Kommentar

Umdenken beim Outsourcing erforderlich

28.09.2007 von Peter Dück
Outsourcing-Anbieter kämpfen mit kürzeren Vertragslaufzeiten und unzufriedenen Kunden. Ein Grund dafür liegt in den Geschäftsmodellen, die sich nur langsam flexibilisieren. Ein Umbau ist jedoch unumgänglich.
Peter Dück Vice President, Gartner: "Ein solcher Umbau des Geschäftsmodells ist schwierig und riskant und lässt jeden Kapitalgeber eines Anbieters ins Schwitzen geraten."

Im Gegensatz zu früher müssen Dienstleister heute wesentlich schneller auf wechselnde Kunden- und Marktverhältnisse reagieren. Sie versuchen dies mit Dienstleistungen und Preismodellen, die sich flexibel an den jeweiligen Kunden anpassen, dabei aber kostengünstig bleiben. Anbieter sollten jedoch abrücken von individuell verhandelten Komplettverträgen. Zwar lassen heute solche Verträge durchaus sehr flexible Anpassungen zu, erfordern meist aber eine so individuelle Leistungserbringung, dass dabei Automatisierung und Kostenoptimierung auf der Strecke bleiben.

Das neue Ziel ist die Entwicklung von Service-Katalogen, bei denen jeder Service für sich mit standardisierten Technologien, Prozessen und hohem Automatisierungsgrad erbracht werden kann, solche Services sich aber flexibel und individuell zu Komplettlösungen "zusammenschalten" lassen.

Das allerdings erfordert nicht nur eine geschickte Umstrukturierung des Leistungsportfolios, sondern vor allem hohe Vorinvestitionen, bevor die Services auf den Markt gebracht werden können. Auch sind völlig andere, servicebasierte Preismodelle nötig, die es erlauben, die einzelnen Services mit Preisen zu versehen, aber auch in der Gesamtkalkulation den Anbieter "auf seine Kosten“ kommen zu lassen. Ein solcher Umbau des Geschäftsmodells ist schwierig und riskant und lässt jeden Kapitalgeber eines Anbieters ins Schwitzen geraten.

Anbieter, die nicht aus dem Kreis der etablierten IT-Dienstleister stammen, demonstrieren, wie so etwas funktionieren kann. Sie orientieren sich unmittelbar an den Kundenbedürfnissen, haben oft in einem entsprechenden Kerngeschäft Erfahrungen gesammelt, welche IT-Services dazu benötigt werden, und gestalten mit diesen Erfahrungen ihren Service-Katalog für den Drittmarkt. Ein typischer Vertreter dieser neuen Art von Dienstleistern ist Amazon.com, nicht als Shop, sondern als Anbieter von Technologie und Prozessdienstleistungen für andere Shops.

Auch Kunden müssen ihr Verhalten ändern, indem sie nicht mehr versuchen, dem Anbieter in die Leistungserbringung hineinzureden, sondern sich darauf konzentrieren, Services mit gewissen Qualitätsmerkmalen zu einem wettbewerbsfähigen Preis zu kaufen. Dazu gehört vor allem die Abkehr von der Denkweise, dass das Sourcing von Dienstleistungen über jeweils individuell gestaltete Projekte abgewickelt wird. An deren Stelle müssen systematische Einkaufsprozesse treten, wie sie in anderen Bereichen von gut eingespielten Einkaufsabteilungen praktiziert werden. Ein solcher Umbau der Denk- und Arbeitsweise auf der Kundenseite ist natürlich leichter gesagt als getan. Er wird auf beiden Seiten zusätzlich erschwert durch IT-Leute an der Nahtstelle zwischen Kunden und Lieferanten, deren Berufsbild sich dabei grundlegend verändern muss, was zu den entsprechenden Abwehrhaltungen führt.

Die Dienstleister sind gefordert, aus standardisierten Leistungen ein individualisierbares Lösungsportfolio zu entwickeln, das heißt, etwa in Analogie zur Automobilindustrie, aus weitgehend standardisierten Komponenten - dort wo es gewünscht wird - ein hochindividualisiertes Angebot aufzubauen.

Die Kunden hingegen müssen sich bei IT-Dienstleistungen - dort wo es möglich ist - viel stärker von den früheren, individuellen Outsourcing-Verträgen lösen und Einkaufsprozesse für Dienstleistungen "aus dem Katalog" entwickeln. Profitieren wird die Konstellation, bei der Wert auf eine Zusammenarbeit mit dem Dienstleister gelegt und auf dessen Standards eingegangen wird.