"IT-Management an der Hochschule unterscheidet sich grundsätzlich von dem in Unternehmen", behauptet Arndt Bode, Vizepräsident an der Technischen Universität München und erster Hochschul-CIO Deutschlands. Der Informatikprofessor wurde 2001 für das Amt bestellt und beschäftigt sich seitdem damit, die Services für Forschung, Lehre und Verwaltung zu verbessern. "Ich denke, dass der CIO seine Universität von innen heraus gut kennen muss", sagte Bode im Interview mit dem Internet-Portal Campus-Innovation. "Daher muss er Professor sein oder zumindest gewesen sein." Ein extern gewonnener Dienstleister könne das IT-Management einer Universität nicht erfolgreich umsetzen.
Mehr noch als in Unternehmen hat es der IT-Verantwortliche einer Hochschule mit Menschen zu tun, die in besonderem Maße selbstbewusst und kritisch sind. Bode: "Der CIO kann die Mitglieder nicht regieren."
Diese Erfahrung teilt auch Holger Fischer, Vizepräsident der Universität Hamburg. Dort wurde zum Wintersemester ein neues Campus-Informationsmanagement-System eingeführt. Im Rückblick bedauert Fischer den erheblichen Zeitdruck, dem man sich mit der Einführung des Systems ausgesetzt hatte. Die Zeit, mit den Betroffenen zu reden, war zu knapp. "Ich kann nur raten, zunächst eine intensive Phase zur Beratung der Geschäftsprozesse voranzustellen.“ Wer hat welche Zuständigkeiten und Vollmachten? Wie plane ich die Lehrveranstaltungen? Aus Zeitgründen wurden diese Fragen in Hamburg erst parallel zur technischen Einführung geklärt. "Das hat die Fakultäten überfordert, denn es führt doch zu einigen Diskussionen", berichtet Fischer.
IT für Universitäten unverzichtbar
Unbestritten ist für beide Professoren jedoch, dass die Universitäten immer mehr auf IT angewiesen sind, um die Abläufe in der Verwaltung sowie Forschung und Lehre zu verbessern. Nur mit Hilfe des neuen Systems bewältigen die Hamburger die Anforderungen beispielsweise für die neuen Bachelor-Studiengänge. "Mit dem jetzigen Personal hätten wir das niemals geschafft", sagt Fischer. Allein die zusätzlichen studienbegleitenden Prüfungen, die mit Einführung der Bachelor-Studiengänge auf die Hochschule zukommen, schafften die Mitarbeiter des Prüfungsamtes nur dank der neuen elektronischen Unterstützung.
München und Hamburg sind keine Ausnahmen mehr in der Etablierung eines IT-Managements in den Wissenschaftsbetrieben. Wie die Hochschulbefragung zur "eReadyness" der deutschen Hochschulen ergab, verfügen heute mehr als 70 Prozent der Einrichtungen über eine EDV-basierte Administration. Nahezu der Rest, 24 Prozent, plant dies. Dabei sind die Anwendungen in einer Universität äußerst vielfältig. Sei es der Online-Zugriff auf die Bibliothek oder die Möglichkeit, Vorlesungen im Internet verfolgen zu können.
Vor diesem Hintergrund kann es nicht überraschen, dass die Mehrzahl der deutschen Hochschulen inzwischen auch ein professionelles IT-Management für unumgänglich hält. Über 60 Prozent der Hochschulen haben bereits - nach dem Vorbild vieler Unternehmen - einen CIO berufen oder eine vergleichbare Instanz in der Hochschulleitung eingeführt. Weitere zehn Prozent denken darüber nach, dies zu tun.
Die Zahlen sollten allerdings mit Vorsicht genossen werden, meint Ulrich Schmid vom Multimedia Kontor Hamburg. "Oft sind es Professoren, gleichgültig welcher Fachrichtung, die dann noch den Extra-Hut CIO aufgedrückt bekommen", beobachtet er. Immerhin: Die Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass die Universitäten mittlerweile sensibel für das Thema sind. "Das Problembewusstsein ist wenigstens schon da", sagt Schmid. Doch seiner Meinung nach steht das deutsche Hochschulwesen erst am Anfang dieser Entwicklung.
Unis mit positiver Einstellung gegenüber IT
Klar ist: Je größer die Einrichtung, desto höher der Verwaltungs- und Servicebedarf und entsprechend größer auch das Engagement im Bereich IT und digitale Medien. Und nicht nur die IT-Nutzung, sondern auch die Bewertungen und Einstellungen gegenüber der Informationstechnologie sind an deutschen Hochschulen überraschend positiv.
Rund 90 Prozent der Hochschulen versprechen sich bessere Services durch IT, und mehr als 70 Prozent gehen von Wettbewerbsvorteilen aus. Skepsis herrscht hingegen, wenn es um vermeintliche Kostenvorteile und Einspareffekte geht: Weder vom eLearning noch vom EDV-Einsatz in der Verwaltung verspricht man sich primär finanzielle Entlastungen. Denn es gibt einen weiteren wesentlichen Unterschied zwischen Wirtschaft und Wissenschaft: "Universitäten müssen nicht wie Unternehmen denken, sie müssen vor allem verwalten." Zumindest war es bislang so.