Auch sechs Jahre nach ihrem Inkrafttreten stellen viele Unternehmen der EU-Datenschutzgrundverordnung (EU-DSGVO) weiterhin ein schlechtes Zeugnis aus. Wie eine Umfrage des Leibnitz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim unter 1.350 Unternehmen in Deutschland ergab, fallen in der Informationswirtschaft und im verarbeitenden Gewerbe für etwa jedes zweite Unternehmen die negativen Aspekte der DSGVO schwerer ins Gewicht als mögliche positive. Lediglich für 7 Prozent in der Informationswirtschaft und 2 Prozent im verarbeitenden Gewerbe überwiegen bei der EU-Verordnung zur Nutzung personenbezogener Daten die positiven Aspekte.
Laut Studie erklärten fast 60 Prozent der Unternehmen aus der Informationswirtschaft (hierzu zählt der ZEW die IKT-Branche, Mediendienstleister und wissensintensive Dienstleister), die Geschäftsprozesse hätten sich durch die DSGVO verkompliziert. Um die neuen Regeln einzuhalten, hätten sie teilweise umfassende Veränderungen der Informationspflichten und der Betroffenenrechte beachten, sowie neue Konzepte wie Privacy-by-Design und Privacy-by-Default umsetzen müssen. Hierdurch habe die Umsetzung der DSGVO zu einem hohen Arbeitsaufwand geführt, hieß es in 63 Prozent der Unternehmen.
Auch den aktuellen Aufwand für die Einhaltung der DSGVO stuft die Mehrzahl der Unternehmen als hoch ein. Darüber hinaus verwies über die Hälfte der Umfrageteilnehmer auf zusätzliche Kosten für Mitarbeiterschulungen und einen gestiegenen Bedarf an externer Beratung.
DSGVO bremst KI-Einsatz
Einige Unternehmen beklagten außerdem, dass die DSGVO negative Effekte auf die eigene Geschäftstätigkeit habe. So gibt jedes vierte Unternehmen in der Informationswirtschaft an, dass durch die DSGVO Innovationen gebremst wurden - bei den großen Unternehmen mit mindestens 100 Beschäftigten beläuft sich dieser Anteil sogar auf 38 Prozent.
Auch was den Einsatz neuer Technologien betrifft, sind viele Unternehmen nicht gut auf die Datenschutzgrundverordnung zu sprechen. Dies gilt vor allem, wenn diese - wie beispielsweise künstliche Intelligenz - auf qualitativ hochwertige und große Datenmengen angewiesen sind. So berichten 18 Prozent der Unternehmen, dass die DSGVO den Einsatz neuer Technologien wie KI erschwert oder verhindert hat. Große Unternehmen sehen sogar fast doppelt so häufig (30 Prozent) eine solche Barriere für die Einführung neuer Technologien.
Auch positive Auswirkungen der DSGVO
Bei aller Kritik sehen die Unternehmen laut Studie allerdings auch positive Effekte. So geben 41 Prozent der Unternehmen an, sie hätten infolge der DSGVO ihre Prozesse überprüft und optimiert. Bei 28 Prozent der Unternehmen wurden in diesem Zuge die Verfahren zur Verarbeitung von Daten standardisiert.
Für ein Viertel der Unternehmen hat die DSGVO zudem zu einer erhöhten Rechtssicherheit geführt - ein Anstieg um 6 Prozentpunkte im Vergleich zu März 2020. Gestiegen ist auch der Anteil der Unternehmen, die durch die DSGVO von einem Vertrauenszuwachs der Kunden ausgehen (von 12 Prozent auf 20 Prozent). Weniger verbreitet ist dagegen die Überzeugung, dass sich die DSGVO positiv auf Geschäftsentwicklung ihres Unternehmens ausgewirkt hat oder zu einem Wettbewerbsvorteil für EU-Unternehmen auf internationalen Märkten geführt hat (jeweils 6 Prozent).