CIO des Jahres 2024

Und die diesjährigen IT-Oscars gehen an ...

21.10.2024 von Manfred Bremmer
Trotz angespannter Wirtschaftslage blieb bei der diesjährigen Gala zum CIO des Jahres – auch bekannt als die Oscar-Verleihung der IT-Branche – kein Auge trocken.
So sehen Sieger aus: Die Gewinner des CIO des Jahres 2024.
Foto: cio.de / Tobias Tschepe

Eineinhalb Tage lang wurde diskutiert, debattiert und präsentiert, doch dann ging es ans Feiern. Im Rahmen einer stimmungsvollen Gala wurden in der Motorworld München die Awards zum CIO des Jahres (CdJ) verliehen. Ein Event, so Katrin Müller-Hohenstein, TV-Moderatorin und Gastgeberin des Abends, das "über die Jahre zu einer wundervollen Tradition geworden ist".

Tatsächlich ist es in diesem Jahr bereits das 22. Mal, dass das CIO-Magazin und die COMPUTERWOCHE in einer Gala die besten der besten CIOs im Rahmen einer Gala auszeichnen. Der Award, so sind sich Veranstalter, Partner und Teilnehmer einig, ist hierzulande zur wichtigsten und größten Auszeichnung der IT-Branche geworden.

Und die mussten sich die prämierten CIOs hart verdienen: In diesem Jahr habe es sehr viele tolle Bewerbungen gegeben, große Transformationsprojekte in Bereichen wie Cloud, KI, Cybersecurity, Nachhaltigkeit, aber auch beim Organisationsmodell, betonte die Jury aus Wissenschaft, Industrie und Redaktion zum Auftakt der Veranstaltung.

Mit IT vor die Welle kommen

OTTO-CIO und Jurymitglied Michael Müller-Wünsch, in der CIO-Szene besser bekannt als MüWü, wies darauf hin, wie stark Technologie inzwischen die Geschäftstätigkeit der Unternehmen beeinflusst, ja sogar das Business selbst ist. "Wir müssen deutlich machen, wie die IT hilft, um 2025 wieder 'vor die Welle zu kommen", appellierte er an die zahlreichen CIO-Kollegen im Ballsaal.

Ermutigende Worte kamen auch von BSI-Präsidentin Claudia Plattner. Die Schirmherrin des Events ließ es sich nicht nehmen, in ihrer Begrüßungsrede "ein paar Worte über Sicherheit zu verlieren". Es gebe nur einen Weg zu mehr Sicherheit, nämlich alle an einen Tisch zu bringen. "Deutschland ist per se paranoisch", erklärte sie, das sei die beste Voraussetzung, um zu zeigen, dass wir Cybernation und Cybersicherheitsnation sein können.

Cloud Excellence Award für Bernd Leukert

Nach diesem Auftakt ging es gleich in medias res, nämlich zur Preisverleihung. Der erste Sonderpreis des Abends wurde mit dem "Cloud Excellence Award" vergeben. Gewinner war Bernd Leukert, Technologievorstand der Deutschen Bank, der sich mit seinem Team 2020 auf den Weg gemacht hatte, die Möglichkeiten der Cloud konsequent zu nutzen. Und das in einer Dimension und mit einer breit angelegten Strategie, die in dieser Form in Deutschland wohl einmalig ist, wie die Jury urteilte: sehr strukturiert, mit einem klaren Plan und dem Augenmerk darauf, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit auf die Reise zu nehmen.

Den Special Award für das beste Projekt im Bereich "Customer Experience"gewann Tim Engler, CIO von OBI, mit der Einführung einer neuen modularen Omnichannel-Plattform bei dem Baumarktriesen. Engler sei es dabei gelungen, den Kunden in den Mittelpunkt zu stellen und gleichzeitig eine spannende und handwerklich saubere Multichannel-Umsetzung zu realisieren, betonte Jury-Mitglied MüWü bei der Preisverleihung.

