Die IT-Ausgaben stellen in vielen Unternehmen einen großen Anteil am Gesamtbudget. In der derzeitigen Wirtschaftslage ist daher die Begehrlichkeit groß, hier hohe Einsparungen zu erzielen. Die IT-Entscheider stehen dann vor einem schweren Zielkonflikt: Wie können Sie dem aktuellen Kostendruck nachgeben, ohne dabei die strategischen Aufgaben der Informationstechnologie für die Wettbewerbsposition des Unternehmens zu schwächen?
Häufig agieren Unternehmen im Konjunkturabschwung mit Ad-hoc-Maßnahmen und fahren ihre Kapazitäten sukzessive herunter. Die eingeleiteten Maßnahmen wirken jedoch meist zu spät und verhindern ein schnelles Reagieren auf die darauffolgende Aufschwungphase. Personelle Kapazitäten werden mit der Sense gleichmäßig gekappt, Investitionen grundsätzlich verschoben, wichtige Projekte eingestellt. Dabei fallen dann auch strategisch sinnvolle und notwendige Maßnahmen dem Rotstift zum Opfer.
Den realen Gegebenheiten kann man nicht entkommen. Doch statt einem "traditionellen" Cost Cutting sollten die IT-Verantwortlichen ein nachhaltiges IT-Wertmanagement ins Auge fassen.
Kennzeichen davon ist die langfristige Kosten-/ Nutzenausrichtung von Kostensenkungsmaßnahmen und damit die stärkere Berücksichtigung der mittel- und langfristigen Unternehmensstrategie. Dagegen bergen herkömmliche Cost Cutting Initiativen das Risiko über einen längeren Zeithorizont hinweg betrachtet die Kosten eher zu steigern. Vor allem schlagen dann die späteren Korrekturmaßnahmen zur Neuausrichtung auf die langfristigen Unternehmensziele zu Buche.
Natürlich ist klar, dass Panikmaßnahmen wie pauschale Personalkürzungen kurzfristig betrachtet einen größeren Effekt auf die finanziellen Kennzahlen hervorrufen - und damit den "Hunger" des CFO am ehesten Stillen. An dieser Stelle kann also nur empfohlen werden: Halten Sie diesem Druck stand. Passen Sie die IT konsequent an die mittel- bis langfristigen Unternehmensziele an - und bewerten Sie dabei aber das Kostensenkungspotenzial als Entscheidungskriterium höher als bisher. Ein guter Business Plan wirkt manchmal Wunder. Wenn Sie diese Hürde genommen haben sollten vier Punkte auf Ihrer Agenda stehen:
1. Agilität der IT-Organisation
Agilität der IT-Organisation erhöhen, bedeutet den IT-Betrieb flexibel zu gestalten: Erfahrungswerte zeigen, dass bis zu 60 Prozent des IT-Budgets für den Betrieb von Anwendungen und Infrastruktur verwendet werden. Um schnell auf das Eintreten operativer Risiken reagieren zu können, müssen Prozesse standardisiert und Strukturen flexibel ausgerichtet sein. Um die Reaktionsfähigkeit der IT-Organisation grundsätzlich zu erhöhen, ist deshalb die Flexibilisierung von IT-Dienstleistungen z.B. durch den Aufbau von Shared Service Centern oder selektives Outsourcing umso bedeutender.
Auch hilft ein geschäftsseitiges Demand Management, frühzeitig Bedarfsschwankungen zu erkennen und die Betriebskapazitäten rechtzeitig anzupassen. Im Gegensatz zu diesen eher langfristig ausgerichteten Maßnahmen können IT Verantwortlich bei diesem Punkt auch schnell Geld sparen: bereinigen Sie das Applikationsportfolio - niemals wird das so einfach gehen wie momentan - und ersetzen Sie zum Beispiel Offline Applikationen durch Online-Services (Software as a Service).
