Der Gesamtmarkt für IT-Dienstleistungen ist 2006 weiter gewachsen. Zum Hoffnungsträger entwickelte sich dabei das Projekt-Geschäft, das nach PAC-Zahlen um fünf Prozent zulegen konnte. Insgesamt wurden in diesem Zeitraum mit Services um das Projekt-Geschäft knapp 14 Milliarden Euro umgesetzt.
"Das Outsourcing-Geschäft hat sich dagegen etwas weniger ambitioniert entwickelt als erwartet", sagt PAC-Berater Stephan Kaiser. Trotzdem wuchs es um knapp sieben Prozent im Vergleich zum Vorjahr. "Allerdings dauern Entscheidungsprozesse beim Outsourcing wesentlich länger als früher", so Kaiser. Wegen sinkender Preise stehe in diesem Segment weiterhin die Konsolidierung der Branche im Vordergrund.
Insgesamt hat sich der Trend zur Stückelung der Outsourcing-Verträge fortgesetzt. Gleichzeitig stieg der Preisdruck auf die Anbieter. Immer wieder ist von jährlichen Nachverhandlungen die Rede, bei denen Kunden eine Preis-Reduzierung von fünf Prozent verlangen.
Das bringt für die Top-5-Anbieter im deutschen IT-Services-Markt (Core IT-Services) neue Herausforderungen mit sich. Die Bestandskundenpflege und die Standardisierung der Angebote gewinnen für die Dienstleister deutlich an Bedeutung. Die folgende Marktübersicht gibt einen Überblick über die Strategien der größten Anbieter in diesem Bereich.
1. T-Systems (Marktanteil: zehn Prozent)
Kaum ein deutscher Dienstleister bringt es auf mehr Gerüchte am Markt als die Telekom-Tochter. Mal steht das Unternehmen vor der Zerschlagung, ein anderes Mal vor der Übernahme. Zuletzt heizte Konzernchef Rene Obermann die Spekulationen an. Er kündigte an, einen internationalen Partner für seine Geschäftskundensparte zu suchen. Als mögliche Partner wurden in der Folge Firmen wie IBM, Tata, Capgemini oder Atos Origin genannt.
Die Diskussionen zeigen deutlich den Schwachpunkt des Dienstleisters. "T-Systems bleibt der local hero, das Unternehmen ist jedoch nicht global genug aufgestellt", sagt PAC-Berater Kaiser. Daran ändert auch ein Wachstum von 26 Prozent im Auslandsgeschäft des vergangenen Jahres nichts. "T-Systems muss sich globaler aufstellen, um die Chancen im internationalen Geschäft mit IT-Services besser wahrnehmen zu können, auch für multinationale Kunden deutscher Herkunft."
Schwierigkeiten hat dem Unternehmen im vergangenen Jahr auch das Mittelstandsgeschäft bereitet. Insgesamt konnte T-Systems hier nur um 0,75 Prozent zulegen. Der Dienstleister konnte somit kaum von der Übernahme des Mittelstandsgeschäfts der T-Com profitieren. "Wir spüren hier einen deutlichen Preisverfall bei allen Services im TK-Bereich," sagt Konzern-COO Ulrich Kemp.
Dennoch will der Manager an seinen Vorgaben für das Service-Geschäft im Mittelstand festhalten. Nach 622 Millionen Euro im vergangenen Jahr soll 2007 ein Umsatz von einer Milliarde Euro mit IT-Services für mittelständische Kunden erreicht werden. "Wir werden unsere Aktivitäten in diesem Bereich intensivieren, um die Rückgänge im TK-Bereich auszugleichen", so Kemp.
Den größten Erfolg konnte die Telekom-Tochter im Projekt-Geschäft erzielen, dieser Bereich legte um rund zwölf Prozent zu. Das Outsourcing-Geschäft blieb auf der Umsatzseite nahezu konstant, was bei insgesamt fallenden Preisen auch ein Erfolg sein kann.
"Den Preisverfall im Kerngeschäft möchten wir auch mit einem Schwenk auf höherwertige Services ausgleichen", sagt Kemp. Dabei nennt der Manager Angebote wie BPO, Outsourcing und Applikations-Management mit Schwerpunkt SAP. "Allerdings ist BPO noch kein Thema für den Mittelstand in Deutschland - hier erwarten wir Wachstum."
Große Hoffnungen hegt der Dienstleister für den Healthcare-IT-Bereich. "Hier erwarten wir uns aus Großprojekten wie der elektronischen Gesundheitskarte noch einmal einen deutlichen Schub.", sagt der T-Systems COO. Auch der Bereich E-Traffic-Solutions verspreche Potenzial. Daneben ist das Unternehmen besonders stark im öffentlichen Bereich, der Automobil- und der Telekommunikationsindustrie.
