Hauptversammlung im Web

Virtueller Aktionär

08.07.2002
Am 1. August tritt das "Transparenz- und Publizitätsgesetz" in Kraft. Für Online-Aktionärsversammlungen bedeutet das ein Plus an Rechtssicherheit. Doch noch stehen Marketing-Effekte bei der elektronischen Abstimmung im Vordergrund.

Als erstes deutsches Unternehmen hat es Celanese im vergangenen Jahr seinen Aktionären ermöglicht, noch während der im Internet übertragenen Haupversammlung ihre Stimme online abzugeben. Zur diesjährigen Versammlung hatte von den 100000 Aktionären des Chemiekonzerns rund ein Zehntel seine Stimmvollmacht bereits vorher per Post, Fax und Internet übertragen; 500 kamen persönlich nach Oberhausen. Vom Online-Stimmrecht machten 350 Beteiligte Gebrauch, von denen allerdings nur wenige live abstimmten. "Die Aktionäre wählten sich über unsere Homepage ein und identifizierten sich mit ihrer persönlichen Zugangs- und Aktionärsnummer", so Bernd-Gero Thiede, verantwortlich für die Versammlung.

Sicherheit und Service

Damit praktiziert Celanese ein Verfahren, das am 1. August mit dem "Transparenz- und Publizitätsgesetz" (TransPuG) eine weitere rechtliche Absicherung erfährt. "Das Gesetz gibt Unternehmen Rechtssicherheit bei der gängigen Praxis, Hauptversammlungen in Bild und Ton zu übertragen", sagt Ulrich Noack, Juraprofessor in Düsseldorf. Bereits im Januar 2001 hat der Gesetzgeber der Online-Stimmabgabe mit dem "Namensaktiengesetz" (NaStraG) nachträglich einen rechtlichen Rahmen verliehen. Allerdings ändert sich nichts daran, dass ein Stellvertreter im Saal das Stimmrecht für die virtuellen Aktionäre ausüben muss.

Die virtuelle Hauptversammlung stellt hohe Ansprüche an die Sicherheit. "Standards wie beim Online-Banking und Online-Brokering gelten als unterste Messlatte", sagt Klaus Durau, Geschäftsführer bei Lai-Con. Dienstleister wie dieser, Registrar Services oder SLS HV-Management organisieren Hauptversammlungen. Zur Sicherheit gehört auch, dass alle Hard- und Software-Elemente doppelt vorhanden sind. "Wir dokumentieren den gesamten IT-Ablauf. Der Kunde bekommt das Protokoll zur Kontrolle", versichert Durau. Er räumt aber ein: "Absolute Sicherheit kann niemand garantieren. Das muss man akzeptieren."

Celanese will mit der elektronischen Stimmabgabe vor allem den Service für die in der ganzen Welt verteilten Aktionäre verbessern. Manfred Heß, Inhouse Consultant bei Henkel, erwartet keine Spareffekte: "Die Kosten für die Erfassung der Aktionäre und den Saal bleiben. Hinzu kommen die Kosten für die elektronische Abstimmung." Doch auch der Konsumgüter- und Technologiekonzern plant, seine Satzung so zu ändern, dass die Durchführung einer virtuellen Hauptversammlung möglich wird. Auf dem nächsten Aktionärstreffen im April 2003 sollen die Weichen dafür gestellt werden, dass die Anteilseigner ihre Stimme 2004 erstmals über das Web abgeben können.