Nichts für Introvertierte

Über das Führen virtueller Teams

03.08.2018 von Prof. Dr. Sebastian Reiche
Virtuelle Teams zu leiten stellt Manager vor völlig neue Herausforderungen. Wie Chefs mit ihren virtuellen Teams die bestmöglichen Ergebnisse erzielen können, dazu zehn Tipps.
Das Zusammenstellen internationaler Teams erfordert viel Fingerspitzengefühl.
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Tipp 1: Bleiben Sie erreichbar
Virtuelle Arbeit kann schnell zu einer einsamen Angelegenheit werden. Ihre Teammitglieder sollten sich nie "weitab vom Zentrum des Geschehens" fühlen. Bleiben Sie in regelmäßigem Kontakt, sprechen Sie dabei nicht nur über aktuelle Projekte, sondern auch über andere Themen.

Tipp 2: Organisieren Sie regelmäßige Treffen mit einzelnen Mitarbeitern sowie dem gesamten Team Zum einen virtuell, und nutzen Sie dabei die heutigen technischen Möglichkeiten wie Videokonferenzen, soziale Medien oder Skype. Zum anderen persönlich - und zwar mindestens ein- bis zweimal pro Jahr. Selbst wenn Ihr Unternehmen Kosten reduzieren will, ist dies doch gut investiertes Geld.

Tipp 3: Fördern Sie den informellen Austausch
Menschen sind soziale Wesen und tendieren dazu, das Schlimmste anzunehmen, wenn sie nicht wissen, was die anderen gerade tun oder denken. Um das Vertrauen zwischen den Teammitgliedern zu fördern, sollten Sie sie dazu ermuntern, ihre Empfindungen, Gedanken, Frustrationen, Hoffnungen und Visionen zu teilen. Jeder sollte sich wohlfühlen, wenn er mit den anderen über den eigenen Arbeitsalltag spricht.

Tipp 4: Rotation hilft
Um persönliche Vorbehalte im Team abzubauen, können Sie Mitarbeiter immer wieder für kurze Zeit an einem anderen Standort arbeiten lassen. Wenn dies physisch nicht möglich ist, gibt es sicherlich virtuelle Alternativen - beispielsweise fördern auch regelmäßige Telefonkonferenzen den informellen Austausch.

Kompetenz
Virtuelle Teams: Beziehungspflege
Von Projekt Beginn an sollten intensive "Kennenlern-Komponenten" eingeplant werden. Teammitglieder müssen die Möglichkeit erhalten, emotionale Verbindungen zu den Kollegen herzustellen. Es ist wichtig, dass Mitglieder für das geschätzt werden, was sie sind und nicht für das, was sie tun. Idealerweise geschieht das über ein Face-to-face Kick-off-Meeting. Falls das nicht möglich ist, wäre eine virtuelle Vorstellungsrunde etwa in Wikis oder per Videokonferenz angebracht. Dabei könnten Mitglieder beispielsweise ihre Interessen, Ziele und Visionen sowie persönliche Bilder untereinander austauschen.
Interkulturelle und virtuelle Teams führen
Fünf Tipps von der Expertin Carolin Schäfer, damit internationale Projektarbeit in virtuellen Teams zum Erfolg wird.
Virtuelle Teams: Klare Ziele
Es zahlt sich aus, zu Anfang genügend Zeit in die Klarstellung des Teamzwecks, der Rollenverteilung im Team und den Verantwortlichkeiten zu investieren. Aufgrund der Distanz bestehen schon ausreichend Unsicherheiten, die nicht noch zusätzlich mit Verwirrung und Ungewissheit angereichert werden sollten. Klare Ziele und Aufgaben, einschließlich der Festlegung von wem, bis wann und in welcher Art diese zu erfüllen sind, schaffen Fokus und Klarheit für alle Teammitglieder.
Virtuelle Teams: Berechenbarkeit
Unmodern, aber nicht wegzudenken: Ein klarer Ablauf und Berechenbarkeit der Teammitglieder sind kritische Erfolgsfaktoren für virtuelle Teams. Ungewissheit erzeugt Zweifel, Angst und Rückzug. Das Resultat ist ein demotiviertes und unproduktives Team. Der Nutzen von einheitlichen Team Tools, Vorlagen, definierte Prozesse oder festgelegte Kommunikationszeiten tragen zu einem klaren Ablauf und somit zu Berechenbarkeit bei. Teamleiter sollten leicht erreichbar sein sowie den Dreh- und Angelpunkt im Team darstellen.
Virtuelle Teams: Ablaufvereinbarungen
Operationale Ablaufvereinbarungen legen Methodik und Prozesse der Teamarbeit fest und sollten zu Beginn des Projektes gemeinsam definiert werden. Ablaufvereinbarungen bedarf es in der Regel für Planungsprozesse, Entscheidungsfindung, Kommunikation und Koordination. Während virtueller Team-Meetings sollte der Teamleiter sich immer wieder Zeit nehmen zu prüfen, ob und wie gut die Ablaufvereinbarungen gelebt werden.
Virtuelle Teams: Aufmerksamkeit
Was bei Face-to-face-Teams selbstverständlich ist und in Kaffeeecken oder auf dem Flur vor dem Meeting informell passiert, sollten Manager von virtuellen Teams explizit einplanen, nämlich dass sie einzelne Teammitglieder auch außerhalb des offiziellen Meetings treffen. Jedes Mitglied sollte die Möglichkeit bekommen, mit dem Leiter persönliche Erfolge, Herausforderungen, Bedürfnisse und Wünsche zu besprechen. Die Distanz und die Technologien wecken leicht den Eindruck, dass Teammitglieder abstrakt und "ohne Gesicht" sind. Persönliche Aufmerksamkeit schafft Vertrauen, kostet wenig und bietet einen enormen Vorteil für jeden einzelnen im Team und letztlich für die gesamte Teamleistung.

