Was hat Sie im Corona-Jahr am meisten überrascht, was enttäuscht?
Alexander Mädche: Positiv überrascht hat mich, wie erstaunlich gut die neuen Kollaborationsplattformen funktionieren und skalieren. Gleichzeitig nutzten wir existierende Informationstechnologie viel zu wenig effektiv, um etwa Infektionen nachzuverfolgen. Die Pandemie hat auch sichtbar gemacht, wie Deutschland die Digitalisierung in den Schulen verschlafen hat und leider immer noch verschläft. Ich verstehe die Herausforderung von Datenschutz und Privatsphäre, wir brauchen aber konstruktive Lösungsansätze.
Sie forschen an KI-basierten Systemen für die Arbeitswelt. Wie geht es mit New Work weiter?
Alexander Mädche: Wir wissen zu wenig darüber, was die neuen Arbeitsformate mit uns machen und wie wir digitale Arbeitsplätze gestalten müssen, um Produktivität und Wohlbefinden positiv zu beeinflussen. In unseren Forschungsprojekten fokussieren wir uns darauf, Kompetenzassistenzsysteme zu gestalten. Ich denke, solche Konzepte werden insbesondere im Home Office an Bedeutung gewinnen.
Welche Entwicklungen sehen Sie für 2021?
Alexander Mädche: Wir werden noch weit in das Jahr 2021 mit der Virtualisierung der Arbeit und der Gesellschaft leben müssen. Ich rechne mit negativen Auswirkungen dieser Virtualisierung, die erst noch sichtbar werden. Hier müssen wir früh gegensteuern und nach Lösungsansätzen suchen. Ich glaube nicht an eine vollständige Virtualisierung von Arbeit und hoffe, wir können wieder stärker physisch beziehungsweise hybrid arbeiten.
Zur Person
Alexander Mädche, Professor für Wirtschaftsinformatik, leitet am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) die Forschungsgruppe "Information Systems & Service Design". Er gestaltet unter anderem KI-basierte Systeme für die Arbeitswelt von morgen.