In einem Pilotprojekt soll Artificial Intelligence der Kölner Versicherung helfen, Verlauf und Ausgang von Verfahren besser vorherzusagen. Besonders hilfreich ist das bei der Managerhaftung.
Verfahren in der Manager-Haftpflicht sind extrem komplex, ihr Ausgang deshalb kaum vorherzusagen.
Künstliche Intelligenz ist besser als menschliche in der Lage, aus Akten Muster herauszulesen und dann die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen.
Die Methode hat riesiges Potenzial, bis zur ihrer vollständigen Umsetzung wird aber noch einige Zeit vergehen.
D&O-(Directors-and-Officers) Policen sind Vermögensschadenhaftpflichtversicherungen, die ein Unternehmen für seine leitenden Angestellten abschließt. Kompensieren sollen sie Zahlungsverpflichtungen (Strafzahlungen, Entschädigungen), die Managern für vorsätzliches oder fahrlässiges Fehlverhalten drohen.
Besser ein Deal statt jahrelange Rechtsstreitigkeiten
Viele dieser Verfahren münden in jahrelangen Rechtsstreitigkeiten, die Interessenlagen dabei sind ebenso komplex wie die Schuldfrage, deshalb haben häufig alle Beteiligten Interesse an einer Verständigung, einem Deal.
Stellt sich die Frage, wann man sich als Versicherer worauf genau einlassen sollte. Die besten Antworten liefert die Wahrscheinlichkeitsrechnung, und rechnen können Maschinen eindeutig besser als Menschen.
Die VOV GmbH aus Köln bietet D&O-Policen an, dabei agiert das Unternehmen als Managementgesellschaft von sechs großen Versicherern: AachenMünchener AG, Continentale Sachversicherung AG, Generali Versicherung AG, HDI Gerling Verzekeringen N.V., Inter Allgemeine Versicherung AG und Nürnberger Allgemeine Versicherungs-AG.
Pilotprojekt mit Analysetools
In einem Pilotprojekt mit dem Münchener IT-Spezialisten Beck et al. Services GmbH testet VOV Analysetools, hinter denen Künstliche Intelligenz (KI) steckt. Siegfried Lautenbacher Geschäftsführer bei Beck und Mitgründer des Start-ups Valuescope: "Da Versicherungen über eine Fülle von Informationen aus verschiedenen Bereichen verfügen, bergen Analytics-Lösungen gerade für sie ein besonders großes Potenzial. Sie durchkämmen große Datenmengen, entdecken dabei Verknüpfungen und können diese in Bezug setzen zu Kunden und Risiken."
Das hilft zunächst bei der Vorbereitung von Entscheidungen, also wenn es um die Frage geht, welche Wahrscheinlichkeit Strategie eins hat und welche Strategie zwei. Auf Basis entsprechender Zahlen schlägt man dem Prozessgegner dann eine Einigung vor beziehungsweise man redet dem streitlustigen eigenen Mandanten einen Prozess aus, indem man ihm die geringen Erfolgsaussichten klar vor Augen führen kann.
Studie: Computer sagte Urteile richtig voraus
Wie zuverlässig Künstliche Intelligenz den Ausgang von Prozessen vorhersagen kann, belegt eine aktuelle Studie des University College in London. Die Forscher fütterten eine Maschine mit den Akten von 584 Verfahren am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. In 79 Prozent der Fälle sagte der Computer das spätere Urteil richtig voraus.
Möglich sind solche Ergebnisse deshalb, weil KI-Anwendungen heute normale menschliche Sprache verstehen und Rückschlüsse daraus ziehen können.
Die Software muss erstmal Deutsch lernen
Bis sie bei deutschen D&O-Versicherungen ähnliches leisten wie im genannten Beispiel, ist es allerdings noch ein weiter Weg, wie Siegfried Lautenbacher von Beck einräumt. "Die Software muss erst noch für die deutsche Sprache optimiert werden und das deutsche Versicherungsrecht kennenlernen."
Und anschließend natürlich konkrete deutsche Fälle. Weil deren Details auch datenschutzrechtlich sensibel sind, erhebt VOV die Daten durch eine eigene Software und speichert sie ausschließlich im eigenen Rechenzentrum.
Das Unternehmen verfügt nach eigenen Angaben nicht nur über das dazu notwendige technische Know-how, es hat auch ausreichend Datenmaterial aus zahlreichen Versicherungsfällen der vergangenen 20 Jahre, um die Einsatzmöglichkeiten von selbstlernender Software testen und gegebenenfalls den Anforderungen der Schadensregulierung anpassen zu können.
