Deutsche Entscheider wiegen sich in falscher Sicherheit, was die Digitalisierung betrifft. So lässt sich die "Studie Digitale Transformation 2018" zusammenfassen, die der Marktforscher Gfk im Auftrag des Beraters Etventure durchführte.
Die Einschätzungen der rund 2.000 befragten Großunternehmen sind inkonsistent. Zwar nennen gut sechs von zehn befragten Entscheidern (62 Prozent) die digitale Transformation als eines ihrer drei wichtigsten Firmenziele. Auch erklären 68 Prozent das Thema zur Chefsache, das heißt, dass der Geschäftsführer oder CEO den Wandel steuert. Und 17 Prozent haben eine Stabsstelle für Digital-Themen eingerichtet, 15 Prozent die Position eines Chief Digital Officer (CDO).
Doch gleichzeitig gehen 59 Prozent davon aus, die kommenden drei Jahre auch ohne jegliche Digitalisierungs-Maßnahme zu überstehen. Sie rechnen nicht mit Umsatzeinbußen. Die Auswirkungen der digitalen Transformation werden sich frühestens in drei Jahren zeigen, erklären 51 Prozent der Befragten.
Neuer digitale Geschäftsmodelle kaum im Fokus
42 Prozent sehen sich aktuell "gut" bis "sehr gut" aufgestellt. Rund jeder Zweite (49 Prozent) beobachtet, die eigene Branche sei einem "starken" oder sogar "sehr starken" Wandel ausgesetzt. Dennoch erklärt nur rund jeder Fünfte (21 Prozent), sein Geschäftsmodell müsse sich stark oder sehr stark verändern. Das hängt offenbar mit dem Verständnis von Digitalisierung zusammen: 55 Prozent der Entscheider verstehen darunter in erster Linie das Digitalisieren des bestehenden Geschäftsmodells beziehungsweise bestehender analoger Prozesse. Lediglich 28 Prozent meinen damit auch den Aufbau neuer digitaler Geschäftsmodelle.
Konkurrenz erwarten die Unternehmen vorwiegend aus der eigenen Branche, wie eine große Mehrheit von 71 Prozent bestätigt. Lediglich rund jeder Fünfte (22 Prozent) sieht in Tech-Konzernen wie Google oder Amazon die größte Wettbewerbs-Bedrohung. Nur sieben Prozent begreifen Startups als ernstzunehmende Konkurrenz. Gleichzeitig arbeiten 38 Prozent der Befragten bereits mit Startups zusammen, weitere 15 Prozent wollen nachziehen.
Hürdern der digitalen Transformationcherheit
Die Marktforscher haben auch nach den Hemmnissen der Transformation gefragt. Die Unternehmen nennen vor allem interne Gründe: Die Mitarbeiter verteidigten die bestehenden Strukturen, erklären 58 Prozent. Außerdem fehle dem Unternehmen Erfahrung bei nutzerzentriertem Vorgehen (51 Prozent). 48 Prozent sehen sich durch Sicherheitsanforderungen blockiert. Weitere Hindernisse sind Zeitmangel, fehlende Flexibilität und Geschwindigkeit sowie zu viele Entscheidungsebenen.
Um sich auf die Digitalisierung vorzubereiten, setzen 72 Prozent auf die Weiterqualifizierung der Mitarbeiter. Jeweils 46 Prozent wollen verstärkt Digital-Experten einstellen und externe Berater beauftragen. 44 Prozent haben eine interne digitale Einheit aufgebaut, fast ebenso viele (43 Prozent) arbeiten mit agilen Methoden der Produktentwicklung.
"Die Ergebnisse zeigen eine deutliche Diskrepanz zwischen Eigenwahrnehmung der deutschen Unternehmen und den realen Herausforderungen durch die Digitalisierung ", kommentiert Etventure-Chef Philipp Depiereux.
Was die politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen betrifft, fällt die Einschätzung der Unternehmen mäßig aus. Auf einer Schulnoten-Skala geben sie dem Wirtschaftsstandort Deutschland im Schnitt eine 3,3. Ihre Forderungen beziehen sich auf den Breitbandausbau, digitale Bildung im Rahmen der Schulausbildung, Digitalisierung der Verwaltung und auf die Förderung und Entwicklung digitaler Schlüsseltechnologien.