IT-Markt 2019

Um diese Themen kommt 2019 kein IT-Anbieter herum

26.03.2019 von Wafa  Moussavi-Amin
Von den Effekten einer Konjunkturabschwächung in China bis hin zum wachsenden Einfluss von IT-Dienstleistern: Lesen Sie, mit welchen Entwicklungen IT-Anbieter in diesem Jahr rechnen sollten.
2019 ist das Jahr, in dem IT-Anbieter mit der wachsenden Macht von Cloud-, Digital- und Managed-Service-Providern als IT-Einkäufer zu kämpfen haben.
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Es wäre zwar übertrieben zu sagen, dass die vergangenen Jahre das goldene Zeitalter für Technologie-Unternehmen waren. Dennoch ist es nicht zu leugnen, dass die Lage angesichts der seismischen Veränderungen hinsichtlich der Art und Weise, wie Unternehmen IT-Ressourcen verbrauchen und beziehen, erstaunlich stabil war. Möglicherweise könnte sich dies jedoch bald ändern, da sich eine neue Marktlandschaft abzeichnet und gleichzeitig erste Anzeichen einer nachlassenden Dynamik der Weltwirtschaft sichtbar werden.

Konjunkturabkühlung in China könnte große Herausforderung werden

Als Apple einen (überraschenden) Umsatzrückgang gegenüber der ursprünglichen Prognose einräumte, deutete viel darauf hin, dass der Hauptgrund darin lag, dass sich die Verkaufszahlen in China nicht wie erwartet entwickelten. Es dauerte nicht lange, bis die Anleger sich fragten, ob dies nun ein wichtiger Indikator für eine zunehmende Abschwächung in einem Markt sei, der in den vergangenen Jahren für Technologie-Anbieter immer bedeutender geworden ist. Der Handelskrieg zwischen den USA und China dürfte das Wachstum in beiden Ländern ohne Frage belasten, sollte er 2019 andauern.

Unsere Analysten in China gehen davon aus, dass die Regierung mit Konjunkturmaßnahmen und -ausgaben die Wirtschaft vor Worst-Case-Szenarien schützen wird; viele Ökonomen sind zudem der Meinung, dass die Wahrscheinlichkeit einer sich verschärfenden Konjunkturabschwächung in den USA in den nächsten 18 Monaten noch größer sein wird als in China. Aber es ist auch klar, dass nicht wenige Tech-Firmen von dem anhaltenden Turbulenzen betroffen sein werden – oder es bereits sind.

US-Anbieter könnten davon besonders gefährdet sein, sollte sich die Stimmung gegenüber Importen aus den Vereinigten Staaten verschlechtern - denken wir an den Streit zwischen China und Japan, der zu spürbaren Umsatzeinbrüchen für japanische Unternehmen in China führte. China war in den vergangenen Jahren ein Wachstumsmotor für viele globale Technologie-Titanen. Die Unternehmen erzielten schnelle Renditen, die weit über ihren reiferen Heimatmärkten lagen. Dies – und das ist die Kehrseite der Medaille – hat allerdings viele von ihnen in eine signifikante Abhängigkeit von China gebracht.

Wird der Handelskrieg schnell gelöst, werten wir diesen Aspekt einfach als Signal. Andernfalls könnte dies erhebliche Auswirkungen auf jedes Unternehmen haben, das aufgrund der gestiegenen Investitionen Chinas in den vergangenen zehn Jahren stark gewachsen ist. China hat seinen Anteil an den weltweiten IT-Ausgaben von sechs Prozent im Jahr 2008 auf heute fast zwölf Prozent verdoppelt.

Wir gehen derzeit davon aus, dass sich das Wachstum der weltweiten IT-Ausgaben von sieben Prozent im Jahr 2018 auf fünf Prozent im Jahr 2019 abschwächen wird, was hauptsächlich auf die Märkte Nordamerika und Europa zurückzuführen ist, und es gibt nun zusätzliche Anzeichen für eine konjunkturelle Abkühlung sowie übervolle Lager in China in den IT- oder konkret in den Hardware-Segmenten, in denen China den größten Teil zum Weltgeschäft beiträgt – also im Bereich Smartphones und PCs.

