Unternehmenskultur

Über "vergiftete" und "lachende" Unternehmen

11.09.2018 von Anne M. Schüller
Der Wettbewerb der Zukunft wird über die Unternehmenskultur geführt. Sie prägt den Charakter einer Organisation, bestimmt Handlungsweisen und gestaltet interne Prozesse. Dabei gibt es "vergiftete" und "lachende" Unternehmen.

In "vergifteten" Organisationen, ein Begriff, den der Wirtschaftspsychologe Daniel Goleman prägte, werden in großem Stil Ressourcen und Talente verschwendet. Dort gibt es eine beklemmende Atmosphäre mit strengen Vorschriften, scharfen Kontrollen, Dauerdruck und harscher Kritik. Alles ist überschattet von Angst, dem größten Erfolgskiller schlechthin.

Dort werden Menschen gekränkt und erniedrigt. Sündenböcke und Bauernopfer werden gesucht. Energie wird in aggressive Bahnen geleitet. Egoistische Ziele werden verfolgt. Auf den Gängen wird miese Laune verbreitet und die Gerüchteküche beheizt. Fehler werden vertuscht oder unter den Teppich gekehrt.

In einem solchen Klima können keine großen Sprünge gelingen. Denn eine düstere Wolke legt sich über alles, sobald man das Unternehmen betritt. Die Gesamtmotivation ist niedrig. Intrigen, Geheimniskrämerei, Günstlingswirtschaft, Opportunismus und Willkür grassieren. All das macht die Leute ganz krank. Doch mit kranken Mitarbeitern lässt sich kein gesundes Unternehmen aufbauen. Und mit unglücklichen Mitarbeitern kann man keine glücklichen Kunden gewinnen.

Gute Laune begünstigt kreative Erfolge

Lachende Unternehmen verfolgen Gewinner-Strategien. Deren Mitarbeiter sind lebensfroh, kerngesund, motiviert und bereit, sich für das Unternehmen mächtig ins Zeug zu legen. In lachenden Unternehmen herrscht Spaßgesumme, ein Treibhausklima für Glanzleistungen und ein Biotop für gute Ideen. Lachende Unternehmen ziehen die Besten wie magisch an. Sie legen damit eine perfekte Basis für Top-Performance und wirtschaftlichen Erfolg.

So sehen Gewinner aus.
Foto: Dean Drobot - shutterstock.com

In Unternehmen mit einer positiven Unternehmenskultur kaufen die Kunden zunehmend gern. Und sie erzählen der ganzen Welt von ihrem Glück. Warum das so ist? In lachenden Unternehmen wird die zur Verfügung stehende Energie konstruktiv und nicht destruktiv verwendet. Der Blick der gesamten Organisation ist nach außen, also auf den Markt und die Kunden gerichtet, denn aus dem Unternehmensinneren droht kein Ungemach.

Gute Stimmung fördert die Gesamtproduktivität, die Innovationskraft und den Leistungswillen. Die Krankheitstage sinken. Die Fehlerhäufigkeit lässt nach. Die Mitarbeiter bleiben dem Betrieb länger treu, so dass weniger Kosten für die schwierige Suche nach neuen, guten Bewerbern entstehen und wertvolles Knowhow im Unternehmen verbleibt. Positive Geschichten dringen nach draußen. Das stärkt den Ruf des Unternehmens und zieht Talente wie magisch an.

Arbeit muss Spaß machen, um gut zu werden

Es ist ein immer noch weit verbreiteter gefährlicher Irrtum, zu glauben, dass Spaß und Arbeit nicht zusammenpassen. Genau das Gegenteil ist nämlich der Fall: Arbeit muss Spaß machen, um gut zu werden. Kreativität, die Schlüsselressource der Zukunft, ist wie eine launige Diva, die die richtigen Umstände braucht: Heiterkeit, Austausch und angstfreie Räume gehören dazu. Deshalb wird in florierenden Start-ups auch so viel Wert auf ein Wohlfühlklima gelegt.

