Der IT-Branchenverband VDE schlägt Alarm auf der CeBIT: In Deutschland und Europa sei dringend eine "Reindustrialisierung" bei IT und Telekommunikation nötig. "Wir dürfen nicht die Gefahr übersehen, dass wir in den nächsten 10 bis 15 Jahren sonst in eine Abhängigkeit von ausländischen Firmen kommen", sagte der Vorsitzende der Informationstechnischen Gesellschaft im VDE, Ingo Wolff, am Montag auf der Computermesse CeBIT in Hannover.
Die führenden Unternehmen könnten dann neue Technologien vorenthalten und Bedingungen für ihren Einsatz stellen oder "etwas einbauen, was uns nicht gefällt", warnte Wolff. Deutschland habe unter anderem mit dem Ausstieg von Siemens aus der Handy-Produktion und der Netzwerk-Technik wichtige Positionen eingebüßt. Der VDE (Verband der Elektrotechnik, Elektronik, Informationstechnik) verlangt für den Wandel unter anderem einen bewussten Einsatz von Fördergeldern.
Eine zentrale Stoßrichtung sei dabei die Entwicklung besonders leistungsstarker Prozessoren und blitzschneller Netze. Der Dresdner Wissenschaftler Gerhard Fettweis skizzierte die Vision einer Zukunft, in der man alle möglichen Prozesse von der Industrieproduktion bis zum Verkehr in Echtzeit steuern könne. Voraussetzung sei aber eine völlig neue Funktechnologie mit heute unerreichbaren Reaktionszeiten, betonte er. Fettweis rechnet mit einer Entwicklung solcher Technik zum Jahr 2022.
In der Gegenwart steht auf der CeBIT auch wegen des NSA-Skandals die IT-Sicherheit im Mittelpunkt. Das wachsende Bewusstsein dafür zeigt sich auch auf dem Arbeitsmarkt für Informatiker. Während hierzulande im vergangenem Jahr auf einen arbeitslosen Informatiker mit einer Hochschulausbildung rechnerisch 2,5 offene Stellen in der Branche kamen, waren es bei den IT-Sicherheitsexperten 6,5 Angebote. Das berichtete der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) unter Berufung auf Zahlen der Arbeitsagenturen und des Statistischen Bundesamtes.
Damit seien die Sicherheitsexperten mit Abstand am meisten gefragt - vor Fachkräften für Softwareentwicklung und Wirtschaftsinformatik. Hauptgründe für die Engpässe seien zu wenige Bewerber sowie unpassende oder schlechte Qualifikationen. Der VDI sieht sich als Deutschlands größte Ingenieursvereinigung. (dpa/rs)