Luft aus, Buenos Aires musste beim IWF um Milliardenhilfe bitten. Pakistan hat selbiges angekündigt, die Türkei will es mit allen Mitteln verhindern. Venezuela kämpft mit einer Hyperinflation von - der IWF-Prognose zufolge - fast 1,4 Millionen Prozent.

Deutschland ist vorbereitet

Solche Auswüchse drohen Deutschland nicht. Auch im Vergleich mit anderen europäischen Schwergewichten wie Italien ist die Bundesrepublik besser auf einen möglichen Einbruch der Weltwirtschaft vorbereitet. Zumindest vom Puffer her, um zum Beispiel wie 2008/2009 mit Kurzarbeitsregelungen über 1,5 Millionen Jobs zu retten und eine Kernschmelze des Finanzsystems abzuwenden.

Finanzminister Olaf Scholz (SPD), der am Donnerstag beim IWF in Indonesien erwartet wird, plant für 2019 wegen der Umsetzung diverser Koalitionsvorhaben und neuer Sozialausgaben mit Ausgaben von 356,8 Milliarden Euro, rund 13 Milliarden Euro mehr als im laufenden Jahr. Er sieht zum Beispiel stabile Renten als bestes Mittel gegen einen deutschen Donald Trump. Aber es ist ein Schönwetterhaushalt, auch weil die Steuereinnahmen noch sprudeln.

Wie jedes Jahr seit 2014 soll es keine neue Schulden geben ("schwarze Null"). Aber der IWF kritisiert seit Jahren die hohen Handelsüberschüsse Deutschlands und zu geringe Investitionen - Auto- und Bahnfahrer können ein Lied singen von der in die Jahre gekommenen Infrastruktur. Ganz zu schweigen von Funklöchern und Internet-Diaspora.

Während Deutschland erstmals seit 2002 wohl bereits in diesem Jahr die Staatsverschuldung unter 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) senken wird und damit die vorgesehene Grenze für die Euro-Stabilität wieder schafft, liegt der Wert bei Italien bei über 130 Prozent. Zehn Jahre nach dem Lehman-Crash sind viele Risiken zurück.

Der Handelskrieg zwischen den beiden weltgrößten Volkswirtschaften USA und China sowie die Androhung von US-Zöllen auf Autos und Autoteile machen vieles noch schwieriger. Etablierte Lieferketten könnten unterbrochen werden, vor allem dann wenn es zu Vergeltungsmaßnahmen kommt, sagte Obstfeld und kommt deshalb hinsichtlich der USA zu dem Schluss: "Das Wachstum wird von nicht nachhaltigen politischen Maßnahmen getrieben".

Die derzeit positive Situation in den Vereinigten Staaten sei von verstärkenden Impulsen des Staates mitverursacht und werde nach Aufhebung dieser Effekte zurückgehen. Obstfeld meinte damit vor allem die Steuerreform der Regierung von Präsident Donald Trump. Diese bedeutet einen stützenden staatlichen Eingriff in einer Zeit ohnehin galoppierender Konjunktur - eine untypische Maßnahme besonders für US-Republikaner, noch dazu in Zeiten hoher Staatsschulden.

Trumps These vom dauerhaften Wachstum ist Wunschdenken

Der IWF habe deswegen auch die US-Prognose bereits für 2019 angepasst - nach unten. Trumps im Wahlkampf viel verwendete These von einem dauerhaften Wirtschaftswachstum über vier Prozent wird somit von den Experten eher als Wunschdenken abgeurteilt.

Auch für die Eurozone senkte der Fonds die Voraussage im Vergleich zum April dieses Jahres um 0,1 Punkte. Weniger optimistisch ist der IWF auch für China, wenngleich das Reich der Mitte mit einem Wachstum über sechs Prozent weiterhin boomt.

In Entwicklungs- und Schwellenländern insgesamt sieht der IWF sogar eine Verlangsamung um 0,2 Punkte im laufenden und 0,4 Punkte im nächsten Jahr. Länder wie Pakistan, Argentinien, die Türkei und Südafrika aber auch Brasilien seien vom starken Dollar und den vergleichsweise rasch anziehenden Zinsen in den USA beeinträchtigt.

In Ländern wie Brasilien zeige sich, welcher Druck durch hohe öffentliche Schulden und gleichzeitig große staatliche Ausgabeverpflichtungen, etwa bei Renten, entstehen könne. Insgesamt sei die Schuldenlast der öffentlichen und privaten Hand in aller Welt extrem angestiegen und liege heute um 60 Prozent höher als noch vor der Finanzkrise im Jahr 2007 - bei unvorstellbaren 182 Billionen Dollar.

Für den bevorstehenden Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union, eines der größten politischen Wachstumsrisiken in Europa, zeigte sich Obstfeld optimistisch. Der IWF gehe davon aus, dass ein Übereinkommen zwischen London und Brüssel erzielt werde. "Wir bleiben bei unserer Annahme, dass vernünftige Politik die Oberhand behält und hoffentlich behalten wir recht", betonte der 66-Jährige, der sein Amt beim IWF zum Jahresende an Nachfolgerin Gita Gopinath abgeben wird. (dpa/ad)