Weitere Zukäufe in Deutschland sind bei der Telekom-Tochter eher unwahrscheinlich. Nach der Gedas-Übernahme will das Unternehmen das Wachstum in dieser Region organisch erreichen. Im Ausland sucht der Dienstleister nach Vorgaben des Telekom-CEOs Obermann einen strategischen Partner. Zudem scheint es, als ob T-Systems seine Schwachpunkte im internationalen Geschäft offensiv angeht. Geplant ist ein massiver Ausbau der Off- und Nearshore-Kapazitäten in verschiedenen Standorten wie Bangalore und St. Petersburg.
2. IBM (Marktanteil neun Prozent)
Der Dienstleister will für gelebte Globalisierung stehen. Diesen Anspruch möchte IBM-Chef Sam Palmisano auch in den Landesgesellschaften verankern. Deshalb sollen bei Projekten künftig die notwendigen Kompetenzen aus dem weltweiten Konzernverbund akquiriert werden. Die Nutzung von Kapazitäten in Niedriglohnländern wie Indien wird die Angebote damit wettbewerbsfähiger machen.
Im Klartext bedeutet das ein Benchmarking der Landesgesellschaften untereinander. Das kann zu günstigeren Preisen für die Kunden führen, verunsichert aber auf jeden Fall die zurzeit rund 21.000 Mitarbeiter des Unternehmens in Deutschland.
Mit der veränderten Strategie geht auch eine Neuausrichtung der deutschen IBM einher. Ob das auf das verhaltene Geschäft im Vorjahr zurückzuführen ist, wird nicht kommentiert. Nach Angaben von Marktforschern konnte IBM beim Outsourcing um vier und im Projektgeschäft nur um drei Prozent zulegen. Der Umsatz wird von Wirtschaftsagenturen für Deutschland auf rund fünf Milliarden Euro geschätzt.
Die Gründe für das verhaltene Wachstum sieht Rudolf Bauer, General Manager IBM Global Technology Services in Deutschland, darin, dass die Deals beim Outsourcing nicht mehr das Volumen der Vorjahre erreichen: "Der Markt zersplittert dadurch immer stärker". Eine Ausnahme bildet für IBM der Herkules-Deal. Dahinter verbirgt sich die milliardenschwere Modernisierung der Bundeswehr-IT. Der im vergangenen Jahr gewonnene Vertrag wird allerdings erst in die Bilanzen in diesem Geschäftsjahr einfließen.
Um stärker an Profil zu gewinnen, möchte sich der Konzern mit dem Modell "Service as a product" positionieren. "Bei der Industrialisierung der Services werden wir Eigenschaften des Produktmarktes übernehmen. Das bedeutet, dass Services künftig eine klare Produktpositionierung, eine Spezifikation und einen klar definierten Preis haben werden", so Bauer. In dieser Standardisierung sieht PAC-Berater Kaiser jedoch auch die größte Gefahr für das Unternehmen: "Der Nutzen für den Kunden muss dabei immer erkennbar bleiben".
Deutliches Wachstum erwartet IBM in diesem Jahr mit Managed Services. Thematisch werden zudem Angebote in den Bereichen Security und SOA stärker nachgefragt. "SOA ist das zentrale Thema in diesem Jahr", sagt Bauer. Auch der Trend zu Shared Service Centern werde weiter anhalten. "Das Thema erinnert mich sehr stark an die Ausgründung der IT-GmbHs bei deutschen Konzernen vor einigen Jahren," so der Manager.
Bei Großkunden ist IBM traditionell stark aufgestellt. "Neukunden werden wir künftig eher im Mittelstand gewinnen", meint Bauer. Der Konzern hat sich mittlerweile komplett branchenorientiert aufgestellt. Der Fokus liegt derzeit im öffentlichen Sektor und im Finanz- und Fertigungssektor.
3. HP Services (Marktanteil fünf Prozent)
Hinter HP liegt ein Jahr der Konsolidierung. Die Mitarbeiterzahl in Deutschland verringerte sich um 1.000 auf jetzt 8.200. Der Umsatz stieg trotzdem auf knapp sechs Milliarden Euro. Einen wesentlichen Teil trägt dazu der Service-Bereich bei. Trotzdem wolle HP kein reines Service-Unternehmen werden, führte Konzern-CEO Mark Hurd erneut in einem Interview aus.
"Deshalb fehlt auch ein wenig die Story für HP", sagt PAC-Berater Kaiser. Trotzdem habe die Dienstleistungssparte in 2006 gute Ergebnisse erzielen können. Das Wachstum im Outsourcing und beim Projektgeschäft wird in Deutschland jeweils um die sechs Prozent gelegen haben. Es reichte auf jeden Fall um an der früheren SBS vorbei auf Platz Drei des deutschen IT-Services-Marktes vorbeizuziehen.
