"Die deutsche Wirtschaft ist weltweit vernetzt und hoch digitalisiert und damit stark gefährdet durch Internetkriminalität", so Dr. Christopher Lohmann, CEO Germany und Zentraleuropa bei AGCS (Allianz Global Corporate & Specialty SE), bei der Vorstellung des Allianz Risk Barometer 2015. Cyber-Risiken gehören für deutsche Unternehmen erstmals zu den Top 3 der Business-Risiken.
Cyber-Risiko gleich Business-Risiko
Wie real die Risiken durch Cybercrime, IT-Ausfälle, Datenspionage und Datenpannen sind, zeigen unter anderem Studien des Digitalverbandes Bitkom: 51 Prozent aller Unternehmen in Deutschland sind in den vergangenen zwei Jahren Opfer von digitaler Wirtschaftsspionage, Sabotage oder Datendiebstahl geworden, der entstandene Schaden für die gesamte deutsche Wirtschaft wird auf rund 51 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt.
Eine Reaktion auf die wachsenden Cyber-Bedrohungen sind steigende Security-Ausgaben. 59 Prozent der Sicherheitsexperten rechnen laut dem eco-Report "IT Sicherheit 2015" damit. Alleine mit Security können die Cyber-Risiken zwar gesenkt werden, doch auch in diesem Risikobereich bleiben Restrisiken bestehen, getreu der Erkenntnis, dass es keine hundertprozentige Sicherheit gibt.
Aus diesem Grund werden für viele Unternehmen sogenannte Cyber Risk Insurances, also IT-Security-Versicherungen, zunehmend interessant. Das gilt insbesondere dann, wenn bereits ein Sicherheitsvorfall aufgetreten ist. Laut einer Ponemon-Studie hatten 70 Prozent der Unternehmen besonders hohes Interesse an einer Cyber-Versicherung, wenn sie in den letzten 24 Monaten eine Datenpanne erlebt hatten.
Restrisiko einer Cyberattacke versichern
In den USA ist die Verbreitung spezieller Cyber-Risk-Versicherungen schon weit fortgeschritten. Wie die Umfrage "Cyber Survey 2015" der RIMS (The Risk Management Society) ergab, haben 51 Prozent der befragten Risikomanager bereits eine entsprechende Versicherung abgeschlossen. 74 Prozent der Befragten ohne eine solche Versicherung wollen dies innerhalb der nächsten ein bis zwei Jahren nachholen.
US-Unternehmen, die sich für eine Cyber Risk Insurance entscheiden, wollen sich insbesondere gegen die Folgen von Rufschädigungen (79 Prozent), Geschäftsunterbrechungen (78 Prozent) und die Kosten durch Informationspflichten bei Datenpannen und IT-Sicherheitsvorfällen (73 Prozent) absichern.
Cyber-Risiken, die in den USA hauptsächlich durch spezielle Versicherungen adressiert werden:
Kosten durch Informationspflichten bei Datenpannen
Online-Erpressung
Betriebs- und Netzwerkunterbrechung
Kosten durch Datenwiederherstellung
Strafen und Geldbußen nach Datenpannen
Imageschäden nach Datenpannen
Haftungsrisiken für Mandatsträger
Diebstahl von Betriebsgeheimnissen
Die gleichen Risiken bestehen natürlich auch für deutsche Unternehmen, auch mögliche Kosten durch Informationspflichten können Unternehmen in Deutschland betreffen, wie unter anderem das Bundesdatenschutzgesetz (§ 42a BDSG) und die geplante EU-Datenschutz-Grundverordnung zeigen.
"Cyber-Versicherung kein Freifahrtschein"
Cyber-Risk-Versicherungen werden von verschiedenen IT-Sicherheitsexperten nicht nur positiv gesehen. Kritiker befürchten, dass sich Unternehmen zu sehr auf ihren Versicherungsschutz verlassen und IT-Sicherheitslücken nicht durch optimierte oder zusätzliche Security-Maßnahmen schließen, sondern einfach auf die Cyber Risk Insurance vertrauen. Mit diesem Verhalten wollen nicht nur Security-Verantwortliche aufräumen, indem sie erklären, dass eine Cyber-Versicherungspolice kein IT-Sicherheitskonzept darstellt.
Auch Versicherungsgesellschaften sehen ihre Produkte nicht als Security-Maßnahmen, sondern als Ergänzung der weiterhin zwingend erforderlichen IT-Security. "Eine Cyber-Versicherung ist selbstverständlich kein Freifahrtschein für den unbesorgten Umgang mit Daten. So sollten Versicherungsnehmer wöchentlich alle Daten sichern und das Backup prüfen. Darüber hinaus sollte eingesetzte Software regelmäßig aktualisiert werden. Auch eine aktuelle, professionelle Antivirensoftware ist unverzichtbar", so Dirk Kalinowski, Experte für IT- und Cyberversicherungen bei AXA.
