IT-Abteilung

Tue Gutes und rede darüber

05.11.2001 von Marita Vogel
Viele IT-Abteilungen werden nur als Infrastrukturlieferanten wahrgenommen, strategische Bedeutung und Kompetenz gehen oft unter. Bei Sinn Leffers und Henkel soll ausgerechnet klassisches Marketing das Image verbessern.

Frustrierte IT-Mitarbeiter, genervte Hilfesuchende in den Fachabteilungen: Das Dilemma der IT-Abteilung ist so alt wie die Abteilung selbst. In vielen Unternehmen gilt die EDV als simpler Dienstleister, der die anfallenden Computerprobleme sofort zu lösen hat. Funktioniert das nicht schnell genug, ist das Gemurre unüberhörbar groß. Das trifft den Nerv der IT-Abteilung, denn mit ihrer strategischen Bedeutung wächst auch das Selbstbewusstsein der CIOs und ihrer Teams.

"Die IT wird ständig unterbewertet", stellt Bernd Hilgenberg fest, der als Fachbereichsleiter beim Textileinzelhändler Sinn Leffers für die Warenwirtschaft zuständig ist. Die Problempalette des Hagener Unternehmens unterscheidet sich vermutlich kaum von der anderer Firmen: Der Umfang der IT-Leistung ist für den Kunden in der Fachabteilung oft nicht transparent; häufig wird sie nur als das wahrgenommen, was auf dem Bildschirm auftaucht. Außerdem scheint die Reaktionszeit zu lang zu sein – und sowieso ist alles viel zu kompliziert.

Meist liegen den Konflikten völlig verquere Erwartungen seitens der Fachabteilungen zugrunde. "Dadurch sind die Reibungsverluste viel zu hoch", sagt Hilgenberg. Deshalb hat das Hagener Unternehmen vor zwei Jahren damit begonnen, am Ruf der IT zu feilen: "Wir machen Marketing in eigener Sache."

Im direkten Kontakt mit den IT-Usern im Unternehmen bemühen sich Hilgenberg und seine Leute darum, klar zu machen, unter welchen Voraussetzungen sie arbeiten, was möglich ist und was möglicherweise überhaupt nicht geht. Das, so die Hoffnung der Self-Marketiers, schafft realistische Erwartungen, mit der die IT-Abteilung dann wesentlich besser umgehen kann. Der Dialog mit den IT-Laien in den Fachabteilungen soll auf diese Weise von den üblichen Missverständnissen und Konflikten befreit und damit konstruktiver werden.

Klare Absprachen nötig

Zunächst versuchten die Informatiker und Programmierer, ihre Ausdrucksweise zu ändern. „Wir mussten uns von der DV-orientierten Sprache wegbewegen – das verstehen viele Kollegen einfach nicht“, hat Hilgenberg festgestellt. Anschließend wurden die Fachabteilungen über die neue Strategie informiert – verbunden mit dem Versuch, „die mit ins Boot zu bekommen“.

Dabei hilft ein veränderter Ablaufplan für das Projekt- Management. Während vor der Marketing-Ära Kollegen mit der schlichten Forderung „Macht uns mal eine Inventur- liste“ an die IT-Mitarbeiter herantraten, verlangt Hilgen- berg jetzt klare Ansagen. Im Projektauftrag, den die Fach- abteilung nun gemeinsam mit der IT formuliert, werden die Ziele klar definiert, operative Probleme berücksichtigt und auch Risikofaktoren genannt. So wissen beide Seiten, was genau erwartet wird. „Einfach war das nicht“, sagt Hilgenberg, „aber dadurch werden die Erwartungen in feste Bahnen gelenkt.“ Später müssen die Kunden der IT ein Pflichtenheft vorlegen, das klare Zeitziele vorschreibt. Auch das erspare dem IT-Team viele mühsame Diskussionen über Schuldfragen.

Motto: sehen, staunen, kaufen

Zusätzlich entlastet diese Art der Projektplanung den IT-Etat bei Sinn Leffers stark. „Die Kosten für die Projektplanung waren wegen der sehr uneffizienten Konzeption vorher fast doppelt so hoch“, stellt Hilgenberg fest. Besprechungen mussten immer wieder geführt werden, während heute beide Seiten besser vorbereitet in die Abstimmungsrunden kommen. Die intensive Kommunikation hat bei dem Unternehmen mit seinen 4500 Mitarbeitern dazu geführt, dass die IT „nicht mehr als Verhinderer, sondern eben als Enabler wahrgenommen wird.“ Ohnehin sei das persönliche Gespräch das beste Instrument in Sachen IT-Marketing, sagt Hilgenberg. Als sehr effektiv hat sich die Erstellung eines „FAQ“-Katalogs für die häufigsten Anwenderprobleme erwiesen. So können die Mitarbeiter einfache Handling-Probleme selbst beheben.