Aus diesem Grund zeigt sich Edgar Aschenbrenner, Vice President für den Bereich HP Services in Deutschland, auch recht zufrieden mit der Geschäftsentwicklung. Ursache für das Wachstum im Outsourcing-Bereich sei die erfolgreiche Umsetzung des Global delivery-Konzeptes gewesen. "Dadurch konnten wir immer wieder als Preisherausforderer auftreten", so Aschenbrenner.
Dagegen stagnieren die Umsätze im Bereich Hardware- und Support-Services. "Hier mussten wir ein Nullwachstum hinnehmen." Dies konnte das Unternehmen unter anderem durch den neu gegründeten Geschäftsbereich für "Managed Print Services" kompensieren.
Der Abschluss der Triaton-Integration wird vom Markt und HP unterschiedlich betrachtet. "Durch das Verschwinden der Marke Triaton hat HP die Chance verspielt, mit einer eingeführten Marke neue Kunden, insbesondere im Mittelstand zu gewinnen," meint PAC-Berater Kaiser. Dem hält HP-Manager Aschenbrenner jedoch entgegen, dass von der SAP-Factory von Triaton im Jahr 2006 mehr als 100 neue Kunden überzeugt werden konnten.
Im ERP-Bereich will die deutsche Service-Sparte auch in diesem Jahr deutlich wachsen. Dazu kommen Themen wie Outsourcing, IT-nahe Serviceleistungen und Applikations-Management. "Im Zentrum unserer erweiterten Angebote im Consulting- und Auslagerungsgeschäft steht zudem das durch die Mercury-Übernahme komplettierte Software-Portfolio" meint Aschenbrenner.
Die HP-Service-Sparte fokussiert sich in Deutschland vor allem auf die Bereiche Finanzen, Gesundheitswesen, Fertigungs-, Telekommunikations-Industrie und den öffentlichen Sektor. Als Zielgruppe sollen der gehobene Mittelstand ab 5.000 Mitarbeitern und künftig verstärkt auch Großunternehmen bedient werden.
Das Wachstum des Service-Bereiches in Deutschland bleibe eines seiner wichtigsten Ziele, sagt Aschenbrenner. Eine Option seien deshalb auch Zukäufe.
4. SBS (Marktanteil fünf Prozent)
SBS-Kunden mussten im vergangenen Jahr viel Vertrauen in die Siemens-Tochter mitbringen. Immer wieder war von Zerschlagung und Verkauf die Rede. Diese Unsicherheit machte die Sanierung des defizitären Dienstleisters zu einem schwierigen Unterfangen und führte zu einem Rückgang des Projektgeschäftes um 18 Prozent. Dennoch entschied sich Siemens-Konzernchef Klaus Kleinfeld für die Erhaltung der IT-Tochter. Seit 15. Januar 2007 heißt SBS nun SIS. In dem neuen Unternehmen sind sämtliche IT- und Software-Aktivitäten von Siemens gebündelt.
Mit dieser Zusammenführung von insgesamt fünf IT- und Software-Häusern unter einem Dach wird der Dienstleister den Verkauf der Sparte PRS (Produktnahe Dienstleistungen) an Fujitsu Siemens verkraften können. "Wir haben nun 43.000 Mitarbeiter und machen knapp fünf Milliarden Euro Umsatz", sagt Christoph Kollatz, Vorsitzender des Bereichsvorstands Siemens IT Solutions and Services (SIS). "Kein anderer IT-Provider ist so eng mit einem globalen Industrie-Konzern wie der Siemens AG verbunden, profitiert von dessen Kundenzugang und dem exzellenten Branchen-Know-how seiner Bereiche."
Diesen Vorteil sieht auch PAC-Berater Stephan Kaiser. "Der neue Dienstleister hat durch das nähere Heranrücken an die Mutter ein großes Potenzial. Das neue Schlagwort heißt nun technische IT." Honoriert wird diese Entwicklung von den Kunden, die nun wieder Vertrauen in SIS fassen. "Die neue Siemens-Sparte muss jetzt allerdings ihr Alleinstellungsmerkmal bei der technischen IT mit dem klassischen Kerngeschäft verzahnen."
SIS-Chef Kollatz will zudem noch auf einem anderen Gebiet punkten: "Wir sind jetzt international sehr gut aufgestellt und verfügen über eine signifikante Präsenz an Standorten mit niedrigem Lohnniveau durch die Integration der PSE-Standorte in Osteuropa und Asien und der SISL in Indien." Das dürfte den Preisdruck im umkämpften Outsourcing-Markt auch in diesem Jahr weiter erhöhen. Der Dienstleister will damit auch den Anteil des externen Geschäftes an seinem Umsatz von derzeit 60 Prozent weiter erhöhen.
