Miese Zeiten - miese Mittel. Diesen Sinnspruch stellt CIO.com-Autorin Stephanie Overby ihrem Text über das sogenannte Speed Sourcing voran. Nach ihren Beobachtungen bildet sich damit ein neuer Outsourcing-Trend heraus. Ziel ist, für einen neuen Vertrag nicht länger als drei Monate zu brauchen.
Speed Sourcing zeichnet sich durch folgende Merkmale aus:
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Statt sich umfassend über die Anbieter zu informieren, zieht man von vornherein nur bereits bestehende Partner und Branchen-Spezialisten in Betracht.
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Statt die eigenen Anforderungen detailliert zu Papier zu bringen, formuliert man ein "Request for services". Das sieht zum Beispiel so aus: "Wir sind ein Finanzdienstleister mit Niederlassungen in zehn Ländern und haben sieben Rechenzentren. Wir wollen outsourcen, um Kosten und Investitionsaufwendungen zu senken."
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Im Gegenzug legen die potenziellen Provider keine umfangreichen Pläne mehr vor, sondern Antworten wie: "Wir können Ihren IT-Betrieb über einen Zeitraum von zwei Jahren so konsolidieren, dass Sie etwa 30 bis 40 Prozent sparen."
Auf dieser Basis wird die Entscheidung getroffen. Details wie Service Level Agreements (SLAs) oder Zeit- und Ablaufpläne könne man ja besprechen, wenn die Tinte trocken ist, so die Befürworter von Speed Sourcing.
Sie bejubeln den neuen Trend. CIOs könnten mit dieser Taktik schneller reagieren, sagen sie. Es falle eine Menge Bürokratie weg. Der international tätige Outsourcing-Berater EquaTerra mit Sitz im texanischen Houston behauptet, einer seiner Kunden habe nach dem Speed Sourcing-Modell einen Vertrag binnen vier Monaten unterschrieben. Sonst brauche der Kunde neun Monate, mehr als doppelt so lang.
Speed Sourcing eignet sich nicht bei umfassenderen Change-Projekten
EquaTerra illustriert die Vorzüge von Speed Sourcing anhand eines kunstvollen Vergleiches: Beim traditionellen Outsourcing muss der Entscheider wie ein Bildhauer aus einem Stück Granit ein Pferd gestalten. Beim Speed Sourcing reicht es, wenn das Werk einem Tier ähnelt. Die Details können später ausgearbeitet werden.
Dennoch: Nicht jeder setzt auf dieses Pferd. Edward Hansen aus der Kanzlei Morgan, Lewis & Bockius’s Business and Finance Practice hält Speed Sourcing ausschließlich dann für sinnvoll, wenn der Entscheider unter starkem Zeitdruck steht. Hat aber jemand wenig Erfahrung mit Outsourcing oder steckt in einem Change-Projekt, rät Hansen zu traditionellem Auslagern. Mit dem Aufwand an Recherche und Information, Verhandeln und Diskussion, der dazu gehört.
Hansen sieht beim Schnell-Sourcen die Gefahr, dass der Kunde vom Ergebnis des Outsourcing-Projektes im Endeffekt enttäuscht ist. Damit stößt der Morgan Lewis-Mann ins gleiche Horn wie die User, die sich auf cio.com zu Wort gemeldet haben. Das Konzept sei naiv, gefährlich und erinnere an zwei Nachbarn, die sich per Handschlag über das Rasenmähen einigen, schreibt ein Nutzer namens Joseph Martins.
Die drei Bedingungen für Speed Sourcing
Ein Leser namens Cory Mann hält Speed Sourcing zwar für einen verlockenden Ansatz, gibt aber zu Bedenken, dass folgende Bedingungen erfüllt sein müssen:
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Der Kunde hat genau definierte Anforderungen,
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Berater, die sich auf dem Markt sehr genau auskennen und ihm für die Shortlist die richtigen Kandidaten vorschlagen und
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ungewöhnliche oder unübliche Bedingungen kommen schnell zur Sprache.
Er würde gern mehr Erfolgsgeschichten darüber hören, schreibt Cory Mann. Diesen würde allerdings ein User namens George G in Philadelphia ohnehin nicht trauen. Er wittert Absprachen zwischen Beratern und Providern geht davon aus, dass die Berater für Speed Sourcing-Verträge Provision von den Dienstleistern beziehen. Je schneller die Unterschrift gesetzt, umso mehr Geld gibt es, vermutet George G in Philadelphia.
Die Diskussion ist auf cio.com in Stephanie Overbys Artikel "Speed Sourcing: The new outsourcing trend" nachzulesen.