SLAs und formale Prozesse sind Voraussetzungen

Virtualisierung funktioniert nicht ohne Strategie

07.10.2008 von Christiane Pütter
CIOs nehmen bei der Virtualisierung vor allem Server in Angriff. Desktops und Storage stehen im Hintergrund. Wer mit kleinen Ad-hoc-Projekten startet, muss scheitern. Zu diesem Ergebnis kommt der Marktforschers Aberdeen in einer Studie.

Virtualisierung schont Geldbeutel und Umwelt. Senkt die Technologie doch nicht nur IT-Kosten, sondern auch den Energieverbrauch. Soweit die gängigen Erwartungen. Allerdings wissen nicht alle Unternehmen die Vorteile von Virtualisierung zu nutzen.

Aberdeen-Virtualisierung
Gründe gegen Virtualisierung
Treiber für Virtualisierung
Unterschiede Best in Class-Firmen gegenüber Durchschnitt und Nachzüglern

Wie beim US-Marktforscher Aberdeen üblich, werden die Studienteilnehmer in "Best in Class" (BiCs), Durchschnitt und Nachzügler ("Laggard") eingeteilt. Demnach haben die "BiCs" die Effizienz ihrer Infrastruktur um 17 Prozent steigern können. Die Durchschnittsfirmen steigerten sich nur acht Prozent, die Nachzügler sogar nur ein Prozent. Auch bei der Verfügbarkeit ihrer Anwendungen legten die Klassenbesten um 17 Prozent zu, während Mittelfeld und Nachzügler jeweils nur auf sechs Prozent kommen.

Hinter diesen Ergebnissen stehen unterschiedliche Vorgehensweisen. So haben knapp drei von vier (73 Prozent) der BiCs formale Prozesse festgelegt, nach denen sie virtualisierte Anwendungen aus der Testphase in die produktive Funktion weiterschieben. Das gilt aber nur für 41 Prozent der Durchschnitts- und neun Prozent der Nachzügler-Firmen.

Ähnliche Diskrepanzen finden sich in Fragen der Mitarbeiter-Schulung.

Geht es um die Verfügbarkeit der Daten - nach Ansicht von Aberdeen einer der Schlüssel-Indikatoren für den Erfolg - zeigen sich noch krassere Werte: Während die "Best in Class"-Unternehmen angeben, in diesem Punkt 88 Prozent der Service Level Agreements (SLAs) zu erreichen, sind es im Schnitt nur 66 Prozent und bei den Schlusslichtern nur zehn Prozent.

Den Knackpunkt sehen die Analysten in der Frage, ob für das Virtualisieren eine Strategie entwickelt wird. Ihrer Erfahrung nach starten viele IT-Entscheider in ihrem Unternehmen ad hoc kleinere Virtualisierungsprojekte und wollen diese dann ausbauen. Dass ein solches Vorgehen scheitern muss, steht für Aberdeen außer Frage.

Nicht für alle Anwendungen ist Virtualisierung sinnvoll

Erfolgreiche Virtualisierung beginnt aus Sicht der Studienautoren mit der Entscheidung, ob Server, Storage oder Desktop virtualisiert werden sollen. Derzeit liegt der Schwerpunkt mit 92 Prozent der Nennungen klar auf Servern. 40 Prozent nennen außerdem Desktops, weitere 31 Prozent auch Storage. Dabei weisen die Analysten auf die Vorteile von Desktop-Virtualisierung hin. Zum Beispiel sei es wegen des Trends zum mobilen Worker praktisch, wenn der Desktop per USB-Technologie überall eingestöpselt werden könne.

Die Analysten sprechen sich nicht dafür aus, alle Anwendungen über virtualisierte Systeme laufen zu lassen. Der CIO müsse ein Verständnis dafür entwickeln, welche Applikationen von Virtualisierung profitieren und welche nicht.

Sobald diese Entscheidungen getroffen sind, muss der IT-Verantwortliche feststellen, ob genug Expertise vorhanden ist, um virtuelle Infrastrukturen zu designen und zu implementieren. Gegebenenfalls kann ein Virtual System Architekt helfen. Beim konkreten Umsetzen ist es wichtig, formalisierte Verfahren zu entwickeln.

Dazu gehören unbedingt Service Level Agreements (SLAs). Grundsatz der Autoren: "If you can't measure it, you can't manage it." Über SLAs können physische und virtuelle Systeme miteinander verglichen werden.

Im Endeffekt geht es bei der Virtualisierung immer um die Kostenersparnis. Die Reduktion operativer Kosten wird bei der Frage nach den Treibern mit 45 Prozent als Erstes genannt. Auch die nachfolgenden Gründe - Konsolidierung von Servern oder Storage und Steigerung der Effizienz - drehen sich um's Geld.

Immerhin wollen CIOs aber ebenfalls die Verfügbarkeit der Anwendungen steigern (15 Prozent) sowie Energie sparen und Disaster Recovery implementieren (je 14 Prozent).

Gegenargumente: Zu teuer, Nutzen unklar

Nur ein gutes Fünftel der von Aberdeen befragten Entscheider virtualisieren noch nicht. Die Gründe: Entweder sehen sie sich außerstande, die Kosten zu rechtfertigen (50 Prozent) oder sind unsicher, was Virtualisierung ihnen bringt (47 Prozent). Manchen fehlt schlicht das Wissen (40 Prozent) oder ihr Betrieb ist zu klein, als dass sich der Aufwand lohnte (30 Prozent).

Aberdeen räumt ein, dass Virtualisieren komplex ist und den Umgang mit IT-Ressourcen und Anwendungen fundamental verändern wird. Die Analysten scheinen jedoch davon auszugehen, dass früher oder später kein CIO daran vorbei kommt. Die Autoren der Studie schließen sich denn auch spürbar den Befürwortern von Virtualisierung an. Klare Worte zum Sicherheitsproblem fehlen komplett, Fragen zu fehlendem Know-how werden höchstens angerissen.

Aberdeen hat für die Studie "Virtual Strategies: Managing Servers, Desktops and Storage for Infrastructure Efficiency" mit Entscheidern aus 175 Unternehmen gesprochen, vor allem aus den USA und Kanada sowie Europa.