Tipp 5: Wagen Sie kreatives Gruppen-Leadership
Organisieren Sie virtuelle Begegnungen -auch jenseits der Projekte, die in den Teams bearbeitet werden.

Tipp 6: Fairness bei Zeitzonen-Differenzen
Wenn Ihr Team über den ganzen Erdball verteilt ist, steht Ihnen nur ein kleines Zeitfenster zur Verfügung, um allen gleichzeitig die Teilnahme an gemeinsamen Konferenzen zu ermöglichen. Organisieren Sie diese regelmäßigen Meetings auf faire Art und Weise.

Tipp 7: Fördern Sie interkulturelle Sensibilität
Kulturelle Kompetenz spielt in Teams, deren Mitarbeiter in unterschiedlichen Erdteilen stationiert sind, eine noch größere Rolle als im persönlichen Kontakt innerhalb eines Unternehmens. Das bedeutet: Sie müssen Ihren Mitarbeitern klarmachen, wie wichtig interkulturelle Sensibilität ist, und Ihnen dazu auch entsprechende Trainings anbieten.

Tipp 8: Investieren Sie in die Offenheit bestehender Teams
Sollten Sie ein starkes, gut eingearbeitetes Team "erben", so seien Sie darauf vorbereitet, dass es hohe Barrieren aufbaut, sobald es innerhalb eines virtuellen Gesamtkontextes mit "fremden" Teameinheiten zusammenarbeiten soll. Jedes virtuelle Team hat eine eigene Arbeitsdynamik und teilt ungern sein Wissen. Auch werden Außenstehende oft nicht vorurteilsfrei betrachtet.

Bei bestehenden Teams bieten sich Ihnen zwei mögliche Ansätze: Entweder Sie investieren in die Entwicklung von pro-aktivem Verhalten gegenüber neuen Teams, oder Sie rekrutieren an jedem Standort einen neuen Mitarbeiter und beginnen wieder bei null.

Tipp 9: Suchen Sie beim Recruiting nach Gemeinsamkeiten
Wenn Sie ein neues virtuelles Team zusammenstellen, sollten Sie auf jeden Fall Mitarbeiter mit internationaler Erfahrung auswählen. Achten Sie darüber hinaus darauf, dass es weitere gemeinsame Bezugspunkte gibt - etwa ähnliche Ausbildungen oder auch vergleichbare Projekte, an denen Bewerber gearbeitet haben. Idealerweise besteht in dem Team beides: eine gewisse Vielfalt neben reichlich Anknüpfungspunkten. Dies sind die besten Voraussetzungen für Vertrauensbildung und eine leichte Kontaktaufnahme.

Tipp 10: Managen Sie die unterschiedlichen Erwartungshaltungen
Wie motivieren Sie ihr Team? Was geschieht, wenn Ihr Team gut arbeitet? Viele sehen die Arbeit im virtuellen Team schon per se als eine Bereicherung ihrer beruflichen Laufbahn. Allerdings erwarten Mitarbeiter unter Umständen auch, dass sie damit einen Grundstein für eine internationale Karriere legen - dass sie beispielsweise irgendwann ins Headquarter berufen werden. Solche Punkte sollten Sie vorab klären - vor allem in Übereinstimmung mit der Personalabteilung. Sie sollten von Anfang an wissen, was Sie ihren Mitarbeitern anbieten können.

Professor Dr. Sebastian Reiche lehrt "Managing People in Organizations" in den deutschen Executive-Education-Programmen der internationalen IESE Business School (München/Barcelona). Im aktuellen Financial Times Executive Education Ranking steht IESE weltweit auf Platz zwei.