Angst vor Mehraufwand

Arbeitgeber sehen Arbeitszeiterfassung kritisch

25.07.2023 von Hans Königes
Zwei Drittel der Unternehmen beklagen einen erheblichen Mehraufwand bezüglich der Arbeitszeiterfassung und wünschen sich eine wöchentliche statt täglicher Höchstarbeitszeit-Regelung.
Arbeitgeber fühlen sich durch die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung gegängelt und fordern von der Politik Nachbesserungen des Gesetzes.
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Hoher Aufwand, schwierige Umsetzung, mangelnde Flexibilität: Ein Großteil der deutschen Unternehmen sieht die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung kritisch und fordert vom Gesetzgeber Verbesserungen. So sagen zwei Drittel der Unternehmen (66 Prozent), dass die Einführung beziehungsweise Anpassung der Arbeitszeiterfassungssysteme erheblichen finanziellen und administrativen Mehraufwand verursacht. Gleichzeitig wollen mehr als drei Viertel (78 Prozent), dass die gesetzliche Neuregelung des Arbeitszeitrechts die tägliche durch eine wöchentliche Höchstarbeitszeit ersetzt.

Achim Berg, Bitkom: "Niemand sollte gezwungen werden, seine Arbeitszeit zu erfassen, wenn zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten Einvernehmen herrscht, dass dies nicht nötig ist."
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Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage unter 603 Unternehmen ab 20 Beschäftigten in Deutschland im Auftrag des Digitalverbands Bitkom. Demnach finden 60 Prozent, dass die Einführung beziehungsweise Anpassung der Arbeitszeiterfassung durch das bisherige Fehlen einer gesetzlichen Neuregelung erschwert wird. Ohnehin halten 59 Prozent der Unternehmen eine genaue Arbeitszeiterfassung in der Praxis für nur schwer umsetzbar.

Bitkom: Gesetz geht an der Realität vorbei

"Das Bundesarbeitsgericht hat mit seinem Beschluss vom September 2022 mehr als 34 Millionen Menschen zur minutiösen Erfassung ihrer Arbeitszeit verpflichtet. Der Gesetzgeber sollte diesem Anachronismus ein Ende bereiten und die gesetzlichen Voraussetzungen dafür schaffen, dass auch künftig Vertrauensarbeitszeit möglich ist", fordert Bitkom-Präsident Achim Berg.

Niemand sollte gezwungen werden, seine Arbeitszeit zu erfassen, wenn zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten Einvernehmen herrscht, dass dies nicht nötig sei, so Berg weiter. Der aktuelle Referentenentwurf zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes gehe "komplett" an der Realität der heutigen Arbeitswelt vorbei, in der Homeoffice und Vertrauensarbeitszeit für viele zum Standard gehörten.

Wöchentlicher statt täglicher Höchstarbeitszeit

"Nicht nur die geplante tagesaktuelle Erfassungspflicht, auch das Beharren auf einer täglichen Höchstarbeitszeit sind absolut kontraproduktiv", sagt Berg. Sein Verband fordere schon lange eine wöchentliche Höchstarbeitszeit, die den Beschäftigten bei der Einteilung ihrer Arbeitszeit mehr Flexibilität und Selbstbestimmtheit gewähren würde. Auch die vorgeschriebene Ruhepause von elf Stunden passe nicht zu "New Work", wie viele Beschäftigte es sich wünschen.

Sechs von zehn Unternehmen (59 Prozent) sind überzeugt, dass durch die Erfassungspflicht die Flexibilität von Vertrauensarbeit verloren geht. Rund die Hälfte (48 Prozent) befürchtet, dass sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch die Aufzeichnungspflicht kontrolliert fühlen. Gleichzeitig sagen 44 Prozent, dass die Arbeitszeiterfassungspflicht die Beschäftigten vor Stress und Überlastung schützen kann.

Politik wird aufgefordert zu handeln

Berg weiter: "Wo früher auf Vertrauensbasis gearbeitet wurde, zwingt die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung zu Kontrolle und sorgt für vollkommen unnötige Bürokratie. Die Ampel-Regierung hat im Koalitionsvertrag angekündigt, dass bei einer Anpassung des Arbeitszeitrechts Vertrauensarbeit weiterhin möglich sein soll. Daran muss sie sich jetzt messen lassen."