Reporter der TV-Sendung "Hart aber fair" befragten Urlauber am Flughafen, ob sie im Urlaub arbeiten werden. Viele präsentierten Smartphones und Laptops, die sich nicht zum Vergnügen im Reisegepäck befanden. Aktuelle Zahlen verdeutlichen, wie wenig Arbeitnehmer scheinbar in den Ferien abschalten. Eine Regus-Umfrage kam zum Ergebnis, dass knapp ein Drittel der deutschen Berufstätigen im Urlaub ein bis drei Stunden am Tag arbeitet.
Sieben Prozent sollen täglich sogar mehr als drei Stunden opfern, und 14 Prozent sind im Urlaub fast genauso viel im Einsatz wie sonst. Eine von Teamviewer initiierte Umfrage kommt zu folgenden Ergebnissen: Fast jeder zweite Beschäftigte werde im Urlaub per E-Mail oder telefonisch in Kontakt mit Arbeitgeber, Kollegen oder Kunden bleiben. Komplett isoliert vom Job ist eine Minderheit von 23 Prozent.
Doch wie ist es bei Managern? Kann man es sich in einer Führungsposition überhaupt leisten, nicht erreichbar zu sein? In einer Diskussionsrunde des Karrierezentrums der Computerwoche auf der diesjährigen CeBIT sagte EMC-Chefin Sabine Bendiek, dass verantwortungsvolle Führungsaufgaben viel Engagement und Zeit erfordern: "Wer viel Verantwortung hat, kann sein Handy nicht ganz abschalten." Einen "always-on-Schalter" gebe es durchaus. Mit einem halben Ohr seien Führungskräfte immer in der Firma, sagte Bendiek.
Anitra Eggler sieht das anders. Die Autorin und Rednerin hat unter anderem das Buch E-Mail macht dumm, krank und arm verfasst und bezeichnet sich selbst als Digital-Therapeutin. Abschalten sollte ihrer Meinung nach auch bei Managern im Urlaub selbstverständlich sein: "Ein guter Manager kann beruhigt im Urlaub abschalten - und mit abschalten meine ich alle Geräte und Büro-Standleitungen - weil er, wenn er seinen Job gut gemacht hat, sicher sein kann, dass während seiner zwei oder drei Urlaubswochen alles auch ohne ihn fabelhaft läuft", sagt Eggler. Gerade für Manager, für ihre Worklife-Balance und ihren Familienfrieden sei es in unseren überkommunizierten Turbo-Zeiten extrem wichtig, im Urlaub komplett zu defragmentieren. Wer nicht völlig abschalte, verlerne das und brenne sich langsam, aber sicher aus.
Wie handhaben CIOs es mit den E-Mails und der Erreichbarkeit in den Ferien? Vier IT-Verantwortliche haben uns das verraten.
Klaus Glatz, CIO beim österreichischen Anlagenbauer Andritz
Klaus Glatz, CIO beim österreichischen Anlagenbauer Andritz, antwortet - aus seinem Urlaub. "Ich schaue mir regelmäßig meine Mails auch im Urlaub an, bin aber sehr selektiv, welche Mails ich bearbeite und auf welche ich antworte. Normalerweise nehme ich mir morgens und abends Zeit, mich auf die wesentlichen Themen zu konzentrieren - mache das aber nicht jeden Tag. Sollte wirklich etwas Dringendes sein, schickt mir meine Assistentin eine SMS, auf die ich dann antworte", schreibt Glatz. Ein Abwesenheitsassistent enthält die Kontaktdaten seiner Assistentin und eines Stellvertreters für wichtige Anliegen.
Wolfgang Heizmann, CIO der Tognum AG
Auch Wolfgang Heizmann, CIO bei der Tognum AG, geht im Urlaub nicht komplett offline. Er schreibt: "Unvernünftigerweise und entgegen dem Rat meiner Frau lese ich auch im Urlaub meine E-Mails etwa einmal am Tag." Dabei liest Heizmann mit System: Er hat eine permanente Vorselektion eingestellt, die alle cc-Eingänge ausfiltert. Einen Abwesenheitsassistenten richtet er ein, wenn er länger als ein paar Tage nicht im Büro ist.
Till Rausch, CIO von Thales Deutschland
Till Rausch, CIO von Thales Deutschland, bereitet Kontakte auf seine Abwesenheit vor: "Vor meinem Urlaub nehme ich in meine Signatur einen Vermerk ‚geplante Abwesenheit von/bis‘ auf, rot markiert. Viele meiner Ansprechpartner haben dadurch die Gelegenheit, noch vor meinem Urlaub Terminsachen mit mir gemeinsam zu erledigen und werden nicht von einer Abwesenheitsnotiz überrascht", erläutert Rausch. Wichtige Kontakte kennen seine Handynummer und können ihn in dringenden Fällen anrufen. Alle paar Tage prüft er während des Urlaubs seine Mails. Dabei geht Rausch systematisch vor: Er leitet weiter, was sich zur Weiterleitung eignet, löscht, was gelöscht werden kann und legt den Rest in einem "Erledigen"-Ordner ab. "Keinesfalls lasse ich etwas im Posteingang stehen, so vermeide ich ineffizientes wiederholtes Lesen", so Rausch.
Christian Würger, Director IT Europe bei Fossil
Nur einer der von uns befragten CIOs schaltet im Urlaub komplett ab. Christian Würger, Director IT Europe bei Fossil, schreibt: "Nein, ich lese konsequent keine Mails in den Ferien. Ich finde der Erholungseffekt ist dahin, wenn ich vier- bis fünfmal am Tag die Inbox durchschauen und Mails beantworten muss. Hinzu kämen ja noch zig Telefonanrufe zwecks Rückfragen, Follow-up, Delegation ans Team etc." So generiere man eine Erwartungshaltung bei den Absendern, wenn man erst einmal anfange, E-Mails in den Ferien zu beantworten.
"Ich finde, jeder muss ersetzbar sein", schreibt Würger und spricht damit sicher auch Autorin Anitra Eggler aus der Seele. Damit das funktioniert, macht Würger mehrmals im Jahr kürzere Ferien von einer Woche bis zehn Tagen. Außerdem legt er Wert darauf, ein kompetentes IT-Führungsteam aufzubauen und während seiner Abwesenheit als Stellvertretung einzusetzen. Diese Stellvertretung kontaktiert den CIO per SMS oder telefonisch, wenn etwas wirklich dringend/wichtig ist. Am letzten Ferientag geht der IT-Verantwortliche dann wieder online: "Die aufgelaufenen Mails der Ferien arbeite ich meist am letzten Ferientag auf, damit ich den ersten Arbeitstag nach den Ferien nicht ausschließlich vor dem Bildschirm verbringen muss", so Würger.
Alle CIOs die sich an unserer Umfrage beteiligt haben, arbeiten für börsennotierte Unternehmen. Für Manager in Börsenkurs-relevanten Führungspositionen gelten bei Digital-Therapeutin Anitra Eggler etwas weniger strenge Regeln. Sie sollten ein Notfall-Szenario definieren, also für Notfälle - dringend sowie wichtig sowie kurskritisch - erreichbar sein und dafür vorab klare Regeln festlegen. Seine E-Mails lesen und bearbeiten sollte man auch dann nicht, weil man so nicht abschaltet. "Jeder hat das Recht auf Urlaub", fordert Eggler.