Der Gesamtmarkt für IT-Dienstleistungen zeigte sich 2005 deutlich erholt. Sogar das kränkelnde Projektgeschäft, das in den vergangenen Jahren vor allem durch Schrumpfkuren auffiel, verbuchte ein Plus von mehr als drei Prozent. "Die Tagessätze in diesem Segment haben sich 2005 stabilisiert", sagt PAC-Berater Stephan Kaiser.
Deutlich zulegen konnte erneut der Outsourcing-Markt in Deutschland. Er wuchs um rund neun Prozent im Jahr 2005. "Ursprünglich hatten wir jedoch ein Plus im leicht zweistelligen Bereich erwartet", zeigt sich Kaiser dennoch etwas enttäuscht. Das habe vor allem daran gelegen, dass die wirklich großen Deals im vergangenen Jahr fehlten. Das Wachstum resultierte neben Neuabschlüssen vor allem aus dem Ausbau des Bestandskundengeschäfts.
Die dennoch beachtliche Steigerung habe vor allem daran gelegen, dass sich die IT-Abteilungen in Deutschland vermehrt auf ihre strategische Funktion konzentrierten, begründet Kaiser die Entwicklung. Unkritischere Bereiche wie z.B. das Desktop Management würden ausgelagert.
Diese Beobachtung geht mit dem nahenden Ende einer deutschen Besonderheit auf dem IT-Services-Markt einher. Die Übernahmewelle bei den so genannten IT-GmbHs, dahinter verbergen sich die Ausgründungen der IT-Abteilungen hiesiger Konzern in den Neunziger Jahren, erreichte mit dem Kauf von Gedas durch T-Systems und der Aufspaltung von SBS einen vorläufigen Höhepunkt. "Fast alle lukrativen IT-Töchter haben mittlerweile ihren Besitzer gewechselt", so Kaiser. "Die teilweise exorbitanten Wachstumssprünge der Vergangenheit wird es in diesem Marktsegment künftig aller Voraussicht nach nicht mehr geben."
Das bringt für die Top-5-Anbieter im deutschen IT-Services-Markt neue Herausforderungen mit sich. Die Bestandskundenpflege wird für die Dienstleister deutlich an Bedeutung gewinnen. Die folgende Marktübersicht gibt einen Blick auf die Strategien den größten Marktteilnehmer. Sie ist nach Marktanteilen für den gesamten IT-Services-Bereich, inklusive Projektgeschäft geordnet.
1. T-Systems
Der Königsmörder heißt in diesem Jahr T-Systems. Bedingt durch ihre Neuorganisation konnte die Telekom-Tochter 2005 am Markführer IBM vorbeiziehen. "Hauptursache ist die Verschiebung des bisherigen Mittelstandsgeschäfts des T-Com-Bereiches in die neue Business Services Organisation der T-Systems", sagt PAC-Berater Kaiser. Dahinter verbergen sich rund 160.000 mittelständische Kunden, die bisher hauptsächlich mit Telekom-Diensten von der Telekom-Festnetztochter beliefert wurden.
Damit diese Kunden künftig auch IT-Services von T-Systems nutzen, forciert der Dienstleister sein Mittelstandsgeschäft. Die Vorgaben des Konzern-COOs Ulrich Kemp sind dabei mehr als ehrgeizig: "Im vergangenen Jahr haben wir mit IT-Services im Mittelstand 405 Millionen Euro umgesetzt, 2007 soll es bereits eine Milliarde Euro sein."
Nach Kemps Ansicht fällt das Wachstum in diesem Bereich deshalb so stark aus, weil sich "der Mittelstand keine eigene IT-Abteilung mehr leisten kann". Kaum Einfluss auf das Einnahmeplus in diesem Segment hat dagegen die Gedas-Übernahme. Zum einen wird die frühere Volkwagen-Tochter erst in diesem Jahr voll konsolidiert. Zum anderen ist der Anteil mittelständischer Kunden bei Gedas verschwindend gering.
Trotz des verstärkten Mittelstandsfokus will der IT-Dienstleister auch bei seinen Großkunden weiterhin deutlich wachsen. Dabei stehen die Themen BPO und Outsourcing weiterhin im Mittelpunkt der Strategie.
Der Telekomsektor bleibt auch künftig die wichtigste Kundengruppe für den Dienstleister. Daneben ist das Unternehmen stark im öffentlichen Bereich, der Fertigungsbranche und durch die Gedas-Übernahme auch in der Autoindustrie. Mit besonderem Interesse betrachtet der Markt im Augenblick die T-Systems-Aktivitäten im Finanzsektor. Hier konnte das Unternehmen im vergangenen Jahr zahlreiche Deals wie beispielsweise bei der HVB und der WestLB gewinnen. Nun folgt der Fokus auf das Transaction Banking. Hilfestellung soll dabei die Transaktionsbank ITS bieten. Das Gemeinschaftsunternehmen von T-Systems und HSBC Trinkaus & Burkhardt agiert äußerst aggressiv und konnte bereits mehrere Vertragsabschlüsse für sich verbuchen.