Der Young Talent Award, Förderpreis von CIO-Stiftung und CIO-Magazin, ging in diesem Jahr an Leonora Beifuß, Head of IT Process & Project Management beim Energieversorger Maingau Energie. Mit ihrem klaren strategischen Blick für die Weiterentwicklung des Geschäftsmodells und ihren exzellenten Kommunikationsfähigkeiten überzeugte die IT-Managerin die Jury und darf sich nun über das mit dem Preis verbundene Stipendium für ein MBA-Studium an der WHU - Otto Beisheim School of Management" freuen.

Den CIO Executive Award inklusive Teilstipendium für das Kellogg-WHU-Executive-MBA-Programm wiederum erhielt Stefan Latuski, CIO der Bundesagentur für Arbeit.

Erst ein Jahr beim neuen Arbeitgeber konnte Kathrin Braunwarth (zweite von rechts), CIO von Axa Schweiz, bereits den Special Award Artificial Intelligence ergattern.
Foto: cio.de / Tobias Tschepe

Doch zurück zu den Special Awards: So erhielt etwa Katrin Braunwarth, CIO von AXA Schweiz, den Sonderpreis "Artificial Intelligence". Ihr Projekt, den Versicherungskonzern zu einer Data-Driven-Company (DDC) zu machen, wurde von der Jury als "Playbook einer gelungenen Transformation" bezeichnet. Es enthält eine ganze Reihe von KI-Use-Cases, etwa den Einsatz von KI-Chatbots in der Schadensregulierung oder die automatische Analyse von Schadensfällen anhand von Bildmaterial.

Während der Corona-Epidemie ins Leben gerufen, aber noch immer brandaktuell, ist der Special Award "Transformation of Work", denn wie der diesjährige Preisträger Thomas Henzler, CIO von Piller Blowers & Compressors, bei der Preisverleihung betont: "Ein Projekt kann nicht funktionieren, wenn man die Organisation nicht hinbekommt."

So stand am Anfang der Initiative zum digitalen Arbeitsplatz bei dem Gebläse- und Kompressor-Spezialisten die Frage an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: 'Was würde helfen, wenn ihr euch etwas wünschen könntet?', berichtet er. Die Antworten hätten schließlich zur Entwicklung eines KI-Chatbots geführt.

In der Zwangsjacke Pullover stricken

BSI-Präsidentin Claudia Plattner und Andreas Gerhäuser, CIO der Autobahn GmbH, auf der Bühne.
Foto: cio.de / Tobias Tschepe

Bereits etabliert und hoch geschätzt ist die Auszeichnung für den besten CIO in der Kategorie Public Sector. Nicht ohne Grund, denn wie BSI-Chefin Claudia Plattner in ihrer Laudatio ausführte, sei IT im öffentlichen Dienst wie "Pullover stricken, während Du in einer Zwangsjacke steckst".

Dass sich die dabei erworbene Beharrlichkeit auszahlt, bewies Andreas Gerhäuser, CIO der Autobahn GmbH, der es nun im zweiten Anlauf auf den Spitzenplatz in der Kategorie geschafft hat. Das Mammut-Projekt TAG2: Gerhäuser und sein Team mussten in nur drei Jahren die Fachverfahren von 16 Bundesländern ablösen und durch einen bundesweit einheitlichen Standard ersetzen. Oder in Zahlen ausgedrückt: Fast 2.400 Anwendungen auf 250 konsolidieren.

Der Special Award "Cyber Resilience" ging an Marcus Sassenrath, CIO von Aurubis, der Ende 2022 mit seinem Team eine große Cyberattacke zu bewältigen hatte. "Eine 'once in a lifetime'-Erfahrung, die ich nicht missen - aber auch nie wieder erleben möchte", beschreibt er den Vorfall in seiner Bewerbung zum CIO des Jahres.

Dank umfangreicher Vorkehrungen ging die Sache glimpflich aus: Obwohl Tausende von Clients und 500 Server abgeschaltet wurden, war der Kupferproduzent bereits nach zwei Tagen wieder in der Lage, zu kommunizieren. Nach zehn Tagen konnte wieder in SAP gebucht werden und nach drei Wochen waren fast alle Systeme zurück.