Ein erster Schritt in diese Richtung war dabei der Zuschlag für das Herkules-Projekt. SIS steht bei der Modernisierung der Bundeswehr-IT für rund 60 Prozent des gesamten Volumens. Der Rest liegt bei IBM. Kollatz erwartet aus dem größten Einzelauftrag in der Geschichte der Siemens AG, "eine Signalwirkung, die mehr Schwung in den deutschen ÖPP (Öffentlich-Private Partnerschaft)-Markt bringt."
Im Zuge der Restrukturierung wird SIS noch stärker nach Branchen ausgerichtet. Bisher ist die Siemens-Tochter vor allem bei Banken, in der Auto- und Fertigungsindustrie sowie im öffentlichen Sektor gut aufgestellt. Hier bietet sie neben Outsourcing-Dienstleistungen auch Application Management Services erfolgreich an.
SIS erwirtschaftet bisher rund 60 Prozent seines Umsatzes mit Outsourcing. Deshalb wird das Thema Auslagerung auch in diesem Jahr eine wichtige Rolle spielen. Wachstumsimpulse erhofft sich Kollatz zudem durch die Themen RFID, Biometrie und Application Management Services. "Auch SAP-Implementierungen sowie ERP-Harmonisierung und -Konsolidierung haben unser Geschäft im letzten Jahr getrieben.", so der Manager.
Das Thema Übernahmen will Christoph Kollatz in aller Ruhe angehen: "Wir haben in einzelnen Branchen führende Positionen inne - in anderen ausgewählten Industrien wollen wir diese noch erreichen. Mittelfristig würde ich die ein oder andere gezielte Verstärkung nicht völlig ausschließen, sollten wir zu der Auffassung gelangen, dass sie notwendig wäre. Aktuell ist das aber kein Thema."
5. EDS (Marktanteil drei Prozent)
Die Überraschung des vergangenen Jahres bot EDS. "Das Unternehmen hat den Turn-around geschafft", sagt PAC-Berater Kaiser. Mit seinem klar strukturierten Portfolio habe sich der Dienstleister sogar mittlerweile einen Vorsprung zu einigen Wettbewerbern aufbauen können. "Jetzt gilt es für EDS allerdings vor allem im Bereich der Anwendungs-Services die Wahrnehmung in Deutschland zu erhöhen."
"In den Bereichen Infrastruktur und Outsourcing sind wir 2006 deutlich gewachsen", sagt Hagen Rickmann, Geschäftsführer bei EDS in Deutschland und verantwortlich für das Consulting-Geschäft in Nord- und Zentraleuropa. Auch im Application Management und IT Consulting habe das Unternehmen gut zulegen können. Hier sehen Analysten jedoch noch einen deutlichen Nachholbedarf.
Das Umsatzwachstum des vergangenen Jahres ging bei EDS erneut mit einer Verringerung der Mitarbeiterzahl einher. Die deutsche Tochter bringt es mittlerweile noch auf rund 3.500 Beschäftigte. Diese Entwicklung ist auf weitere Desinvestments von nicht strategischen Betriebsteilen der Firma auf dem deutschen Markt zurückzuführen. "Die Konsolidierung ist damit beendet", so Rickmann.
Mittelfristig hat sich der Dienstleister ehrgeizige Ziele gesetzt. "Wir möchten in den nächsten Jahren die Nummer Drei im deutschen IT-Services-Markt werden", sagt Rickmann. Daher seien Übernahmen denkbar, auch größere. Der Schwerpunkt liege aber ganz klar auf organischem Wachstum.
Im Application Management erwartet der Dienstleister für dieses Jahr das größte Wachstum. "Dabei sind Themen wie ERP, SOA und weiterhin Standardisierung von Interesse", meint Rickmann. Das BPO-Geschäft sei im vergangenen Jahr hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Die Kunden agieren hier weiterhin sehr vorsichtig.
Beim Outsourcing macht sich auch bei EDS der Preisdruck bemerkbar. "Der hängt jedoch vom Reifegrad der Branche ab", so Rickmann. Während in vielen reiferen Branchen der Trend zum Outtasking mit kürzeren Laufzeiten erkennbar sei, tendiere beispielsweise die Retail-Branche noch immer zum Komplett-Outsourcing.
Der Branchen-Fokus von EDS liegt zurzeit auf der Finanz-, Telekommunikations-, Auto- und Fertigungsindustrie sowie dem öffentlichen Bereich. Hier konnte das Unternehmen im vergangenen Jahr gut punkten, mit neuen Outsourcing-Verträgen mit Vodafone und KSB sowie Lafarge. Diese Mischung will Rickmann auch im laufenden Geschäftsjahr beibehalten: "Wir konzentrieren uns weiter auf den internationalen Mittelstand und Großunternehmen."