Aber auch klassische Marketing-Methoden werden bei Sinn Leffers angewandt. Kontinuierliche Informationen per Intranet und Mitarbeiterzeitschrift sind mittlerweile Standard. Zusätzlich wurde vor kurzem eine Projektzeitschrift fertig gestellt, die alle über die Leistungen der IT-Abteilungen informiert. „Sehen, staunen, kaufen“ sei hier das Motto, so Hilgenberg. Ein Service-Level-Agreement (SLA), in dem Leistungen und Kosten der IT exakt festgeschrieben sind, existiert noch nicht, ist aber in Vorbereitung. Damit würde die IT dann vollends als effizienzorientierter Dienstleister wahrgenommen.

Hausmesse für die IT

Diese Phase haben die IT-Kollegen von Henkel hinter sich. Dort zählen SLAs zu den grundlegenden Instrumentarien der internen Kommunikation. „Eigentlich handelt es sich dabei um Erwartungshaltungs-Management“, sagt Ulrich Mohr, Leiter Service Delivery Management. Zu seinen Aufgabe zählt neben dem Einkauf von externen IT-Dienstleistungen die Zusammenführung der IT-Komponenten und eben die interne Vermarktung der IT selbst.

Durch SLAs wissen die wie Kunden behandelten Fachabteilungen schon vor der ersten Projektbesprechung, mit welchen Kosten zu rechnen ist, welche Leistungen darin enthalten sind und – „ganz wichtig – was es dabei nicht gibt“, stellt Mohr klar. Zu finden sind die SLAs in den jährlich aktualisierten Produktkatalogen. Doch die stellen nur die Basis für die Marketing-Instrumente der IT dar. „Wir gehen mehrdimensional vor; dadurch erreichen wir mehr Kunden, die wir von unseren Leistungen überzeugen können“, so Mohr.

Zusätzlich setzt er auf ein zielgruppenorientiertes Marketing: Jedes Jahr führt die IT-Abteilung so genannte Hausmessen durch, zu denen die achtzig bis hundert IT-Leiter der einzelnen Fachabteilungen eingeladen werden. „Dort präsentieren wir neue Produkte, Themen und Entwicklungen in der IT“, beschreibt Mohr die Veranstaltung. Auf Themenständen werden Systemlösungen vorgestellt, die der IT-Strategie des Unternehmens entsprechen. Da auch einige Vorstände vorbeischauen, ist klar, dass das Thema auch in der obersten Führungsebene ankommt.

Täglicher IT-Service-Check

Die wird auch auf andere Weise mit der IT konfrontiert: durch das Customer-Satisfaction-Programm. Täglich verschickt Mohrs Abteilung an 3000 der insgesamt rund 60000 in Deutschland arbeitenden Henkel-Mitarbeiter eine Mail: „Wie waren Sie mit Ihrem letzten PC-Arbeitstag und den IT-Dienstleistungen zufrieden?“, werden die Angestellten samt Vorständen gefragt, sobald sie ihren PC einschalten. Fällt bei der automatisierten Filterung der negativen Rückmeldungen auf, dass sich die Klagen in bestimmten Bereichen häufen, kümmert sich ein Mitarbeiter der Service-Delivery-Management-Abteilung darum. „Falls ein einzelner Anwender wiederholt unzufrieden ist, sprechen wir ihn natürlich direkt an“, sagt Mohr.

Auswertungen ergaben, dass bei jeder zweiten Kritik der Fehler nicht in der IT-Abteilung zu finden war. Häufig traten Probleme auf, weil Mitarbeiter mit einer neuen Software konfrontiert, aber aus Kostengründen nicht ausreichend geschult worden waren. „Diese Schwierigkeiten werden natürlich zunächst der IT angelastet“, weiß Mohr. In Gesprächen – auch mit den jeweiligen Führungskräften – könne dieser Konflikt schnell beseitigt werden. „Ein genauerer Check der Negativmeldungen wäre wünschenswert, würde aber den Kostenrahmen sprengen“, ist Mohr sicher. Schon jetzt veranschlagt er für den Service ein Mitarbeiterjahr. Weitere Kapazitäten würden unweigerlich zu höheren Dienstleistungskosten führen, „und dann wäre das nicht mehr wirtschaftlich“.

Angesichts der Verbesserung des IT-Images bei Henkel zählt Mohr zu den Verfechtern eines internen Marketings. „Durch den engen Dialog mit den Kunden können wir wettbewerbsfähige Dienstleistungen anbieten.“