"Kosten senken heisst nicht, an der IT zu sparen, sondern Geld in den Prozessen zu sparen - und dazu dient ausdrücklich die Informationstechnologie", konstatiert Dieter Schacher, oberster IT-Chef des Mehrmarken-Konzerns (VW, Bentley, Bugatti, Skoda, Audi, Seat, Lamborghini). Als ersten Schritt hat er die Konsolidierung der Rechenzentren ins Auge gefasst. Schon die Reduzierung der RZ-Standorte von 30 auf sieben bringe eine Kostenersparnis von rund 50 Millionen Euro. "Dafür haben wir ein Team mit der Ausgestaltung einer 'Virtuellen Gesellschaft' beauftragt", sagt Schacher. Auftrag: Handelt wie ein eigenständiges Unternehmen nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten - ohne Rücksicht auf Gesellschaften, Marken und Regionen!
Auf prozessnahe Themen lässt sich das Modell allerdings nur bedingt übertragen, schränkt Schacher ein: "Wir haben das zwar im Hinterkopf, aber hier gibt es stärkere Abhängigkeiten von lokalen Anwendern als bei reinen Infrastruktur-Maßnahmen." Dabei gehe es keineswegs um eine simple Zentralisierung: "Wir nutzen die IT vor allem dazu, Prozessarbeit und Vernetzung zu verstärken", sagt Schacher.
Kostenseitig sieht der CIO die VW-IT glänzend aufgestellt: "Mit IT-Kosten von 1,3 Prozent sind wir, auch im Vergleich zum Wettbewerb, ausgesprochen effizient", betont er. Für Klaus-Hardy Mühleck, den CIO der Markengruppe Audi, Seat und Lamborghini - der in einem vierwöchentlich tagenden Gremium zusammen mit Schacher, dem Chef der Konzerntochter Gedas Axel Knobe, dem IT-Infrastrukturleiter Werner Carstengerdes und Sven-Torsten Huster, dem IT-Leiter der VW-Bank, die IT-Strategie festlegt - fungiert das virtuelle Unternehmen als ein Gerüst, das die künftige Expansion tragen muss.
Prozesse stehen für die IT-Macher des Auto-Riesen im Vordergrund. Schacher beurteilt IT-Systeme deshalb vor allem danach, welchen Gewinn sie im Hinblick auf eine konzernweite Integration bringen. Zu weltweiten Standards haben sich, neben industrieller Software, auch viele Eigenentwicklungen gemausert. Eine Sonderrolle spielt SAP, so Schacher, das in vielen Unternehmensbereichen eingesetzt wird, weil das Anwendungssystem die Integration der Prozesse mit ihren Systemen in mehrfacher Hinsicht unterstütze.
Gedas-Verkauf steht nicht zur Debatte
Allen Gerüchten um den Verkauf der IT-Tochter Gedas erteilt Schacher, der dem Aufsichtsrat der IT-Tochter vorsitzt, eine Absage. "Was sollte uns das bringen?", fragt er. "Wir brauchen das IT-Know-how im Konzern, und die Prozessarbeit müssen wir ja ohnehin machen." Im Gegenteil: Gedas sei ein entscheidender Bestandteil der IT des VW-Konzerns. Während sie für die deutschen Marken VW und Audi eine ergänzende, dienstleistende Rolle spiele, sei sie in anderen Konzerneinheiten wie VW of America und VW do Brasil auch für die operative IT verantwortlich.
Unabhängige Marktbeobachter halten das Dementi der Verkaufspläne für glaubwürdig: "Es macht für VW zurzeit keinen Sinn, sich von Gedas zu trennen, die entscheidend zur IT-Konsolidierung beitragen kann. Auch Synergieeffekte innerhalb der Gedas lassen sich am besten zusammen mit der Konzernmutter erschließen", urteilt Christophe Châlons, Geschäftsführer von Pierre Audoin Consultants Deutschland.
Outsourcing mit strategischer Tragweite steht bei VW nicht zur Debatte. Lediglich Teilbereiche wie PC-Service oder Support kommen in Frage. Im Gegenteil: Das Komitee um Schacher und Mühleck denkt eher darüber nach, ausgelagerte Aufgaben zurückzuholen. Dass die IT-Kostenposition des VW-Konzerns "zu den besten in Europa" zählt, ist für Mühleck gar darauf zurückzuführen, dass man "nicht alles aus der Hand" gebe.
Auf die IT-Personaldecke werde sich die verstärkte IT-Integration nicht auswirken, versichert Schacher. "Es kann sein, dass IT-Mitarbeiter im Zuge von Projekten andere Aufgaben als bisher übernehmen werden, weil wir IT-Funktionen verlagern", sagt Schacher. Aber Entlassungen von IT-Mitarbeitern werde es im Zuge von For Motion nicht geben, legt sich der VW-CIO fest.
"Das For-Motion-Programm bedeutet keine Abkehr von unserer bisherigen IT-Strategie", bekräftigt CIO Schacher. "Es ist vielmehr ein Signal, sämtliche Prozesse neu zu überdenken - im Hinblick auf eine Beschleunigung der IT-Integration und verstärkte Prozessfokussierung.