Daten in Beziehung zueinander setzen und Schlüsse daraus ziehen
Praktisch läuft das so ab, dass das System die entsprechenden Akten "durchliest" und sich mit Fragen beschäftigt wie: Was hat Person A im Januar gesagt, was im Dezember? Ist beides konsistent oder widersprüchlich? Was sagte B zum Zeitpunkt eins, was zum Zeitpunkt zwei? Wie lautet Argument X, wie Argument Y? Wie reagiert A auf diese Argumente, wie B?
All das in Beziehung zueinander zu setzen und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen, damit wäre ein Mensch sehr schnell überfordert. Und auch damit, Aussagen auf Widersprüche zu untersuchen, die vor allem dann entstehen, wenn die Befragungen, auf denen sie beruhen, zeitlich sehr weit auseinanderliegen.
Es geht darum, Muster zu erkennen
Ob eine Maschine das wirklich besser kann, das wissen die Partner im Sommer 2017, wenn die Experimentierphase ausgewertet wird, "dann sehen wir, ob wir in dieser Hinsicht wirklich etwas erreicht haben", so Geschäftsführer Diederik Sutorius von VOV.
Fällt das Ergebnis positiv aus, folgt anschließend Schritt zwei: der Ausbau der Lösung mit Hilfe von Urteilsdatenbanken mit dem Ziel, in den Urteilen bestimmte Muster zu erkennen und daraus Eintrittswahrscheinlichkeiten zu ermitteln.
Wenn die Faktenlage so ist wie ermittelt, wie wahrscheinlich ist es dann, dass es zum Prozess kommt? Dass der Prozess für uns oder gegen uns ausgeht? Dass die Gegenseite einen Vergleich anbietet?
Solche Fragen soll Predictive Analytics langfristig beantworten und dadurch im Idealfall irgendwann auch dabei helfen, über viele Jahre schwelende, hochkomplexe Schadensfälle in der Managerhaftung erfolgreich abschließen zu können.
Kunden wollen mit Menschen reden
Dass so viel Künstliche Intelligenz irgendwann die menschliche ersetzt, sieht Diederik Sutorius von VOV nicht kommen. Es gehe vielmehr darum, die Menschen zu entlasten, damit sie sich auf das Entscheiden konzentrieren können, Entscheidungen würden dadurch besser.
"Aber die abschließende Bewertung von Schadensfällen wird auch in Zukunft nicht ohne menschlichen Verstand auskommen. Außerdem wollen Kunden und Mandanten bei so einem sensiblen Thema wie Managerhaftung mit Menschen reden, nicht mit Chatbots. Das kann bei anderen Versicherungsthemen allerdings anders sein."
Die Top-CIOs der Versicherungsbranche
INTER Versicherungsgruppe Roberto Svenda ist seit 1. Juli 2023 Vorstandssprecher der INTER Versicherungsgruppe und zuständig für das IT-Ressort.
AachenMünchener Seit Juni 2014 verantwortet Helmut Gaul die Ressorts Betrieb und IT im Vorstand der AachenMünchener. Er kennt das Haus: schon 1984, kurz nach Abschluss des Betriebswirtschaftsstudiums an der Fachhochschule Köln, kam er zu der Aachener Versicherung. Dazwischen lag lediglich ein Jahr im Außendienst der Colonia Versicherung.
Talanx Jens Warkentin ist seit Januar 2023 Talanx-CIO. Der Talanx-Finanzvorstand übernahm die Aufgaben von Christopher Lohmann.
ERGO Deutschland Mario Krause ist seit Anfang 2019 CIO der deutschen IT-Einheiten von ERGO und Vorsitzender der Geschäftsführung der ERGO-IT-Tochter Itergo. Er war zuvor im Vorstand des Versicherungskonzerns Talanx AG in Hannover für IT zuständig und zugleich Vorstandsvorsitzender des IT-Dienstleisters Talanx Systeme.
Helvetia Deutschland Seit August 2020 ist Andrea Sturmfels als CIO für das Ressort Informatik von Helvetia Deutschland verantwortlich.
ERGO Global Tomasz Smaczny ist seit Anfang 2019 Vorstandsvorsitzender der Ergo Technology & Services Management und Global CIO für die gesamte IT bei Ergo. Smaczny ist zudem Vorsitzender des Aufsichtsrats der IT-Tochter Itergo.