Beobachten Sie die Entwicklungen unter diesen Vorzeichen. Es weist vieles darauf hin, dass sich die Nachfrage im Bereich der wichtigsten Märkte abschwächt. Dies könnte ein früher Indikator für eine sich ausweitende Verlangsamung sein, die erhebliche Auswirkungen auf die Weltwirtschaft haben wird. Mit dem Anteil Chinas an den weltweiten ITK-Ausgaben ist auch der Anteil Chinas am Welthandel und am globalen BIP gestiegen. Wenn China weiter schwächelt, wird es nicht lange dauern, bis weitere Tech-Anbieter unter Druck geraten.

Hardware: Der Investitionsboom geht zu Ende

In den vergangenen beiden Jahren übertrafen die Hardware-Märkte alle Erwartungen, was vor allem auf die stark gestiegenen Investitionen der Provider in Hyperscale-Infrastruktur, die Modernisierung für traditionelle Rechenzentren sowie auf einen sich erholenden PC-Markt und Smartphone-Umsätze zurückzuführen ist, die zunächst trotz des Einbruchs der abverkauften Stückzahlen relativ stabil blieben.

Wir erinnern uns: Vor zehn Jahren herrschte in der gesamten Technologiebranche breiter Konsens darüber, dass der Hardware-Markt in eine Phase der Stagnation eingetreten war. Nicht wenige Experten haben damals den Untergang der Endgeräte prognostiziert, während Software und Services als die Garanten für Profitabilität, Wachstum und Expansion galten. Während der Software-Markt in der Tat weiterhin etwa doppelt so schnell gewachsen ist wie der gesamte IT-Markt und für die langfristige Stabilität der Branche von zentraler Bedeutung ist, waren es eher die IT-Dienstleistungen, die den Prozess der Kommodifizierung durchliefen.

Die Entwicklung der Cloud und ihre Auswirkungen auf das traditionelle IT-Service-Geschäft waren ein Hauptgrund dafür. Und es war im Übrigen auch die Cloud, die den jüngsten Investitionsboom ausgelöst hat: Service Provider haben kräftig Geld in die Hand genommen, um die steigende Nachfrage der Endanwender nach allem, was als Service angeboten werden kann, zu bedienen. Zwangsläufig wird der Markt an einen Punkt kommen, an dem sich Angebot und Nachfrage annähern und in der Folge mit einem Investitionsrückgang zu rechnen ist. Für uns deutet aktuell vieles darauf hin, dass dieser Zeitpunkt 2019 erreicht wird.

Der Modernisierungszyklus für die Unternehmensinfrastruktur ist langsam abgeschlossen, das jüngste (überfällige) PC-Revival hat seinen Höhepunkt erreicht und auch Smartphone-Anbieter werden es in Zukunft zunehmend schwerer haben, die rückläufige Nachfrage (=weniger abverkaufte Stückzahlen) durch kräftige Preiserhöhungen auszugleichen. Schaut man sich das Gesamtbild an, wird sich die Branche in den nächsten zwölf Monaten auf ein deutlich schwächeres Wachstum der Geräte- und Infrastruktur-Ausgaben einstellen müssen.

Das Wachstum im Hardware-Segment wird von acht Prozent im Jahr 2018 auf weniger als fünf Prozent in diesem Jahr sinken, was hauptsächlich auf den Rückgang im Infrastructure-Bereich zurückzuführen ist - dort sehen wir einen Rückgang von satten 22 Prozent im Vorjahr auf weniger als sieben Prozent im Jahr 2019. Im Vergleich: für 2019 erwarten wir im Bereich IT-Services ein Wachstum von drei Prozent.

Macht und Einfluss von Dienstleistern wachsen weiter

Eine Folge des Booms der Cloud-Expansion der vergangenen Jahre ist die wachsende Macht der Dienstleister, wenn es um ihre Dominanz als IT-Einkäufer auf dem IT-Markt geht. Die Einnahmen aus der Cloud-IT-Infrastruktur übertrafen im dritten Quartal 2018 erstmals die traditionelle Infrastruktur und haben sich in den vergangenen beiden Jahren verdoppelt, was vor allem auf die Public-Cloud-Entwicklung zurückzuführen ist. Obwohl sich dieses Tempo 2019 zwangsläufig verlangsamen wird, da sich die Wertschöpfungsketten allmählich normalisieren, wird sich die langfristige Verlagerung auf die Bereitstellung in der Cloud fortsetzen und die Service Provider werden zu immer wichtigeren Investoren in Hardware.