Ein Blick in die Versicherungsbedingungen zeigt in der Regel schnell, dass Unternehmen als Versicherungsnehmer gewisse Pflichten in der IT-Sicherheit haben, um in den Genuss der Versicherungsleistungen zu kommen. Oftmals sind Security Reviews im Vorfeld des Versicherungsvertrages vorgesehen. Zudem kann der Nachweis vorhandener Security-Maßnahmen die Höhe der Versicherungsprämie senken.
Notwendiges Zusammenspiel zwischen Security, Risikomanagement und Cyber-Versicherung:
Gemeinsame Identifizierung der IT-Risiken, die durch Security-Maßnahmen angegangen werden können, und der Restrisiken, die versichert werden sollen
Prüfung der tatsächlichen Security-Situation (Security Risk Review)
Abgleich der vorhandenen Security mit den Pflichten des Versicherungsnehmers
Ergänzung fehlender Security-Maßnahmen, ggf. durch Security Services, die der Versicherer im Versicherungspaket mit anbietet
Prüfung, ob die Versicherungsprämie durch zusätzliche Security reduziert werden kann
Abgleich, welche IT-Risiken tatsächlich im Versicherungsumfang enthalten sind
Prüfung, wie die bestehende Versicherung angepasst werden kann, wenn neue Gefahren auftreten
Prüfung, wie die bestehende Versicherung angepasst werden kann, wenn neue Security-Lösungen eingesetzt werden
IT-Security & Restrisiko-Versicherung bilden Team
Das notwendige Zusammenspiel von Cyber-Risk-Versicherung und Security-Maßnahmen wird besonders deutlich, wenn man sich die Kooperationen auf dem Markt ansieht, die zwischen Versicherern und Security-Providern entstehen:
Bei der Hiscox Cyber Versicherung gibt es nicht nur einen finanziellen Versicherungsschutz als Eigenschadenversicherung und Cyber-Haftpflichtversicherung. Im Schadenfall unterstützt HiSolutions, ein Anbieter im Bereich Abwehr von Cyberattacken und Wiederherstellung verlorener Daten.
Swiss Re Corporate Solutions arbeitet mit IBM Security zusammen, um für Unternehmen weltweit Cyber-Risk-Protection-Produkte und -Services bereitzustellen. IBM bewertet in einem Assessment die externen und internen Schwachstellen von Kunden für Cyber-Attacken und liefert so die Grundlage, Risiken zu minimieren. IBM und Swiss Re Corporate Solutions planen auch Services, um den Schutz von Kunden gegen Cyber-Bedrohungen zu verbessern.
Aon Risk Solutions nimmt an dem Wide Impact Cyber Security Risk Framework (WISER) teil, einem Projekt im Rahmen des EU Horizon 2020 Programms. Die WISER Risk Plattform soll Unternehmen bei der Suche und Bewertung kritischer Schwachstellen helfen.
Der Security-Anbieter FireEye verfügt über ein spezielles Cyber Risk Insurance Team und arbeitet mit verschiedenen Versicherungsgesellschaften zusammen. Während FireEye die Sicherheitsrisiko-Analyse übernimmt, im Fall einer Datenpanne bei den notwendigen Reaktionen unterstützt und mit seinen Lösungen das Risiko erfolgreicher Attacken reduzieren will, kümmern sich die Versicherungen um die Absicherung der Restrisiken.
Kudelski Security wurde von Zurich Insurance Group (Zurich) als einer der Cyber-Security-Partner ausgewählt, um gemeinsam eine Versicherungslösung anzubieten, die die Unternehmen auch durch Security Services vor möglichen Attacken schützt.
IT-Security mit Cyber-Risk-Versicherung optimieren
Tatsächlich kann das Vorhaben, eine Cyber-Risk-Versicherung abzuschließen, dabei helfen, das Security-Niveau im betreffenden Unternehmen zu erhöhen: durch die Erfüllung der geforderten Beistellpflichten im Security-Bereich, durch die Security-Reviews und den Anreiz, die Versicherungsprämie zu senken, aber auch durch kombinierte Angebote aus Versicherungsschutz und Security Services.
Die Ponemon-Studie 2015 Cost of Data Breach Study ergab zudem, dass Cyber-Versicherungen einen konkreten Einfluss auf die Kosten von Datenpannen haben: Datenpannen verursachen bei Unternehmen in Deutschland pro Datensatz Kosten von 211 US-Dollar. Passende Versicherungen helfen dabei, die Kosten zu senken: 4,40 US-Dollar pro Datensatz können Unternehmen damit einsparen, so das Ponemon-Institut.
Bei der großen Anzahl betroffener Datensätze im Fall einer Datenpanne kann sich eine Cyber Risk Insurance also schnell rechnen, insbesondere dann, wenn durch die Security-Maßnahmen die Wahrscheinlichkeit für IT-Sicherheitsvorfälle ebenso gesenkt wird, wie die zu zahlende Versicherungsprämie. Security Services und Cyber-Versicherungen können also ein gutes Team bilden - wenn sie gut aufeinander abgestimmt sind.