"Lachende" und "vergiftete" Unternehmen.
Foto: Anne M. Schüller

Was uns Spaß macht, dafür setzen wir uns ein, das fällt uns leicht, das machen wir gerne und gut. Einen der besten Hinweise darauf, wie gesund eine Firma ist, liefert das dort herrschende Maß an Humor: das gemeinsame Lachen vor und hinter den Kulissen, mit den Kunden, auf den Gängen, in der Küche - und auch in Meetings. Denn nur, wem es gut geht, der hat auch was zu lachen.

Lachende Unternehmen sind Hochleistungsorganisationen. Die Mitarbeiter dort sind im Wollen-Modus und nicht im Machen-Müssen. So entsteht ein wettbewerbsüberflügelndes Performance-Niveau mit vielen guten Ideen – erbracht von Siegertypen, die stolz auf ihre Spitzenergebnisse sein können und sind. Eine lachende Unternehmenskultur entspringt somit keinem sozialromantischen Kuschelkurs, sondern einem rationalen betriebswirtschaftlichen Kalkül: Unter dem Strich klingelt die Kasse.

Wie man zu einem "lachenden" Unternehmen wird

Gerade für kundennahe Mitarbeiter ist es wichtig, in einem lachenden Unternehmen zu arbeiten, denn sie sind Stimme und Gesicht des Unternehmens nach draußen. Menschen mit unzerstörbar guter Laune sind somit ein Glücksfall in jedem Team. Denn gute Laune ist ansteckend. So gilt es, bereits im Einstellungsgespräch Ausschau nach Optimisten zu halten und nicht nur das Können, sondern auch das Wollen abzuklopfen. Dies erkennt man zum Beispiel an der Antwort auf folgende Frage:

• Wer ist eigentlich verantwortlich dafür, dass Sie Freude an der Arbeit haben?

Grundsätzlich gilt allerdings: Die Stimmung im Unternehmen breitet sich von oben nach unten aus. So vervielfältigt sich das Verhalten der Führungscrew durch ihr Tun - im Positiven und im Negativen. Mit solchen Fragen kann sich eine Führungskraft den Ursachen schlechter Stimmung nähern:

• Ich habe den Eindruck, dass im Moment schlechte Stimmung herrscht. Woran liegt das aus Ihrer Sicht? Gibt es konkrete Gründe, auch von meiner Seite?

• Ich habe das Gefühl, wir treten hier auf der Stelle. Irgendwie ist die Luft raus. Was muss passieren, dass wieder die Post abgeht? Und was kann ich dazu tun?

Zeitnahes Feedback ist für Stimmung und Erfolg überaus wichtig. Zudem sollte eine Führungskraft wissen: Menschen verstärken Verhalten, für dass sie Aufmerksamkeit, Anerkennung und Wertschätzung erlangen. Wer das nicht geben kann oder will, wird konstatieren, dass es in seinem Bereich bald keine anerkennenswerten Leistungen mehr gibt.

Alle am Betriebsklima mitarbeiten lassen

Jeder ist auf seine Weise mitverantwortlich für Betriebsklima und Unternehmenskultur. Mit allem, was wir tun oder auch lassen, wirken wir darauf ein. Organisationale Netzwerke sind lebendige Organismen. Drückt oder zieht man an einer Stelle, bewegt sich das gesamte System. Jeder muss also mitarbeiten, wenn es um Klima-Verbesserungsmaßnahmen geht.

Hierzu schlage ich folgendes Vorgehen vor: Zeichnen Sie eine Skala von null bis zehn, wobei zehn die Höchstnote ist. Wählen Sie ein typisches Kriterium aus dem vergifteten oder eines aus dem lachenden Bereich. Dann lassen Sie jeden einzelnen Mitarbeiter anonym markieren, bei welcher Zahl aus seiner Sicht die Abteilung als Ganzes gerade steht. Anschließend kommt die entscheidende Frage, die ein gemeinsames Arbeiten auslöst:

• Was können wir tun, damit sich dieser Wert bis zu einem Zeitpunkt x um einen Skalenpunkt verbessert?

Skalen können einen gefühlten Zustand sehr gut sichtbar machen, ohne dass er lang und breit erklärt werden muss. Außerdem lassen sich Verallgemeinerungen und Pauschalaussagen auf diese Weise relativieren: Statt eines kategorischen Gut oder Schlecht werden Grauzonen deutlich. Schließlich können Verbesserungen in kleinen, machbaren Schritten eingeleitet werden.