Über eine Zusammenarbeit zwischen der T-Systems-Sparte Systemintegration (SI) und dem US-amerikanischen IT-Dienstleister war seit einigen Wochen spekuliert worden. Nun wurde der Vertrag unterzeichnet, der die Rechte und Pflichten beider Partner für die Kooperation regelt. Um ein Joint Venture handelt es sich ausdrücklich nicht, wie Reinhard Clemens, CEO von T-Systems, in Hannover mitteilte. De facto werde die Zusammenarbeit aber ähnlich einem Joint Venture funktionieren, so Clemens.
Als Teil der Partnerschaft wird die indische Niederlassung von T-Systems mit 1.150 Mitarbeitern an Cognizant übergehen. Die zuständigen Behörden müssen diesem Wechsel allerdings noch zustimmen. Ob man auf längere Sicht "Personal anpassen" müsse, werde die Marktsituation zeigen, erklärte Clemens. Auf der Pressekonferenz im Rahmen der Cebit hieß es, T-Systems wolle seine Ausgaben für IT-Services in Indien um 30 Prozent senken.
Der US-amerikanische IT-Dienstleister Cognizant mit Hauptsitz in Teaneck/ New Jersey ist im indischen Markt stark verwurzelt. Daher hat T-Systems nun Zugang zu den erheblichen Offshore-Kapazitäten von Cognizant. Der Dienstleister beschäftigt 40.000 Mitarbeiter in Indien und China. Die T-Systems-Sparte SI lässt gut ein Drittel ihrer Arbeit in Niedriglohnländern erbringen, der größere Teil wird direkt beim Kunden ausgeführt.
Seinen Kunden verspricht T-Systems durch die Zusammenarbeit besseren Zugang zu kostengünstigen Offshore-Dienstleistungen bei gleichzeitigem Service vor Ort. "Viele Kunden haben erkannt, dass die Kommunikation mit indischen Dienstleistern oft schwierig ist", sagte Reinhard Clemens. Die neue Struktur ermögliche hier Verbesserungen, weil Ansprechpartner vor Ort die Sprache des Kunden sprächen sowie über dessen Geschäftsziele im Bilde seien.
Die Zusammenarbeit soll die Position der Partner in wichtigen Branchen stärken. Nach Angaben von T-Systems sollen im Wesentlichen europäische Konzerne mit dem weltweiten Service für Systemanwendungen angesprochen werden. Cognizant war im letzten Quartal am stärksten auf Märkten in Nordamerika vertreten. Dort erwirtschaftete der Dienstleister 83 Prozent seines Umsatzes, in Europa waren es 16 und in Asien einProzent.
Auch was den Zugriff auf verschiedene Branchen angeht, wollen sich die Partner ergänzen. T-Systems ist stark im Automobilsektor, der Telekommunikationsbranche und dem öffentlichen Sektor. Cognizant erlöste zuletzte 47 Prozent seines Umsatzes mit Dienstleistungen für die Finanzbranche, 24 Prozent entfielen auf den Gesundheitssektor.
T-Systems bleibt Ansprechpartner in Europa
Offenbar soll über T-Systems künftig weltweit die Automobilbranche angesprochen werden. In Europa wird T-Systems zudem auch Ansprechpartner für alle anderen Branchen sein, für die das deutsche Unternehmen gemeinsam mit der US-Firma Dienstleistungen erbringt. Auf Märkten außerhalb Europas soll ausschließlich Cognizant Kunden aus dem Healthcare- und Finanzbereich betreuen. Die Services werden indes gemeinsam von beiden Firmen erbracht.
Bei T-Systems soll mit der Zusammenarbeit die wirtschaftliche Trendwende eingeläutet werden. Das äußerte Sparten-Chef Clemens gegenüber der Agentur dpa. Die Geschäftskundensparte der Deutschen Telekom wird derzeit tiefgreifend umstrukturiert. Zeitweise war von einem geplanten Verkauf der zu T-Systems gehörenden Sparte SI die Rede gewesen.
Tausende Stellen auf der Kippe
Die Neuausrichtung von T-Systems wird mit großen Kosteneinsparungen in Deutschland einhergehen. Man werde versuchen, betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden. Wenn es "zwingend notwendig" sei, müssten allerdings Mitarbeiter gehen, so Reinhard Clemens. Es handelt sich offenbar um mehrere tausend Stellen. Clemens, der T-Systems seit Dezember 2007 führt, hat auch das Management schon stark ausgedünnt.
IT-Experte Dan Bieler vom Beratungshaus IDC äußert sich zurückhaltend, was die Erwartungen an die Firmen-Kooperation angeht. Grundsätzlich sei die Partnerschaft sinnvoll; allerdings müsse sich erst noch zeigen, wie das gemeinsame Portfolio der Unternehmen aussehe. Was die Art der Zusammenarbeit angeht, ist der Analyst kritisch: "Ich sehe ein Risiko, dass diese lose Verbindung von beiden Partnern vernachlässigt werden kann, wenn sich nicht relativ schnell positive Auswirkungen einstellen."
Dass die Kooperation beider Unternehmen nicht als Joint Venture angelegt wurde, ist für Cornelia Wels-Maug vom Beratungshaus Ovum ein möglicher Hinweis darauf, dass T-Systems intern vorhandene Probleme noch nicht vollständig gelöst hat. "Eine Partnerschaft war offenbar noch am ehesten möglich", meint die Marktbeobachterin. Indes bringe der Deal T-Systems große Vorteile. Mit Cognizant sei ein sehr profitabler Partner gefunden.
Verkauf aus Expertensicht nicht vom Tisch
Ein möglicher Verkauf der Sparte Systemintegration sei mit der Partnerschaft auf lange Sicht bei T-Systems allerdings nicht vom Tisch, meint Wels-Maug. Schließlich sei die Kooperation mit Cognizant zunächst auf fünf Jahre begrenzt. "Es gibt zwar eine Option auf Verlängerung, aber wenn die Zusammenarbeit nicht gut läuft, steht der Verkauf wieder im Raum."
T-Systems, die Geschäftskundensparte der Deutschen Telekom, hat 56.000 Mitarbeiter und erlöste 2007 einen Umsatz von zwölf Milliarden Euro. Cognizant bietet Informationstechnologie, Beratung und Geschäftsprozess-Outsourcing an. Der Konzern hat 35 Lieferzentren weltweit und mehr als 55.000 Mitarbeiter.