Herr Fadell, zum Kauf von Nest durch Google erklärten viele Internet-Nutzer, sie würden sich kein Gerät Ihres Unternehmens mehr kaufen. Hatten Sie diesen Verlust potenzieller Kunden einkalkuliert?
Tony Fadell: Diese Leute sollten zunächst einmal die Ergebnisse abwarten und dann urteilen. Wir haben jetzt ganz klar gesagt, dass Nest-Daten nur für Nest-Produkte verwendet und nicht mit den restlichen Google-Daten zusammengerührt werden. Mit der Zeit kann es sicherlich auch erhebliche Synergie-Effekte geben. Aber wenn das passieren sollte, werden wir unsere Nutzer transparent darüber informieren und sicherstellen, dass sie dem erst Zustimmen müssen.
Was bietet ihnen Google, was sie nicht als eigenständiges Unternehmen haben konnten?
Tony Fadell: Wir denken, dass wir zusammen mit Google einen viel besseren Service bieten können. So versuchten wir schon seit einiger Zeit, nach Europa zu kommen. Aber unsere Produkte steckt man nicht einfach in den USB-Anschluss eines Computers. Die Technik in den Haushalten überall auf der Welt ist anders, ebenso die Regulierung. Jetzt können wir in Europa schneller vorankommen. Bei diesem Deal ging es nicht ums Geld. Wir haben uns nicht gefragt, wie können wir möglichst viel Geld einsacken und unsere Kunden verkaufen. Wir wollen die Welt verändern und unseren Kunden bestmögliche Produkte bieten.
Nun haben Sie Nest für 3,2 Milliarden Dollar verkauft. Eine ähnliche Summe soll jüngst das Start-up Snapchat abgelehnt haben, bei dem Fotos nach Ansicht verschwinden. Verkauften Sie zu billig?
Tony Fadell: Leute könnten jetzt sagen, Tony Fadell ist ein schlechter Geschäftsmann, er hätte Milliarden mehr herausholen können. Aber: Meine Leidenschaft ist es, Produkte zu entwickeln. Ich musste mich jedoch 90 Prozent der Zeit um Infrastruktur oder Regulierungsfragen kümmern. Das war ineffizient für mich und nicht gut für die Firma.
Sie sagten auch, bei diesem Deal gehe es um einen größere Vision. Wie sieht sie aus?
Tony Fadell: Wenn man verschiedene Teile seines Lebens vernetzt, kann das viele Vorteile bringen. Was passiert zum Beispiel, wenn das Auto mit Geräten im Haushalt kommuniziert? Ich weiß nicht, was alles da genau passieren wird - aber dass diese Vernetzung kommt, ist klar. Und wir wollen diesen Trend entscheidend mitprägen.
Der Fokus lag bisher meist auf der Zukunft der Daten von Nest. Aber ihre Thermostate könnten mindestens genauso gut umgekehrt von den Daten profitieren, die Nutzer bei Google lagern. Kommt es dazu?
Tony Fadell: Manche Leute haben gesagt, ich will Nest nicht mehr nutzen, weil ich nicht will, dass Google noch mehr über mich weiß. Aber die Menschen setzen bereits viele Google-Dienste wie Kalender oder E-Mail ein, die unsere Geräte sehr gut gebrauchen könnten. Derzeit gibt es wie bei vielen früheren Technologien viel Misstrauen, dass wir in einem Dialog überwinden müssen. Wenn wir immer alles abgelehnt hätten, würden wir nicht in der heutigen Welt leben.
Sie machten sich einen Namen als Entwickler des iPod-Players bei Apple. Einige der früheren Kollegen scheinen unglücklich über Ihren Wechsel ins Google-Lager zu sein - so folgt Ihnen Marketingchef Phil Schiller nicht mehr bei Twitter. Hatten Sie damit gerechnet?
Tony Fadell: Ich habe viele Freunde in Cupertino, ich habe Glückwünsche aus dem Management bekommen. Ich habe Respekt für beide Unternehmen. Es war nichts persönliches, es ging darum, wie wir am besten unsere Vision umsetzen können. Wir bleiben mit Apple-Geräten kompatibel - und ich gehe davon aus, dass unsere Zusammenarbeit weitergeht.
Die Nest-Geräte bleiben also in den Regalen der Apple-Stores?
Tony Fadell: Wir haben dazu sehr gute Gespräche mit unserer Freunden bei Apple gehabt und nichts hat sich geändert.
Zugleich haben wir gesehen, wie schnell Google Projekte schließen kann, wenn sie Erwartungen nicht erfüllen. Drei Milliarden Dollar ist eine Summe die Google verschmerzen kann. Wie können Sie sicher sein, dass nicht nach ein paar Jahren Schluss ist?
Tony Fadell: Wir sind direkt Konzernchef Larry Page unterstellt. Wir haben Zusicherungen, dass wir unabhängig agieren können. Man muss Menschen vertrauen. Es gibt keine Garantie. Wir müssen unsere Arbeit machen und dann werden wir sehen. Manche Sachen funktionieren halt nicht. Das ist bei Google so und war auch bei Apple nicht anders. Aber wir sind überzeugt, dass wir am richtigen Ort gelandet sind. (dpa/rs)