Allianz SE Seit 1. November 2023 hat der Versicherungskonzern Allianz mit Olav Spiegel einen neuen Group Chief Information Officer an Bord. Er folgt auf Ralf Schneider.
AXA Deutschland Der neue IT-Chef der AXA Deutschland kommt aus den eigenen Reihen. Achim Dahlbokum agiert ab September 2023 als CIO des Versicherers. Der bisherige CIO der AXA Versicherung in Deutschland, Stefan Lemke, verlässt das Unternehmen zum 31. August 2023.
Wüstenrot & Württembergische Seit Juli 2012 ist Jens Wieland IT-Vorstand der Wüstenrot & Württembergische AG. Gleichzeitig gehört er der Geschäftsführung der W&W Informatik GmbH an, der IT-Tochter der Versicherungsgruppe. Zuvor war Wieland fünf Jahre lang im Vorstand der AXA für das IT-Ressort zuständig.
Zurich Gruppe Deutschland Seit Januar 2021 ist Jens Becker Head of IT der Zurich Gruppe Deutschland. Er folgte auf Dorothée Appel.
Signal Iduna Stefan Lemke, CIO von Axa Deutschland, wechselt zum 1. Januar 2024 als IT-Vorstand zur Signal Iduna Gruppe
Debeka Die Debeka hat eine neue IT-Vorständin. Laura Müller steigt intern auf und folgt auf Roland Weber, der das Unternehmen verlässt.
Alte Leipziger Seit Januar 2018 ist Udo Wilcsek stellvertretendes Vorstandsmitglied im Alte Leipziger – Hallesche Konzern und für die IT zuständig. Davor war er – seit 2014 – Leiter des konzernweiten Zentralbereichs Betriebsorganisation.
VHV Versicherung Seit Januar 2022 ist Arndt Bickhoff Generalbevollmächtigter für den Bereich IT bei der VHV Holding.
Sparkassen Versicherung Der promovierte Mathematiker Thorsten Wittmann übernahm im Januar 2016 die Leitung des Ressorts Leben und IT der SV Sparkassen Versicherung (SV). Dazu gehört auch die IT-Tochter SV Informatik.
Hannover Rück Jürgen Stoffel ist seit Januar 2013 Managing Director IT/ Group CIO der Hannover Rück SE. Der Diplom-Mathematiker Stoffel war vor seinem Wechsel zur Hannover Rück fünf Monate lang Associate Partner bei IBM IT Management Consulting, arbeitete zwei Jahre lang als Head of Consulting & Projects bei ITERGO und war 13 Jahre beim IT-Beratungsunternehmen Comma Soft AG unter anderem Mitglied der Geschäftsleitung.
Generali Deutschland Rainer Sommer übernahm im Mai 2015 als Vorstand der Generali Deutschland Holding die Aufgaben als COO und CIO. Außerdem wurde er Vorsitzender der Geschäftsführung der IT-Tochter Generali Deutschland Informatik Services GmbH.
HUK-Coburg Daniel Thomas hat seit 2016 die Aufgaben Betriebsorganisation und IT von Jörn Sandig übernommen, der Ende 2015 nach Auslaufen seines Vertrages in den Ruhestand ging.
Swiss Life Deutschland Beim Versicherungsunternehmen Swiss Life Deutschland hat Tobias Herwig zum 1. März 2023 die Position des Chief Technology Officer übernommen.
VPV Versicherungen Jürgen Reinsch ist seit Juli 2010 CIO der VPV Versicherungen in Stuttgart. Seit Januar 2018 ist er CDO und CIO. Vor seinem Wechsel zu VPV war Reinsch zwölf Jahre lang in verschiedenen Führungspositionen in der W&W Gruppe. Davor arbeitete er in zwei Systemhäusern und als freiberuflicher Berater.
Gothaer Seit Juni 2016 ist Burkhard Oppenberg Geschäftsführer der Gothaer Systems GmbH, dem IT-Dienstleister im Gothaer Konzern, und CIO des Gothaer Konzerns. Er trat die Nachfolge von Volkmar Weckesser an.
R+V Holding Mitte Juni 2018 ist Tillmann Lukosch in den R+V-Holdingvorstand berufen worden. Er übernahm die Verantwortung für das Zentralressort Informationssysteme sowie für die digitale Transformation. Lukosch ist Nachfolger von Peter Weiler, der in den Ruhestand ging.
