Daimler bei Whatsapp

Unternehmen müssen Bewerber abholen

13.05.2015 von Andrea König
Unternehmen müssen heute dorthin, wo sich ihre Bewerber aufhalten. Sie nutzen Active Sourcing, veranstalten Hackathons und setzen auf Social Media-Kanäle. Doch auch Bewerber aus gefragten Berufen sollten sich trotzdem selbst mit einem Onlineprofil präsentieren.

"Früher wandte man im Recruiting gern die Methode 'Post and Pray' an. Es wurde eine Anzeige in einer überregionalen Zeitung geschaltet und auf Bewerbungen gewartet", erinnert sich Ute Blindert, deren Ratgeberbuch "Per Netzwerk zum Job" gerade im Campus Verlag erschienen ist.

Ute Blinderts Ratgeberbuch "Per Netzwerk zum Job" ist gerade im Campus-Verlag erschienen.
Foto: Christine Sommerfeldt

"Heute müssen die Unternehmen dorthin gehen, wo sich ihre Bewerber aufhalten", so Blindert. Das betreffe alle Unternehmen. Auch die großen Arbeitgeber, denn sie müssten sich darum bemühen, die richtigen Kandidaten zu bekommen. "Dafür bauen sie zum Beispiel eigene Active Sourcing-Abteilungen auf, deren Mitarbeiter gezielt Kontakt zu geeigneten Kandidaten aufbauen", erläutert die Autorin. Auch die Unternehmenskultur und Empfehlungssysteme nennt sie im Gespräch als Bausteine, die zu erfolgreichem Recruiting beitragen.

Recruiting früher und heute
Ganz klassisch
Früher lief Recruiting so: Stellenanzeige in einer überregionalen Zeitung und dann ...
Recruiting früher
... beten und auf passende Bewerbungen warten.
Bewerbungen
Unter diesen Bewerbungen konnte man dann den passenden neuen Mitarbeiter auswählen.
Zum Bewerber
So läuft es heute nicht mehr. Unternehmen müssen dorthin, wo die Bewerber sich aufhalten.
Direktansprache
Sie sprechen Bewerber zum Beispiel ganz gezielt über Xing an.
Active Sourcing
Besonders größere Unternehmen bauen Active Sourcing-Abteilungen auf, die gezielt Kontakt zu Kandidaten aufbauen.
Modernes Recruiting
Moderne Formate für eine gezielte Ansprache von möglichen Bewerbern sind zum Beispiel Programmierveranstaltungen.

Ein Beispiel für innovative Wege im Recruiting bietet der Automobilkonzern Daimler, der seit März den Messengerdienst Whatsapp nutzt. Martin Maas, der beiDaimler das Employer Branding betreut, sagt dazu: "Whatsapp nutzt bei uns im Team jeder privat und wir haben schon länger überlegt, wie wir über Whatsapp in einen Bewerberdialog treten können. Aber uns hat gebremst, dass das Tippen auf der Smartphonetastatur lange dauert und schnell Rechtschreibfehler entstehen."

Martin Maas betreut bei Daimler das Employer Branding.
Foto: Daimler

Als im Januar dann die Web-Version für Whatsapp verfügbar war, wurden die Pläne schnell konkret. "Über Whatsapp möchten wir einzelnen Zielgruppen verschiedene Berufsbilder bei Daimler näherbringen und ihnen für einige Stunden Echtzeitkontakt zu einem unserer Mitarbeiter ermöglichen", erläutert Maas. Das sollen Einblicke sein, die die Zielgruppe in keiner Broschüre erhält. "Der jeweilige Kollege berichtet mit Texten und Fotos von seinem Arbeitstag und das Team vom Personalmarketing beantwortet alle Karrierefragen, die über die Whatsapp-Gruppe gestellt werden", so Maas.

Streng genommen betrachtet man das bei Daimler nicht als Recruiting: "Wir unterscheiden stark zwischen Recruiting und Employer Branding. Whatsapp zählt zum Employer Branding. Ein Recruiter ist während des Tages nicht dabei und die Teilnehmerdaten löschen wir direkt im Anschluss des Chats", sagt Maas. Nach einem ersten Piloten wurde das Format bereits mit einem Teamleiter aus der IT wiederholt und soll weiter ausgebaut werden.

Recruiting mit Hackathons

"Per Netzwerk zum Job", Campus Verlag, 17,99 Euro
Foto: Campus

Ute Blindert kennt weitere Anlaufstellen, bei denen Unternehmen auf ITler treffen. "Speziell für Entwickler gibt es zum Beispiel das Stellenportal Careers 2.0 by Stack Overflow", sagt die Autorin. Dort gefalle ihr der Umgang besonders gut. Wenn Mitglieder für unpassende Jobs angesprochen werden, können diese Recruiter sperren. Für IT-Entwickler sei das besonders interessant, da sie ja so oft nach dem Prinzip "Gießkanne" angesprochen werden, so Blindert. Sie findet: "Gerade IT-Experten packt man am besten über ihre Themen. Hackathons sind gute Beispiele dafür, wie das gelingen kann."

Immer auch als Kandidat mit Online-Profil präsentieren

Doch nur weil man auf dem Arbeitsmarkt gefragt ist, sollte man sich bei der Jobsuche nicht komplett auf die Arbeitgeber verlassen. "Ganz unabhängig von der Karrierestufe ist es grundsätzlich wichtig, sich online mit einem Profil zu präsentieren. Informatiker sind hier oft zurückhaltend, weil sie so viele Anfragen erhalten. Doch wer sich hier nicht positioniert, verbaut sich viele Chancen", rät Ute Blindert. Im Profil sollte man sich dann so zeigen, wie man in zwei Jahren arbeiten möchte. Nicht nur bei den Keywords sondern auch auf dem Foto. Bei Xing gibt es die Möglichkeit, seine Karrierewünsche einzutragen und dort genau festzulegen, wer diesen Eintrag sehen darf. So kann man ihn zum Beispiel nur für Headhunter zugänglich machen.

"Gute Headhunter erkennt man daran, dass sie im Auftrag eines Kunden handeln und man an ihrer Ansprache merkt, dass sie sich mit dem eigenen Profil befasst haben", findet Ute Blindert. Der Kontakt zu Headhuntern lohne sich zum Beispiel auch deshalb, weil sie ein sehr gutes Gespür dafür haben, welche Gehälter man verlangen kann. Und die Autorin weiß: "Generell haben auch die Headhunter ein sehr großes Interesse an einer längerfristigen Vermittlung, denn einen Teil ihres Honorars erhalten sie erst, wenn der Kandidat mindestens sechs Monate im Unternehmen arbeitet."