Der deutsche IT-Services-Markt ist im vergangenen Jahr erstmals wieder leicht gewachsen. "Dieser Trend kommt jedoch nur durch das deutliche Plus im Outsourcing-Geschäft zustande“, sagt PAC-Berater Karsten Leclerque. In 2004 wuchs dieser Markt erneut um neun Prozent. Das Projektgeschäft lief dagegen weiterhin mau. Hier gab es ein Minus von drei Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Die zehn größten Anbieter von IT-Services (inkl. nicht-kaptives Outsourcing und Projektgeschäft) vereinigten im vergangenen Jahr in Deutschland rund 44 Prozent des Gesamtmarktes auf sich. Im Outsourcing-Markt kommen die Top Ten der Anbieter sogar auf einen Anteil von 57 Prozent. Das liegt nach Ansicht von Leclerque daran, dass im Outsourcing-Geschäft Größe von entscheidender Bedeutung ist. "Dabei sind Skaleneffekte wichtig für die eigene Ertragsmarge.“
Am aggressivsten unter den größeren Anbietern ist im vergangenen Jahr die Dienstleistungssparte von HP (TSG) aufgetreten. Durch die Übernahme der IT-Tochter von Thyssen-Krupp überholte das Unternehmen im vergangenen Jahr erstmals EDS und erreicht nun Platz vier auf dem deutschen IT-Dienstleistungsmarkt. Eine andere Strategie fuhr dagegen IBM Services. Der Konzern legte seinen Fokus auf die Erweiterung der bestehenden Bestandskunden. Die Konsequenz: "IBM hat im vergangenen Jahr gerade noch einen der zehn größten deutschen Outsourcing-Verträge gewonnen“, so PAC-Berater Leclerque. Trotzdem sei das Wachstum des Konzerns beachtlich gewesen.
Das Beispiel HP zeigt: sicher ist keine Position in der Rangliste der größten IT-Services-Anbieter in Deutschland. Mit Strategien wie Portfolio-Ausweitungen oder Zukäufen hoffen jedoch auch die großen Anbieter auf mehr Wachstum in diesem Jahr. Die folgende Marktübersicht gibt einen Überblick über die Pläne der fünf größten IT-Dienstleister.
1. IBM (Marktanteil: elf Prozent)
Der Kampf um die Krone im IT-Services-Geschäft bleibt spannend. Nach PAC-Analysen lag IBM im Dienstleistungsgeschäft inklusive des nicht-kaptiven Outsourcings und Projektgeschäfts an der Spitze. Doch der Druck steigt.
Ausgerechnet im wachstumsstarken Outsourcing-Geschäft liegt IBM deutlich hinter Marktführer T-Systems. Und im vergangenen Jahr konnte der US-Konzern in diesem Bereich auch nicht richtig punkten. Nur einer der zehn größten deutschen Outsourcing-Deals ging nach PAC-Angaben an IBM.
Das soll sich in diesem Jahr ändern, zumindest wenn es nach dem Willen von Rudolf Bauer, General Manager Global Services Central Region bei IBM, geht. Auf einer Einschränkung besteht jedoch das Mitglied der deutschen IBM-Geschäftsführung: "Das Geschäft muss rentabel sein und zu uns passen.“ Für den IT-Services-Markt bleibt der Konzern auch in diesem Jahr optimistisch. "Seit dem E-Business-Boom wurden Investitionen in die Erneuerung der Infrastruktur zurückgestellt. Dieser Knoten muss ja mal platzen“, hofft Bauer.
Größeres Wachstum erwartet der Konzern in Deutschland durch sein On-Demand-Konzept und Business Process Outsourcing. Stärke will die Firma nach den Willen von Bauer auch weiterhin bei der Konsolidierung von Rechenzentren und bei Angeboten zur Prozessverbesserung beweisen. Hinzu kommt nach Analystenmeinungen noch der Bereich Desktop-Services.
Der Fokus von IBM liegt auch weiterhin auf internationalen Großkonzernen. Allerdings ist das Unternehmen bei der Integration der früheren Rheinmetall-IT-Tochter gut vorangekommen. Das jetzt unter IBM Mittelstand Services (IMS) firmierende Unternehmen hat dem Konzern den deutschen Mittelstand erschlossen. Hier will IBM nun im Rüstungs- und Autosektor deutlich zulegen. Bei den Großkunden ist der Konzern vor allem auf die Fertigungsindustrie und Finanzdienstleistungen ausgerichtet. Durch weitere Outsourcing-Verträge erhofft sich das Unternehmen bessere Margen durch stärkere Skaleneffekte.
