Noch nie haben sich gute, erfolgreiche Ideen so schnell durchgesetzt wie in den zurückliegenden zwanzig Jahren, und noch nie sind neue Unternehmen mit Hilfe von Innovationen so schnell gewachsen. 65 Prozent der Konzerne auf der Liste der 500 umsatzstärksten Companies der Welt (Fortune 500) sind erst 20 Jahre oder weniger Teil dieses Rankings. In den Jahrzehnten davor hatte sich die Liste deutlich weniger verändert.
40 Prozent der Fortune-500-Unternehmen gibt es 2025 nicht mehr
Glaubt man dem MIT, dann wird sich die Veränderungsgeschwindigkeit in Zukunft noch deutlich erhöhen: 40 Prozent der aktuellen Unternehmen auf der Liste, so die Prognose, existieren 2025 nicht mehr.
Wichtigster Grund dafür sei die Digitalisierung beziehungsweise Nicht-Digitalisierung: Unternehmen, die das Thema offensiv und erfolgreich angehen, werden ihren Gewinn in den kommenden zehn Jahren um 26 Prozent steigern, alle anderen dagegen 24 Prozent weniger verdienen.
Fast alle haben oder wollen Partnerschaften
Ein Mittel, um dabei zum richtigen Viertel zu gehören, ist die Zusammenarbeit mit Startups. Das jedenfalls sagt die Unternehmensberatung Arthur D. Little, die die Realität und das Potenzial von Kooperationen zwischen etablierten und jungen Unternehmen detailliert untersucht hat.
Methodisch spielt sich das Ganze auf drei Ebenen ab. Die erste bildet eine Online-Befragung von 400 Personen auf der ganzen Welt. 177 davon sind Entscheider etablierter Unternehmen, 103 von Startups und 82 Industrieexperten. Zweite Ebene: Breit angelegte Interviews mit ausgewählten Gründern, Innovationsexperten und Venture Capital-Gebern. Drittes Element schließlich bilden 39 Interviews mit den Stakeholdern existierender, erfolgreicher Kooperationen.
Fast 80 Prozent sowohl der befragten Etablierten als auch der Startups haben bereits Erfahrung mit Kooperationen, und 85 Prozent (auf beiden Seiten) derer, die solche Bündnisse noch nicht eingegangen sind, würden dies gerne tun.
Motive für Kooperationen von Startups und Unternehmen
Die Motive sind höchst unterschiedlich. Etablierte Unternehmen interessieren sich für den Zugang zu neuen Technologien und neuen Produkten, Startups‘ dienen die großen Partner dagegen vor allem als gute Kunden und ganz generell als Türöffner für Märkte.
Erwartungen an Startups erfüllen sich oft nicht
Diese Erwartungen werden bemerkenswerter Weise in höchst unterschiedlichem Maße erfüllt. Während 63 Prozent der Vertreter von Startups sagen, die Kooperation habe innerhalb eines Jahres die gewünschten Resultate geliefert, sagen dies lediglich 30 Prozent der Etablierten. Und - noch drastischer: Für 38 Prozent der großen Unternehmen erfüllen sich die Erwartungen gar nicht, von den Startups sagen dies lediglich 13 Prozent.
Ursachen für das Scheitern
Die Ursachen für Probleme oder das Scheitern werden dabei nur auf den ersten Blick unterschiedliche verortet: Zwar sehen 58 Prozent der Großen "kulturelle Unterschiede" als Haupthindernis, von den Kleinen sagen dies nur 41 Prozent. Die sind aber zu 50 Prozent der Ansicht, die größten Probleme bereiteten "interne Widerstände" beim großen Partner. Was bei genauer Betrachtung ebenfalls auf "kulturelle Unterschiede" hinauslaufen dürfte.
Die zuletzt genannten Antworten bedeuten allerdings keineswegs, dass die Kooperationen nach ihrem Ende negativ beurteilt werden. Im Gegenteil: 100 Prozent der Startups und 98 Prozent der Etablierten würden erneut eine solche Partnerschaft eingehen.
Unternehmen geht es um technologische Weiterentwicklung
Fast alle Befragten gaben an, Kooperationen seien in einer Welt, die immer komplexer wird und in der Grenzen zwischen Branchen immer mehr verschwinden, der wichtigste Schlüssel für zukünftigen Erfolg. Dabei würden sehr konkrete, inhaltliche Business-Partnerschaften im Vergleich zu reinen Finanzinvestitionen in junge Unternehmen immer wichtiger, weil die Großen mit Hilfe dieser Deal nicht nur Geld verdienen, sondern sich auch selbst technologisch weiterentwickeln wollen.
Damit das funktioniert - sagen die Experten von Arthur D. Little - müssen etablierte Unternehmen intensiv an ihrer Beziehungsfähigkeit arbeiten. Aktuell sind sie davon laut Selbsteinschätzung noch sehr weit entfernt: Lediglich 28 Prozent der befragten Konzerne äußerten die Ansicht, diesbezüglich gut oder sehr gut aufgestellt zu sein.
Woran es vor allem fehlt, ist die Fähigkeit, schnell Entscheidungen auf Basis agiler Prozesse zu treffen. Gemeint ist hier das alte, vielgesungene Lied: Konzern haben zwar solide, gut geölte Prozesse, aber die Zahnräder mahlen eben zu langsam, um Neues schnell antreiben zu können.
Es fehlt an Konsequenz, Geduld und Frustrationstoleranz
Außerdem haben die Autoren der Untersuchung festgestellt, dass es oft an der notwendigen Konsequenz mangelt, daran, einmal erkannte neue Businesschancen mit Hilfe der Kooperation schnell und mit den notwendigen Ressourcen voranzutreiben.
Und die Startups? Sie machen den Fehler, zu früh in Kooperationen hineingehen zu wollen, noch bevor sie wirklich für sich geklärt haben, warum sie die Partnerschaft wollen und was sie sich davon erwarten. Sie sollten nach Ansicht der Studienautoren immer zunächst die eigenen Chancen und Wünsche erforschen.
Darüber hinaus müssten sie sich darüber im Klaren sein, dass sie viel Geduld und auch ein gehörige Portion Frustrationstoleranz benötigten, um mit den wuchtigen, oft starren Strukturen ihres Partners zurecht zu kommen. "Sie sollten durchaus Druck machen, aber bezüglich der Einhaltung von Timelines flexibel bleiben", schreiben die Autoren von Arthur D. Little.
Ihrer Ansicht nach - und das ist die Quintessenz des Ganzen - gibt es für keinen der Beteiligten eine Alternative zu mehr Kooperationen. Für Konzerne bedeuten sie, Zugang zu dringend benötigten Innovationen zu bekommen und so ihren Kunden neue, spannende Angebote machen zu können.
Die nächsten zwei Jahre sind entscheidend
Für Startups ist die Zusammenarbeit der wichtigste Schlüssel zu schnellem und nachhaltigem Wachstum, zum Erlangen von Markt-Knowhow und Marktzugängen.
Gelingen werden solche Vorhaben auf beiden Seiten denjenigen, die bereit und in der Lage sind, sich auf die Kultur, die Wünsche und Restriktionen der jeweils anderen Seite einzulassen und dabei nicht die Geduld zu verlieren.
Bei Arthur D. Little ist man davon überzeugt, dass gerade "das Zeitalter der Kooperationen anbricht", dass hier bereits in den kommenden 24 Monaten mehr passieren wird als jemals zuvor.