Fragt man Jeff, ist alles ganz einfach. Datenquellen, Business-Logik und User-Schnittstellen werden zusammengebaut, und oben kommt ein Lenkrad drauf: Der glückliche Nutzer lenkt, die IT denkt. So erklärt es jedenfalls Momentum-Gründer Jeff Schneider in seinem Blog. Zwecks bildlicher Erklärung einer SOA hat er ein Lego-Männchen vor einem perfekt zusammengebauten Lego-Klotz fotografiert. In der Praxis sieht die Sache allerdings anders aus. Vor allem das Messen der SOA-Performance ist kein Kinderspiel.
Festzustehen scheint nur eins: Business und IT haben verschiedene Bilder davon, was die Performance einer SOA überhaupt ist. Das bestätigen nicht nur die Analysten von Aberdeen bis Forrester, auch die Praxis unterstützt diese Einschätzung. Nach den Erfahrungen von Peter Fettke vom Institut für Wirtschaftsinformatik am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz in Saarbrücken reichen die Vorstellungen von der Prozessqualität über die Verrechnungspreise von Services bis zur realisierbaren Anzahl der Serviceaufrufe pro Zeiteinheit. Das Ganze präsentiert sich also als Mix aus nicht monetären, monetären und technischen Größen.
Für Wolfgang Martin beginnen mit diesen unterschiedlichen Sichtweisen auch die Schwierigkeiten bei der Performance-Messung. Dabei habe die IT ihre Hausaufgaben gemacht, sagt der IT-Berater und SOA-Experte: „Die IT hat verstanden, was Services sind, wie man sie schneiden sollte und welche neuen Rollen für das Managen von Services entwickelt werden müssen“, so Martin. Die Business-Seite dagegen brauche Nachhilfe: „In den Fachabteilungen ist noch nicht angekommen, dass anders gedacht und gearbeitet werden muss, nämlich prozessorientiert“, so der Experte.
„Eine SOA ohne SLAs ist tot“
Klare Defizite stellt Wolfgang Martin bei der SOA Governance fest, die die Grundlage für jede Messung bildet. Im „SOA Check 2008“, einer Studie, die er als Research Advisor der Steinbeis Hochschule Berlin gemeinsam mit der Technischen Universität Darmstadt durchgeführt hat, erklärt nur jeder fünfte Befragte, es gebe eine SOA Governance im Unternehmen. Immerhin: 55 Prozent bereiten eine solche vor. Aber 24 Prozent sehen dazu keinen Grund. Für Wolfgang Martin ist SOA Governance immer Teil der Corporate Governance. „Hier müssen Verantwortlichkeiten und Rollen festgelegt werden. Das ist null verstanden worden.“
Dass 51 Prozent der Befragten noch nicht einmal Service Level Agreements (SLAs) verwenden, geht dem SOA-Experten nicht in den Kopf. Sein Kommentar: „Eine SOA ohne SLAs ist tot.“ Nach Ansicht von Aberdeen
sollten SLAs zumindest die Skalierbarkeit von Produktionsvolumina, Verlässlichkeit und Verfügbarkeit beinhalten.
Doch bei allem Lob für die Technik sieht Wolfgang Martin auch dort Verbesserungsbedarf. „Was nicht verstanden wurde, ist die Granularität der Services“, erklärt er. Mögliche Lösung: die Services hierarchisieren. Ein solches Modell kann zur Messung der SOA-Performance herangezogen werden und beinhaltet fünf Stufen. Basis sind die Infrastruktur-Services. Darauf bauen die technischen Services auf. Darüber liegen die fachlichen Services. Stufe vier sind die Prozesse und Stufe fünf die Produkte und Strategien eines Unternehmens. Fazit: „Ein Unternehmen braucht Service Packaging, um die Granularität der Services zu managen“, sagt Martin. Während das in den Labs der großen Player bereits angekommen sei, hätten es deren Kunden allerdings noch nicht begriffen. Branchenkenner fügen an: die meisten Analysten übrigens auch nicht.
Gefragt sind ganzheitliche Ansätze
Klingt hoffnungslos. Die Analysten von Aberdeen wissen Rat: Sie empfehlen einen ganzheitlichen Ansatz, der technische Aspekte ebenso umfasst wie organisatorische. Deshalb sollten für SOA-Projekte gemischt
besetzte Teams aufgestellt werden. Jede Abteilung müsse ihre Anforderungen klar definieren und ihre Messkriterien festlegen. Dazu können die Rate der Wiederverwertbarkeit der Services zählen, die Kosten für Entwicklung und Wartung oder die Nutzerzufriedenheit. Wichtig: Diese Gremien brauchen die Rückendeckung der Führungsriege.
Das hält auch Wolfgang Martin für eine gute Idee. „Wir brauchen eine ganz neue Arbeitsteilung zwischen IT und Business“, sagt er. Solche Kompetenzzentren seien aber nicht nur für SOA, sondern auch für Business Intelligence oder Stammdaten-Management sinnvoll. Schließlich müssten sich Unternehmen neu aufstellen. Ohne Prozessorientierung auf allen Ebenen kann vor dem Hintergrund verschärften Wettbewerbs und immer mehr Compliance kein Unternehmen mehr bestehen. Und die Analysten von Aberdeen schreiben CIOs in Sachen SOA einen wohlbekannten Grundsatz auf die Agenda: „If you can’t measure it, you can’t manage it.“ Damit hapert’s allerdings derzeit noch gewaltig.