2. T-Systems (Marktanteil: zehn Prozent)
Klarer Marktführer im deutschen Outsourcing-Markt bleibt die Telekom-Tochter. Im gesamten IT-Services-Markt (inklusive nicht-kaptives Outsourcing und Projektgeschäft) kommt das Unternehmen nach PAC-Analysen nur auf Platz zwei. Eine der Ursachen dafür liegt in der starken Abhängigkeit von den Aufträgen der Konzernmutter. Nach Schätzungen des Marktforscher Ovum liegt deren Anteil am gesamten Auftragsvolumen bei 40 Prozent.
Durch die Neuorganisation der Konzernstruktur gewinnt T-Systems jedoch deutlich an Bedeutung. So betreut die Firma künftig alle Mittelstandskunden der bisherigen Festnetz-Sparte T-Com. Das ermöglicht dem Anbieter Zugriff auf insgesamt 160.000 mittelständische Kunden. "Wir sind zurzeit stark bei IT-Services für Großunternehmen und bei Telekommunikationsleistungen für den Mittelstand", sagt Kamyar Niroumand, Chief Sales & Service Officer Enterprise Services bei T-Systems: "Künftig wollen wir Konzernen verstärkt auch TK und dem Mittelstand IT anbieten."
Das stärkste Wachstum erwartet sich die Telekom-Tochter auch weiterhin beim Outsourcing. Deutlich zulegen sollen hier Desktop-Services. Als Kernkompetenzen sieht das Unternehmen außerdem sein On-Demand-Angebot, Grid und Application Computing, sowie den BPO-Bereich. Hier sei T-Systems besonders bei Prozessen für Human Ressources und Billing aktiv, so Niroumand.
Der Telekomsektor bleibt auch weiterhin die wichtigste Kundengruppe für den Dienstleister. Darüber hinaus ist das Unternehmen auf die Fertigungsbranche, den öffentlichen Sektor und die Autoindustrie fokussiert. In jüngster Zeit adressiert T-Systems stärker den Finanzsektor. Vor allem im Transaction Banking will das Unternehmen hier Marktanteile gewinnen.
Für das laufende Geschäftsjahr sieht Niroumand keine lukrativen Übernahmekandidaten bei deutschen IT-GmbHs. Allerdings verweist er auf Outsourcing-Verträge, die in Einzelfällen mit der Übernahme von IT-Töchtern einhergehen können - wie beim Beispiel Vorwerk.
3. SBS (Marktanteil: sechs Prozent)
Siemens Business Services ist der Inbegriff einer deutschen IT-GmbH. Seit ihrer Ausgliederung 1995 hat sich die Siemens-Tochter recht erfolgreich entwickelt. Rund 15.000 Mitarbeiter (inklusive Sinitec) erwirtschafteten im vergangenen Jahr in Deutschland einen Umsatz von knapp 2,3 Milliarden Euro. Knapp 80 Prozent des Weltumsatzes wurden 2004 mit externen Kunden gemacht.
Trotz des vergangenen, recht erfolgreichen Geschäftsjahres befindet sich SBS im Umbruch. Noch ist nicht entschieden, ob Siemens seine Tochter an ein anderes Unternehmen verkauft. In der Zwischenzeit bemüht sich Deutschland-Chef Ulrich Assmann, das Unternehmen besser zu positionieren. "Unsere Kapazitäten bei den produktnahen Services passen nicht mehr in diesem Umfang zu unserem Profil“, begründet der Manager den Personalabbau in diesem Bereich. Durch den Verkauf von Sinitec verabschiedete sich der Dienstleister zudem aus dem Geschäft mit Wartungsleistungen für Hardware. "Wir werden diese Services auf Wunsch auch weiterhin anbieten, die entsprechenden Ressourcen jedoch extern zukaufen“, so Assmann.
Die Zukunftsvision läuft auch bei SBS auf ein stärkeres Outsourcing-Geschäft hinaus. In Angeboten zu ITO, BPO und Shared Services liegen nach Analystenmeinung bei der Siemens-Tochter die Kernkompetenzen. Auch im Application Management will das Unternehmen zulegen. Die klassische Zielgruppe des Dienstleisters sind Firmen des gehobenen Mittelstands und Großunternehmen mit bis zu 20.000 Mitarbeitern. Dieses Segment wird für die Siemens-Tochter auch weiterhin die Hauptrolle in der strategischen Planung spielen. Eine gute Ergänzung in diesem Bereich war die Übernahme der RAG Informatik im Dezember 2004. Das Unternehmen hat neben seiner Konzernmutter, der RAG, vor allem mittelständische Kunden.
SBS sieht sich besonders gut aufgestellt bei Banken, in der Auto- und Fertigungsindustrie, sowie im öffentlichen Sektor. Die Firma habe im vergangenen Jahr sehr aggressiv auf dem Markt agiert, sagt PAC-Berater Leclerque. Dadurch konnte SBS einige neue Referenzen – vor allem im Umfeld Desktop Services gewinnen.
Die Übernahmen des vergangenen Jahres müssen nun erst einmal verdaut werden. Die Analysten erwarten deshalb von SBS in den nächsten Monaten keine weiteren Zukäufe.
