Die IT-Gehälter entwickeln sich in der derzeitigen Wirtschaftskrise teils überraschend. Das beständige Wachstum der Extra-Zahlungen seit Mitte 2004 ist laut dem "IT Skills and Certifications Pay Index" des US-Marktforschungsunternehmens Foote Partners LLC spürbar eingebrochen. Doch Experten mit bestimmten Kenntnissen können trotzdem spürbar mehr Geld einstreichen. Das gilt zumindest für die USA und Kanada. Für den vierteljährlich erscheinenden Index hat Foote Partners mehr als 20.000 IT-Fachkräfte befragt.
Der durchschnittliche Marktwert der untersuchten 179 nicht-zertifizierten IT-Fertigkeiten sank demnach im vierten Quartal 2008 um 0,5 Prozent gegenüber den vorherigen drei Monaten. Doch es gibt Ausnahmen: Wer über besondere Kenntnisse in den Bereichen Management/Methoden/Prozesse verfügt, konnte 5,6 Prozent mehr einstreichen. Spezialkenntnisse rund um Datenbanken waren 2,9 Prozent mehr wert, Wissen über Kommunikation um 2,8 Prozent.
Das durchschnittliche Entgelt für 175 im Index aufgeführte IT-Zertifikate sank um ein Prozent und setzte damit seinen Abstieg fort, der schon 2006 begonnen hat. Auch bei den zertifizierbaren IT-Fertigkeiten gibt es Ausnahmen: Wer mit einer Urkunde belegen kann, dass er sich in Architektur oder Projektmanagement auskennt, bekam 3,1 Prozent mehr, ausgewiesene Experten für Sicherheitsthemen 0,8 und Netzwerk-Fachleute 1,1 Prozent mehr.
Dass sich die wirtschaftliche Entwicklung in den Zahlungen für IT-Qualifikationen niederschlägt, ist David Foote, CEO von Foote Partners zufolge zwangsläufig und nichts Ungewöhnliches. "Was allerdings dieses mal auffällt, ist der gegenläufige Trend für Architektur-, Methoden- und Prozesswissen. So etwas gab es noch nie", sagt Foote.
Die Entwicklung ist für ihn ein positives Signal. Obwohl die Zeichen derzeit überall auf Kostensenkungen stünden, führe der dringende Bedarf an Fachleuten auf diesen Feldern auch zu einer besseren Bezahlung. Das IT-Management lasse sich in diesen Bereichen nicht mehr zu relfexartigen Budget-Kürzungen und Kündigungen hinreißen, ohne die Folgen zu bedenken.
ITIL und CoBIT sind strategisch wichtig
"In der Vergangenheit haben die Arbeitgeber hier große Fehler gemacht", betont Foote. Viele hätten sich im Trubel um kurzfristige Kürzungen verkalkuliert und seien später von ihren unbedachten Sparmaßnahmen eingeholt worden. Mittlerweile hätten die meisten erkannt, dass sie durch strategische Investitionen gestärkt aus einer Krise hervorgehen könnten.
Mehr Prozesseffizienz durch mehr Automatisierung sei derzeit eine häufig verfolgte Strategie. Im Index von Foote Partners zeigt sich das am deutlichen Anstieg der Zahlungen für Kenntnisse in ITIL oder CoBIT. Wissen um diese Standards ist den Autoren zufolge sowohl für kurzfristige Kostensenkungs-Vorhaben wichtig als auch für längerfristige Projekte.
Mehr Mergers erfordern Architektur- und Projektmanagement-Wissen
Dass Expertise in IT-Architektur und Projektmanagement zurzeit besonders gefragt und gut bezahlt sei, ist den Foote-Analysten zufolge ebenfalls eine Folge der Wirtschaftskrise. Viele Firmen gehen demnach davon aus, dass es infolge der Flaute zu mehr Übernahmen und Zusammenschlüssen kommen wird, die viel an Integrationsarbeit notwendig machen.
In den Index von Foote Partners eingeflossen sind die Angaben von 22.550 IT-Mitarbeitern aus fast 2.000 Firmen aus mehr als 30 Branchen in den USA und Kanada. Abgefragt wurden die Gehälter und Sonderzahlungen für bestimmte Qualifikationen in der Informationstechnologie - insgesamt 354 Fertigkeiten.
Der Index hat sich gegenüber dem vorigen Quartal stark verändert. Keine der 175 IT-Kenntnisse mit Zertifikat sowie der 179 nicht-zertifizierten Fertigkeiten blieb in ihrem Wert gleich.
SAP-Kenntnisse schlechter bezahlt
Mit den stärksten Einbußen an Sonderzahlungen für nicht-zertifiziertes IT-Wissen mussten im Untersuchungszeitraum IT-Fachleute leben, die auf Werkzeuge für die Anwendungsentwicklung oder Programmiersprachen spezialisiert sind. Sie kamen durchschnittlich auf Verluste von 1,9 Prozent. Den zweithöchsten Einbruch hatten mit 1,7 Prozent Experten für SAP und andere Unternehmensanwendungen zu verzeichnen. An dritter Stelle bei den Einbrüchen stehen Kenntnisse rund um Betriebssysteme, die im vierten Quartal 2008 um 1,6 Prozent an Wert abnahmen.
Der Index von Foote Partners zeigt nicht nur die Kategorien auf, in denen IT-Fachleute mehr oder weniger verdienen konnten, er schlüsselt die Angaben auch detailliert auf. So konnten den stärksten Bonus-Anstieg für ihre Spezialkenntnisse die Mitarbeiter verbuchen, die sich mit NetWeaver-Portalen auskennen. Um stolze 28,6 Prozent stiegen ihre Zulagen. Wer sich bei PHP oder Apple OSX, Tiger und Leopard zuhause fühlt, konnte sich immerhin noch über Zuwächse von 16,7 Prozent freuen.
ATM-Experten als Verlierer
Als größte Verlierer müssen Experten für die Datenübertragungs-Technik ATM gelten. Sie verloren 32 Prozent gegenüber dem dritten Quartal des letzten Jahres. Um 30 Prozent ging der Wert von Kenntnissen in Novell Netware zurück, um 28,6 Prozent der von Erfahrung mit Visual J++.
Bei den Skill-Kategorien, für die es Zertifikate gibt, erwiesen sich die Web-Entwickler als größte Verlierer. Sie mussten mit 16,3 Prozent weniger für ihre Spezialkenntnisse auskommen. Anwendungsentwickler wurden mit 5,3 Prozent weniger abgespeist, Datenbank-Fachleute mit Zertifikat bekamen drei Prozent weniger. Bemerkenswert: Nicht-zertifizierte Datenbank-Kenntnisse wurden, wie bereits erwähnt, im letzten Quartal mit knapp drei Prozent mehr Geld honoriert.
Nach spezielleren Einzelkenntnissen aufgeschlüsselt erwies sich Wissen um Comp TIA Security und das Zertifikat für GIAC Security Essentials (GSEC) als am lukrativsten. Wer im Besitz dieser Bescheinigungen ist, durfte sich über 46,7 Prozent mehr an Boni für sein Fachwissen freuen. Ein Brocade Certified SAN(Fabric) Designer bekam 42,9 Prozent mehr.
SAS-Programmierer müssen mit Einbußen leben
Finanziell abwärts ging es hingegen für Experten, die mit Zertifikaten in Prosoft Master CIW Designer aufwarteten, sich als Microsoft Certified Desktop Support Technician oder SAS Certified Base Programmer profilieren wollten. Alle drei Gruppen wurden für ihr Spezialwissen mit jeweils 40 Prozent weniger abgespeist.