"Früher wandte man im Recruiting gern die Methode 'Post and Pray' an. Es wurde eine Anzeige in einer überregionalen Zeitung geschaltet und auf Bewerbungen gewartet", erinnert sich Ute Blindert, deren Ratgeberbuch "Per Netzwerk zum Job" gerade im Campus Verlag erschienen ist.
"Heute müssen die Unternehmen dorthin gehen, wo sich ihre Bewerber aufhalten", so Blindert. Das betreffe alle Unternehmen. Auch die großen Arbeitgeber, denn sie müssten sich darum bemühen, die richtigen Kandidaten zu bekommen. "Dafür bauen sie zum Beispiel eigene Active Sourcing-Abteilungen auf, deren Mitarbeiter gezielt Kontakt zu geeigneten Kandidaten aufbauen", erläutert die Autorin. Auch die Unternehmenskultur und Empfehlungssysteme nennt sie im Gespräch als Bausteine, die zu erfolgreichem Recruiting beitragen.
Ein Beispiel für innovative Wege im Recruiting bietet der Automobilkonzern Daimler, der seit März den Messengerdienst Whatsapp nutzt. Martin Maas, der beiDaimler das Employer Branding betreut, sagt dazu: "Whatsapp nutzt bei uns im Team jeder privat und wir haben schon länger überlegt, wie wir über Whatsapp in einen Bewerberdialog treten können. Aber uns hat gebremst, dass das Tippen auf der Smartphonetastatur lange dauert und schnell Rechtschreibfehler entstehen."
Als im Januar dann die Web-Version für Whatsapp verfügbar war, wurden die Pläne schnell konkret. "Über Whatsapp möchten wir einzelnen Zielgruppen verschiedene Berufsbilder bei Daimler näherbringen und ihnen für einige Stunden Echtzeitkontakt zu einem unserer Mitarbeiter ermöglichen", erläutert Maas. Das sollen Einblicke sein, die die Zielgruppe in keiner Broschüre erhält. "Der jeweilige Kollege berichtet mit Texten und Fotos von seinem Arbeitstag und das Team vom Personalmarketing beantwortet alle Karrierefragen, die über die Whatsapp-Gruppe gestellt werden", so Maas.
Streng genommen betrachtet man das bei Daimler nicht als Recruiting: "Wir unterscheiden stark zwischen Recruiting und Employer Branding. Whatsapp zählt zum Employer Branding. Ein Recruiter ist während des Tages nicht dabei und die Teilnehmerdaten löschen wir direkt im Anschluss des Chats", sagt Maas. Nach einem ersten Piloten wurde das Format bereits mit einem Teamleiter aus der IT wiederholt und soll weiter ausgebaut werden.
Recruiting mit Hackathons
Ute Blindert kennt weitere Anlaufstellen, bei denen Unternehmen auf ITler treffen. "Speziell für Entwickler gibt es zum Beispiel das Stellenportal Careers 2.0 by Stack Overflow", sagt die Autorin. Dort gefalle ihr der Umgang besonders gut. Wenn Mitglieder für unpassende Jobs angesprochen werden, können diese Recruiter sperren. Für IT-Entwickler sei das besonders interessant, da sie ja so oft nach dem Prinzip "Gießkanne" angesprochen werden, so Blindert. Sie findet: "Gerade IT-Experten packt man am besten über ihre Themen. Hackathons sind gute Beispiele dafür, wie das gelingen kann."
Immer auch als Kandidat mit Online-Profil präsentieren
Doch nur weil man auf dem Arbeitsmarkt gefragt ist, sollte man sich bei der Jobsuche nicht komplett auf die Arbeitgeber verlassen. "Ganz unabhängig von der Karrierestufe ist es grundsätzlich wichtig, sich online mit einem Profil zu präsentieren. Informatiker sind hier oft zurückhaltend, weil sie so viele Anfragen erhalten. Doch wer sich hier nicht positioniert, verbaut sich viele Chancen", rät Ute Blindert. Im Profil sollte man sich dann so zeigen, wie man in zwei Jahren arbeiten möchte. Nicht nur bei den Keywords sondern auch auf dem Foto. Bei Xing gibt es die Möglichkeit, seine Karrierewünsche einzutragen und dort genau festzulegen, wer diesen Eintrag sehen darf. So kann man ihn zum Beispiel nur für Headhunter zugänglich machen.
"Gute Headhunter erkennt man daran, dass sie im Auftrag eines Kunden handeln und man an ihrer Ansprache merkt, dass sie sich mit dem eigenen Profil befasst haben", findet Ute Blindert. Der Kontakt zu Headhuntern lohne sich zum Beispiel auch deshalb, weil sie ein sehr gutes Gespür dafür haben, welche Gehälter man verlangen kann. Und die Autorin weiß: "Generell haben auch die Headhunter ein sehr großes Interesse an einer längerfristigen Vermittlung, denn einen Teil ihres Honorars erhalten sie erst, wenn der Kandidat mindestens sechs Monate im Unternehmen arbeitet."