4. HP Services (Marktanteil: fünf Prozent)
International gesehen, gehört die Servicesparte von HP (TSG) schon länger zu den großen Spielern im IT-Services-Markt. In Deutschland bewegte sich das Unternehmen in diesem Umfeld dagegen deutlich zurückhaltender. Das hat sich jedoch im vergangenen Jahr geändert. Mit einer Aggressivität, die viele Analysten überraschte, gewann HP zahlreiche Outsourcing-Deals und übernahm schließlich eine der lukrativsten IT-GmbHs im deutschsprachigen Raum, die Thyssen-Krupp-Tochter Triaton.
Durch den Kauf und verschiedene Outsourcing-Projekte stieg die Mitarbeiterzahl bei HP Services nach Analystenschätzungen auf knapp 6.500. Damit verdoppelte sich die Belegschaft innerhalb der vergangenen zwei Jahre.
Die Investitionen des vergangenen Jahres sollen sich nun bezahlt machen. Entsprechend hoch sind die Erwartungen. "Im Bereich Managed Services ("IT Outsourcing") wollen wir um etwa 20 Prozent und damit doppelt so schnell wie der Markt wachsen“, sagt Wolfram Fischer, Vice President der Technology Solutions Group. Die gleichen Vorgaben würden auch für die Application Services (Entwicklung, Wartung und Betrieb) gelten. Im Bereich Consulting & Integration sieht Fischer ein Umsatzplus bis zu sieben Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Für 2005 erwartet Fischer für technologische Dienstleistungen einen weiteren Preisverfall. Dagegen werde das Beratungsgeschäft von Trends wie IT Service Management oder ITIL (IT Infrastructure Library) profitieren können. Das Kernangebot von HP umfasse jedoch auch weiterhin Rechenzentrumskonsolidierungen, das Outsourcing der IT-Infrastruktur, ERP-Anwendungsentwicklung, inklusive Betrieb, sowie BPO und Shared Services.
Die TSG fokussiert sich in Deutschland auf den gehobenen Mittelstand mit internationaler Ausrichtung. Referenzkunden sind Heidelberger Druck und MLP. Diese Position wurde durch die Übernahme der Triaton deutlich verbessert. Stark vertreten ist HP nun in der Fertigungs- und Konsumgüterindustrie und in der Pharma – und Chemiebranche. Das deutlichste Wachstum erwartet Fischer in diesem Jahr jedoch bei Finanzdienstleistungen.
"In den nächsten acht bis zwölf Monaten planen wir auf dem deutschen Markt vorerst keine weiteren Übernahmen“, prognostiziert Fischer. "Zunächst müssen wir die Integration von Triaton abschließen“.
5. EDS (Marktanteil: drei Prozent)
Seit gut zwei Jahren befindet sich der Dienstleister, der nach eigenen Angaben vor etwa 40 Jahren das Outsourcing-Geschäft begründete, auf Schrumpfkurs. Mittlerweile beschäftigt das Unternehmen in Deutschland nur noch knapp 4.500 Mitarbeiter. Allerdings hat sich das Geschäft im vergangenen Jahr stabilisiert. "Das Image ist angekratzter als es das Unternehmen selbst ist,“ meint PAC-Berater Leclerque.
Nachdem HP Services im vergangenen Jahr an EDS vorbeigezogen ist, kann nun Hagen Rickmann, Portfolio & Consulting Executive, EMEA Central Region bei dem Dienstleister endlich wieder positive Zahlen verkünden. "2004 war für EDS das Jahr der Stabilisierung. Für 2005 erwarten wir ein deutliches Wachstum in Deutschland." Die Strategie des Dienstleisters sieht jedoch eine weitere Fokussierung vor. So prüft EDS aktuell den Verkauf der Beratungsfirma A.T. Kearney. Nach Analystenmeinung passt eine reine Management-Beratung strategisch nicht zu einer Firma, die sich auf das IT-Dienstleistungsgeschäft konzentrieren möchte.
Das Kernangebot von EDS umfasst Lösungen für BPO und Business Transformation Outsourcing. Wachsen möchte die Firma auch mit ihrer Agilitätsplattform. Dahinter verbirgt sich ein Hochstandardisierungsprozess für die IT.
Die klassische Klientel des Dienstleisters findet sich auch weiterhin im Mittelstand. Allerdings will EDS künftig stärker um Großunternehmen in Deutschland werben. Das Angebot der Firma zielt auf den Fertigungs- und Finanzbereich. Referenzkunden sind beispielsweise Continental und Sal. Oppenheim.
"In diesem Jahr wollen wir weiter organisch wachsen“, sagt Rickmann. Später seien dann auch Zukäufe in Deutschland möglich. "Interessante Ergänzungen zu unserem Portfolio sehen wir beispielsweise in der Fertigungsindustrie.“
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