Auch nach der Gedas-Übernahme ist der Übernahmehunger der Telekom-Tochter noch nicht gestillt. "Der BPO-Markt ist für uns zurzeit sehr interessant", meint Kemp. "Denn keiner will nur die Silbermedaille".
2. IBM
"Wir haben im vergangenen Jahr stark auf organisches Wachstum mit unseren Bestandskunden gesetzt", sagt Rudolf Bauer, General Manager IBM Global Technology Services in Deutschland. Für die Profitabilität eines Unternehmens hört sich diese Aussage zwar gut an, im Markt verlor die deutsche Tochter des US-Konzerns damit jedoch Anteile.
"IBM konnte im vergangenen Jahr wieder nur einen der Top-Ten-Deals in Deutschland für sich gewinnen", sagt PAC-Berater Kaiser. Dadurch wird der Abstand des US-Konzerns zu T-Systems im Outsourcing noch etwas größer - die Gedas-Übernahme noch nicht einmal mit eingerechnet.
Dennoch ist IBM optimistisch. "Wir wollen bei Outsourcing künftig noch offensiver agieren", gibt Bauer die Richtung für dieses Geschäftsjahr vor. Für ein stärkeres Wachstum soll vor allem der Mittelstand sorgen. Mit der IBM Mittelstand Systeme (IMS) will das Unternehmen vor allem im Rüstungs- und Autosektor stärker zulegen. Bei den Großkunden fokussiert der Konzern den Finanz- und Fertigungsbereich sowie den öffentlichen Sektor.
Größeres Wachstum erwartet der Konzern in Deutschland weiterhin durch sein On-Demand-Konzept und Business Process Outsourcing (BPO). Dazu zählt Bauer auch den Aufbau und den Betrieb von Shared Service Centern. Auch der Bereich Business Consulting Services soll künftig besser im Markt wahrgenommen werden. Diese IBM-Sparte bietet nach eigenen Angaben recht erfolgreich Beratung für die Prozessgestaltung in Unternehmen.
3. SBS
Für keinen anderen Dienstleister brachte das vergangene Jahr derart schmerzhafte Einschnitte. Durch den Verkauf der Sparte PRS (Produktnahe Dienstleistungen) an Fujitsu Siemens verkleinerte sich das Unternehmen dramatisch. Mehr als 5.000 Mitarbeiter und 1,3 Milliarden Euro Umsatz verlor SBS damit praktisch über Nacht.
Marktbeobachter können dieser Schrumpfkur allerdings positive Aspekte abgewinnen: "Durch den Verkauf des Commodity-Geschäftes hat SBS seine unprofitabelste Sparte abgegeben“, sagt PAC-Berater Kaiser. Die Siemens-Tochter positioniere sich damit sehr stark als Projekt- und Outsourcingdienstleister.
Für SBS steht künftig die eigene Profitabilität stärker im Vordergrund. "Deshalb haben wir ein umfangreiches Programm auf den Weg gebracht, mit dem wir die Kosten innerhalb von zwei Jahren um 1,5 Milliarden Euro senken wollen", sagt Christoph Kollatz, Vorsitzender des Bereichsvorstandes bei Siemens Business Services. Dieses Programm beginne bereits zu greifen.
Neben den Einsparungen konzentriert sich das Unternehmen nun auf höherwertige Services wie IT-Outsourcing. Bereits im vergangenen Jahr hat dieser Bereich um 17 Prozent zugenommen und lag damit weit über Marktdurchschnitt. Der Gesamtumsatz bei SBS stieg im selben Zeitraum um 14 Prozent. Nach Angaben von Kollatz konnte die Siemens-Tochter auch ihre Abhängigkeit vom deutschen Markt verringern. "Wir haben den Auslandsumsatz binnen eines Jahres von gut 50 auf 57 Prozent gesteigert."
Allerdings konnte SBS auch im Inland zahlreiche Outsourcing-Verträge gewinnen. Neben der Sparkasse Leipzig, Gerling und der Stadt Wiesbaden betreut das Unternehmen auch die gesamte IT der Konzernmutter. Unglücklich gelaufen ist für den Dienstleister bisher jedoch das Mittelstandsthema. Zwar deckt die 2004 übernommene RAG Informatik den gehobenen Mittelstand ab. "Das Neukundengeschäft in diesem Bereich war jedoch noch nicht zufrieden stellend", sagt PAC-Berater Kaiser.
Die Siemens-Tochter ist vor allem bei Banken, in der Auto- und Fertigungsindustrie, sowie im öffentlichen Sektor gut aufgestellt. Hier bietet sie neben Outsourcing-Dienstleistungen auch Application Management Services erfolgreich an.