2. Wertorientierte IT-Investitionssteuerung
Um den "Return on IT" steuern zu können, bedarf es der umfassenden Transparenz über Investitionen in IT-Projekte, IK-Technik (insb. Software-Lizenzen) und Fremdleistungen (z.B. Outsourcing). Dazu sind primär zwei Fragen zu beantworten:
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Welche Investitionen tragen zur Strategieumsetzung bei und wirken sich zudem positiv auf die Kostenentwicklung aus? Beispiel: In vielen Fällen senkt die Virtualisierung von Infrastrukturkomponenten in Kombination mit einer Service orientieren Architektur (SOA) die Kosten. Somit würde der Stopp eines solchen Projektes den künftigen Kostenkiller killen und gleichzeitig die Verfolgung mittel- und langfristiger Unternehmensziele bremsen. Nicht unbedingt das, was gewollt ist.
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Wie hoch ist der finanzielle Wertbeitrag einer IT-Investition? Nur wenn der Kapitalwert oder die Total Cost of Ownership bekannt sind lassen sich Investitionen objektiv in eine Reihenfolge bringen und bewerten. Steht zwar in jedem Lehrbuch. Aber Hand aufs Herz: Machen Sie’s?
3. Aktives Personal- und Kompetenzmanagement:
Fähige und motivierte Mitarbeiter sind für erfolgreiche Unternehmen nicht hoch genug zu bewerten. Für IT-Organisationen sollte die langfristige Personalplanung, -beschaffung und -entwicklung dem zyklischen Auf- und Abbau von personellen Kapazitäten vorgezogen werden. So wurde der radikale Personalabbau im IT Umfeld nach dem letzten konjunkturellen Abschwung im Jahr 2001 zu einer teuren Angelegenheit für manches Unternehmen. Freelancer und IT-Dienstleister haben sich gefreut. Dabei ist der langfristige Personalbedarf an Projektmanagern, Legacy-Systemspezialisten und Migrationsexperten frühzeitig vor einer geplanten Systemablösung planbar und bei eventuellen Personalabbaumaßnahmen zu berücksichtigen.
4. Ausrichtung der IT an die Unternehmensstrategie und striktes Umsetzungscontrolling
Erfahrungsgemäß scheitern Strategien häufig in der Umsetzungsphase. Um zu gewährleisten, dass strategische Ziele erreicht werden, sollte die strategische Unternehmensplanung mit der Umsetzung in der IT-Organisation verzahnt werden. Dabei kommt dem IT-Controlling eine besondere Bedeutung zu: Es quantifiziert die Ziele der Strategieumsetzung und macht damit den Umsetzungserfolg messbar.
Das IT-Controlling stellt beispielsweise sicher, dass das aktuelle Projekt-Portfolio wirtschaftlich ist und zu den kommenden Plänen der Unternehmensleitung beiträgt. Die Frage des "Return on IT" und damit auch des Budgets dürfte damit im Unternehmen einfacher zu beantworten sein - zum Beispiel wenn die IT den anstehenden Merger oder auch De-Merger technisch perfekt unterstützen kann. Fragen Sie also Ihren CEO.
Damit IT-Cost-Cutting in konjunkturell schwierigen Zeiten nicht zu einem Bremsklotz in darauf folgenden Phasen des wirtschaftlichen Aufschwungs wird, sollte die IT-Organisation Weitseitsichtigkeit an den Tag legen und konsequent die Ziele eines nachhaltiges IT-Wertmanagement bei der Auswahl geeigneter Kostensenkungsmaßnahmen verfolgen. Drei Prozent weniger Budget gehen immer und vermutlich werden Sie sich diesem Ansinnen kaum entziehen können. Aber kämpfen Sie, dass es nicht mehr wird. Und denken Sie im sicher wieder kommenden Aufschwung bereits an den nächsten Abschwung.
Christian Gfüllner ist Leiter Center of Excellence IT Strategy bei Capgemini Consulting.