Der Einfluß von Dienstleistern beschränkt sich dabei nicht nur auf die Segmente Server und Storage. Das rasante Wachstum und die Expansion dieser Anbieter wird vielmehr dazu führen, dass sie einen immer größeren Investitionsanteil an anderen IT-Marktsegmenten - von der Software bis zu Telekommunikationsdiensten - haben werden. Neben Cloud-Service-Providern entstehen neue digitale Service-Provider, deren Expansion sowohl eine Herausforderung als auch eine Chance für Anbieter traditioneller IT-Produkte und -Dienstleistungen darstellen wird.

Das Dienstleistermodell ist insofern stabil, als eine Verlangsamung der Weltwirtschaft theoretisch weniger Auswirkungen auf die IT-Ausgaben haben dürfte als in der Vergangenheit, als die Endanwender ihre Hard- und Software-Budgets tendenziell beim ersten Anzeichen eines Umsatzrückgangs gekürzt haben. Auf diesem neuen Marktplatz für "Everything- as-a-Service" können viele Anwender ihren Bedarf an Ressourcen weniger volatil auf- und abbauen.

Auf der anderen Seite gibt es jedoch auch Risiken und neue Herausforderungen, die zwangsläufig mit der Abhängigkeit von einer geringeren Anzahl von Kunden von traditionellen IT-Produkten einhergehen, wodurch IT-Einkäufer immer mehr Einfluss auf die Aushandlung niedrigerer Preise haben und gleichzeitig eine immer höhere Agilität und Skalierbarkeit verlangen. In Zeiten des Kostendrucks und einer allgemeinen Instabilität der Lieferkette wird es für Anbieter schwieriger als in der Vergangenheit sein, steigende Kosten an ihre Kunden weiterzugeben.

Dies ist langfristig unausweichlich, genauso wie der Umstand, dass Unternehmen in vielen Branchen an nur eine begrenzte Anzahl von Anbietern verkaufen. Die Luftfahrtindustrie ist ein ganz gutes Beispiel. Der Markt für Jumbo-Jets etwa wird von einer relativ kleinen Anzahl von Käufern dominiert. Allerdings können Unternehmen wie Boeing ziemlich sicher sein, dass die Fluggesellschaften ihre Flotten modernisieren müssen und demnach kontinuierlich Bestellungen platzieren – eine Planungssicherheit, die in vielen IT-Segmenten schlicht nicht besteht.

Abhängigkeit von externen Lieferanten reduzieren

Für die meisten IT-Dienstleister ist die Konzeption und Entwicklung eigener interner Lösungen inzwischen zum strategischen Ziel geworden, um auf diese Weise die Abhängigkeit von externen Lieferanten zu reduzieren. Amazon hat zum Beispiel den erklärten Ehrgeiz, eigene Software für die Verwaltung eines Großteils seines Geschäfts zu entwickeln und hat zudem Ambitionen, AWS-Hardware direkt an Kunden von lokalen Infrastrukturen zu liefern, um so der Owner der letzten Meile vom IT-Einkäufer in die Cloud zu sein.

Die Auswirkungen dieser Turbulenzen sind noch nicht absehbar, aber 2019 ist bereits jetzt das Jahr, in dem IT-Anbieter mit der wachsenden Macht von Cloud-, Digital- und Managed-Service-Providern als IT-Einkäufer zu kämpfen haben. Das zwingt sie dazu, ihren eigenen strategischen Fokus zu verlagern und sich zu überlegen, wie sie diesen neuen vertikalen Markt besser bedienen können. Einige mögen die Bedrohung, die IT-Dienstleister kurzfristig für ihr traditionelles Kerngeschäft darstellen, öffentlich verleugnen. Dennoch: Diese Disruption ist fraglos der Beginn der nächsten großen Veränderung des IT-Marktes.