4. HP Services
Die Servicesparte von HP (TSG) hatte sich im vergangenen Jahr vor allem die Integration der Thyssen-Krupp-Tochter Triaton in das Pflichtenheft geschrieben. Trotz des gestiegenen Organisationsaufwandes konnte der Dienstleister in Deutschland einen Zuwachs im zweistelligen Bereich realisieren. Besonders stark war das Wachstum im Bereich "Managed Services". "Hier haben wir eine Umsatzsteigerung von 25 Prozent realisieren können", sagt Edgar Aschenbrenner, General Manager für den Bereich HP Services in Deutschland.
Dennoch hat die Triaton-Integration am Markt auch für Irritationen gesorgt. "Viele Mittelständler wundern sich vor allem über das Verschwinden der eingeführten Marke", berichtet PAC-Berater Kaiser. Noch sei zudem nicht klar, wie die vollständige Einbindung von Triaton in den HP Services-Bereich von den Mitarbeitern getragen werde.
Das hindert HP jedoch nicht an seiner Expansion auf dem deutschen Markt. "Noch vor drei Jahren waren wir hier auf Platz acht, mittlerweile belegen wir die vierte Position. Bezieht man die Entwicklungen bei SBS mit ein, befindet sich HP faktisch sogar auf Platz drei", sagt Aschenbrenner.
Wachsen will der Dienstleister künftig vor allem in den Bereichen BPO, IT-Modernisierung bei Server-Plattformen und Applikationen, sowie selektiven Outtasking. Der thematische Schwerpunkt liegt jedoch beim Innovations-Management. "Pro Halbjahr wollen wir mindestens zwei Service-Innovationen auf den Markt bringen", gibt Aschenbrenner die Marschrichtung vor.
Die HP-Service-Sparte fokussiert sich in Deutschland vor allem auf die Bereiche Finanzen, Gesundheitswesen, Fertigungs-, Telekommunikationsindustrie und den öffentlichen Sektor. Als Zielgruppe sollen der gehobene Mittelstand ab 5.000 Mitarbeitern und künftig verstärkt auch Großunternehmen bedient werden.
Für die nächsten Monate setzt das Unternehmen vorerst auf organisches Wachstum. Nach Aussagen des Konzern-CEOs Mark Hurd will sich HP künftig stärker auf sein Kerngeschäft konzentrieren. Dabei seien Services wichtig, aber nicht das Kerngeschäft.
5. EDS
Das vergangene Jahr brachte für EDS die Wende. "Nach drei Jahren harter Konsolidierung hat das Unternehmen 2005 den Turnaround geschafft", sagt PAC-Berater Kaiser. Allerdings spiele das Deutschlandgeschäft im Gesamtkonzern keine übergeordnete Rolle. Sehr viel sei hier abhängig von den großen Vertragsabschlüssen in den USA wie beispielsweise mit General Motors.
Den Vertrag mit der früheren Konzernmutter hebt auch Hagen Rickmann, Portfolio & Consulting Executive, EMEA Central Region bei EDS hervor. "Wir richten unseren Fokus auf global agierende Unternehmen aus.“ Für diesen Kundenstamm will das Unternehmen eine globale Lieferfähigkeit auf Basis standardisierter Plattformen anbieten. Im Fall von General Motors habe der Dienstleister sogar seine eigene IT-Architektur auf den Autokonzern ausgerichtet.
Obwohl EDS im vergangenen Jahr in Deutschland ein Umsatzwachstum verzeichnen konnte, arbeiten hierzulande nur noch 4.000 Mitarbeiter für die Firma. Das bedeutet einen Rückgang um rund zwölf Prozent. Dafür ist zumindest zum Teil auch der Verkauf der Management-Beratung A.T. Kearney verantwortlich.
Das Kernangebot des Dienstleisters umfasst Lösungen für BPO und Business Transformation Outsourcing. Auch mit dem Thema Standardisierung von Prozessen möchte das Unternehmen wachsen. Stärker im Fokus waren auch die Segmente Projektgeschäft und Applikations-Management.
Das Brot- und Buttergeschäft in Deutschland macht EDS weiterhin mit dem gehobenen Mittelstand. Beispiele sind Deutz oder Sal. Oppenheim. Stärker wachsen will der Dienstleister jedoch künftig mit Aufträgen von Großkunden beispielsweise aus dem Dax-Umfeld.
Der Branchenfokus von EDS liegt zurzeit noch auf der Finanz, Auto- und Fertigungsindustrie sowie dem öffentlichen Bereich. Allerdings agiert der Dienstleister in jüngster Zeit wieder aggressiver. So beteiligte sich das Unternehmen an der Bieterschlacht um die VW-IT-Tochter Gedas. "Wir wollen zwar primär organisch wachsen, schließen aber Zukäufe auf dem deutschen Markt nicht aus", so Rickmann.