Munich Re Robin Johnson übernahm im April 2017 in Nachfolge von Rainer Janßen die Leitung des Zentralbereichs Information Technology bei der Munich Re. Johnson war vor seinem Wechsel zu Maersk von 2008 bis 2012 Global CIO beim US-Computerhersteller Dell.
LVM Marcus Loskant ist seit dem 1. Juli 2019 Mitglied des Vorstands der LVM Versicherung und verantwortlich für das IT Ressort. Dieses beinhaltet die Vorstandsmandate der LVM a.G., LVM Kranken, LVM Leben und LVM Pension - also aller LVM Versicherungen. Zuvor war er Generalbevollmächtiger für das IT-Ressort der LVM Versicherung.
Baloise Group Der promovierte Umweltwissenschaftler Alexander Bockelmann ist seit Februar 2019 Chief IT Officer (CTO) der Schweizer Baloise Group in Basel. Bockelmann kam von der österreichischen Versicherung Uniqua. Nach beruflichen Stationen bei der Boston Consulting Group und bei Versicherungsunternehmen in Deutschland und den USA wurde er 2013 Head of Group IT bei Uniqua. Seit Mitte 2016 war er dort Chief Digital Officer.
Provinzial Rheinland Patric Fedlmeier ist seit Januar 2018 Vorstandsvorsitzender des Konzerns Provinzial Rheinland. Er ist seit 2009 im Vorstand, zuletzt als stellvertretender Vorstandsvorsitzender für die Ressorts Vertrieb und IT zuständig. Diese Aufgaben behält er.
Mobiliar Thomas Kühne ist seit Januar 2019 Leiter IT und Mitglied der Geschäftsleitung beim Allversicherer Mobiliar in Bern in der Schweiz. Er war davor IT-Leiter bei Zurich Deutschland. Der Informatiker hatte diese Aufgabe im Dezember 2017 übernommen. Zuvor verantwortete er seit 2016 als Bereichsleiter Enterprise Transformation and Services bei der Zurich Gruppe Deutschland alle Shared Services sowie Betriebsorganisation, Real Estate, Einkauf und das Druckzentrum. Seit 2017 war er zugleich auch COO des Direktversicherers der Gruppe DA Direkt.
Viridium Martin Setzer ist seit April 2018 CIO und Mitglied des Vorstands der Viridium Gruppe. Setzer war davor bis Mitte 2017 Mitglied des Vorstands und COO der Landesbank Baden-Württemberg. Im Anschluss beriet er Unternehmen im Bereich der Digitalen Transformation und übernahm Mandate in Start-ups der Finanzindustrie (Fintechs).
HDI Global SE Die IT und den Bereich Operations im Vorstand der HDI Global SE führt seit Juli 2018 Thomas Kuhnt. Kuhnt kam von der Unternehmensberatung McKinsey & Company.
HDI Lebensversicherungs AG Zum 1. März 2021 wechselte Dirk Böhme vom IT-Beratungshaus Silbury in den Vorstand der HDI Lebensversicherungs AG. Zugleich wird er Vorstandsmitglied der HDI Systeme AG, dem IT-Dienstleister der Talanx-Gruppe.
Zurich Seit Frühjahr 2012 verantwortet Claudia Dill als COO (Chief Operation Officer) die IT der Sparte General Insurance beim Schweizer Konzern Zurich. Sie berichtet an Kristof Terryn, den obersten IT-Entscheider des Konzerns.
BayDit AG Die Versicherungsgruppe die Bayerische bündelt seit Januar 2019 in der "die Bayerische Digital AG" (BayDit AG) ihre digitalen Aktivitäten. Das Unternehmen wird von einer Doppelspitze geführt: Der Vorstand besteht aus Michael Brand (l.) und Thomas Wolf. Michael Brand ist Diplom-Informatiker mit Schwerpunkt Software-Engineering und seit 1990 in der Versicherungs-IT tätig. Seit 2007 ist er Geschäftsführer der Bayerischen IT GmbH. Thomas Wolf, Diplom-Ingenieur Elektrotechnik, war von 2002 bis Oktober 2018 Vorstand der iS2 Intelligent Solution Services AG.
Süddeutsche Krankenversicherung (SDK) Ralf Oestereich wurde im April 2019 IT-Vorstand der Süddeutsche Krankenversicherung a. G (SDK). Er ist als Vorstand für Informationstechnik für die Bereiche IT-Anwendungsentwicklung und IT-Betrieb sowie die Betriebsorganisation zuständig.