Unter dem Motto "Patentfrei sichert Arbeitsplätze" argumentieren die Unternehmen gegen die EU-Richtlinie zur "Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen". Sie soll am 5. Juli erneut im EU-Parlament beraten werden.
Die Initiative befürchtet gravierende negative Auswirkungen vor allem auf kleine und mittelständische Unternehmen, sollte die Richtlinie in ihrer aktuellen Vorlage unverändert verabschiedet werden.
Eine Folge könnte der Verlust von mehreren 10.000 Arbeitsplätzen in der IT-Branche in Deutschland und Europa sein. Eine weitere könnten unabsehbare Schwierigkeiten in der Entwicklung von Software, eine dritte enorme Kosten für die Patentanmeldung sein. Hinzu kämen hohe Haftungs- und Kostenrisiken bei Patentverletzungen für Unternehmen und IT-Abteilungen.
Obwohl in Europa nach dem derzeit geltenden Gesetz Computerprogramme von der Patentierbarkeit ausgeschlossen sind, habe das Europäische Patentamt in den vergangenen Jahren mehr als 30.000 Softwarepatente erteilt, schreibt die Initiative auf ihrer Website patentfrei.de. Dem steht allerdings eine Aussage des Patentamts gegenüber, nach der ein Großteil der Anträge abgelehnt oder zurückgezogen wurde.
Nun sind Politiker, Unternehmen und Privatpersonen aufgerufen, die von der Initiative befürworteten Änderungen an der Richtlinie wirksam werden zu lassen.
Unterstützt wird die Kampagne durch den Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) und den Berufsverband Selbständige in der Informatik (BVSI). BVMW-Präsident Mario Ohoven fürchtet neben dem Verlust von Arbeitsplätzen "einen massiven Innovationsrückgang bis hin zum völligen Innovationsstopp", sollte der Entwurf in der vorliegenden Form verabschiedet werden.
Wirtschaftministerium will Argumente der Patent-Gegner prüfen
Eine kürzlich von der Bundesregierung veröffentlichte und von der Fachhochschule Gelsenkirchen erstellte Studie hat gezeigt, dass die mittelständischen Unternehmen mit ihren Sorgen nicht alleine sind.
Mehr als 80 Prozent der 1214 Befragten glauben, dass eine Patentierung von Software zu steigenden Preisen, sinkender Innovationsfähigkeit und negativen Folgen für die Wettbewerbsfähigkeit führen wird.Wie berichtet, hatte das zuständige Wirtschaftsministerium zugesagt, die Ergebnisse der Studie in seine Stellungnahme für die EU einfließen zu lassen.
SAP und Microsoft unterstützen Patent-Befürworter
Auch die Patent-Befürworter haben mittlerweile eine starke Lobby in Brüssel und bei den Regierungen der 25 EU-Mitgliedsländer aufgebaut. So wirbt die Campaign for Creativity (C4C) unter anderem mit Unterstützung von SAP und Microsoft für eine Software-Patentierung.
Ihre Vertreter setzen sich nach eigenen Angaben "für einen fairen rechtlichen Rahmen ein, der einen starken Schutz geistigen Eigentums bietet und konsequent umgesetzt wird." Hierzu müssten aber zunächst die Gesetzgeber den Kern des Problems verstehen und sich bewusst werden, wie sehr die kreativen Berufe und Branchen auf einen wirksamen Schutz ihrer Rechte angewiesen sind, schreiben sie auf ihrer Website campaignforcreativity.org.
Sie warnen vor einer "Welt, in der weder Urheberrechte noch Warenzeichen, Patente oder Designrechte existieren und in der niemand versucht, geistigen Diebstahl zu unterbinden."
2500 Klagen in USA wegen Software-Patenten
In den USA wird derzeit gerade über eine Novellierung des Patentrechts diskutiert. Dort erschweren nicht nur so genannte Trivialpatente das Leben von Unternehmen und IT-Verantwortlichen.
Immer häufiger verklagen Patent-Trolle genannte Software-Entwickler große und kleine Firmen wegen angeblicher oder tatsächlicher widerrechtlicher Nutzung von patentierter Software.
Die Schadenersatzforderungen gehen teilweise in den dreistelligen Millionen-Dollar-Bereich. Rund 2500 Verfahren sollen zur Zeit in USA anhängig sein.