Darauf bei der Preisverleihung angesprochen, machte CIO Sassenrath zwei Faktoren für die schnelle Recovery verantwortlich:

  1. Backup is King, Cloud is King - damit sei sehr schnell die Rückkehr zum Normalbetrieb möglich gewesen.

  2. Als IT klar in Führung gehen und Vertrauen schaffen.

Und natürlich, dass bei Aurubis OT und IT getrennt seien, fügte er hinzu.

ZSVR-CIO holt Sustainability-Jackpot

Nachhaltig beeindruckt zeigten sich die Jury und später auch das CdJ-Publikum von der Leistung des Preisträgers in der Sonderkategorie "Sustainability". Als "absoluten Jackpot, mehr geht nicht", bezeichnete denn auch Wolfram Nötzel, IT-Chef der Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZSVR), die Auszeichnung im Umweltbereich.

Ähnlich wie die Behörde für mehr Nachhaltigkeit bei Verpackungen sorgt, hat sich auch Nötzel als CIO zum Ziel gesetzt, den CO2-Verbrauch in der IT zu reduzieren. Die Maßnahmen reichen dabei von der Verlagerung der Rechenzentren nach Dänemark bis hin zu energieoptimiertem Code bei der Softwareentwicklung. "Wir können mit IT so viel einsparen, wenn wir besser steuern", so Nötzels Fazit, das zur Nachahmung anregt.

CIO des Jahres in der Kategorie Mittelstand darf sich ab sofort Rüdiger Hein, CIO von Sennheiser, nennen - auch wenn er - wie die Preisträger zuvor - auf die Leistung des gesamten Teams verwies. Mit einer umfassenden IT-Initiative schuf der Director Group IT die Basis für ein neues, digitales Geschäftsmodell des zuvor stark auf Audio-Hardware fokussierten Herstellers.

Petra Clemens beweist: Diversity ist machbar

Weil sie den Mut hatte, "Dinge anders zu machen", wurde Petra Clemens, Ex-CIO von VTG, der Special Award "Diversity" verliehen. Mit Maßnahmen wie Jobsharing oder der Investition in Quereinsteiger und gezielte Förderung schaffte es die IT-Managerin nicht nur, die Zufriedenheit des IT-Teams deutlich zu steigern. Ihr gelang es auch, im vergangenen Jahr 52 Prozent Frauen einzustellen.

"Dieser Wert hat mir gezeigt, dass die Implementierung einer Diversitätsstrategie in einem auch heute noch männerdominierten Bereich funktioniert und Früchte trägt", erklärte die inzwischen zu Cariad gewechselte CIO. Allerdings müsse diese Veränderung auch gelebt werden.

IT-Chef von E.ON wird CIO des Jahres der Großunternehmen

Sebastian Weber, CIO E.ON, nimmt die Auszeichnung für den CIO des Jahres Großunternehmen in Empfang.
Foto: cio.de / Tobias Tschepe

Womit wir auch schon beim Höhepunkt der Gala wären: der Preisverleihung in der "Königsklasse" CIO des Jahres Großunternehmen. Sebastian Weber von E.ON nahm die Auszeichnung erfreut, aber auch recht entspannt entgegen. "Normalerweise ist es schlecht, wenn die IT im Rampenlicht steht", erklärte der E.ON-CIO ironisch.

Grund, sich zu verstecken, hatte Weber angesichts der erbrachten Leistung aber definitiv nicht: In dem 2021 gestarteten Projekt haben Weber und sein Team die größte Cloudifizierung der Industrie für 47 Millionen Kunden sowie eine der weltweit größten Migrationen von SAP auf Oracle-Systemen nach Azure durchgeführt.

Bei der Umsetzung habe er sich an den drei Führungsprinzipien von Satya Nadella orientiert, erklärte der langjährige Microsoft-Manager bei der Preisverleihung: Klarheit schaffen, Energie erzeugen, Erfolge liefern.