Roman Hoffmann, Geschäftsführer der Wilken Rechenzentrum GmbH, beispielsweise treiben als unter anderem von Experton frisch gekürten Green CIO grüne Visionen um. "Warum sollte ein Rechenzentrum nicht auf der grünen Wiese entstehen?", fragt Hoffmann rhetorisch. "Die Anbindung an das Internet kann künftig per Satellit und Breitband vonstatten gehen. Die Versorgung der Privathaushalte mit Breitband-DSL heute zeigt, wohin der Trend geht."
Man ist versucht, sogar von einem Mega-Trend zu sprechen. Wie zahlreiche Studien zeigen, verändern neue Kommunikations-Möglichkeiten und der Hang von Firmen und Mitarbeitern zu mobiler Arbeit die IT-Welt insgesamt. Die britischen Marktforscher von Wireless Intelligence etwa sagen voraus, dass es schon in zwei Jahren mehr schnelle mobile Breitband-Verbindungen geben wird als solche, die auf dem bisherigen GSM-Standard basieren. Auch wenn die Akzeptanz dafür derzeit im Asien-Pazifik-Raum noch ausgeprägter ist als in der westlichen Hemisphäre, dürfte die Entwicklung auch hier bald volle Fahrt aufnehmen. Vom Manager bis zum Klempner wird dies die Arbeitswelt verändern. Also sollten insbesondere Rechenzentren davon nicht unberührt bleiben.
Ordnet man die Prognosen über die Zukunft in die langfristigen Entwicklungen der Vergangenheit ein, lässt sich vor allem eins feststellen: Der rasante Zuwachs an Möglichkeiten im umfassenden Sinne wird sich fortschreiben. Immer mehr geht, und das immer schneller. 1985 galt der Intel Micro-Processor mit acht Mega-Hertz als das Maß aller Dinge. 20 Jahre später war man längst an eine 400fache Geschwindigkeit gewöhnt. Als Speicherplatz auf einem PC hielt man 1985 20 Megabyte für völlig normal. Ebenfalls 20 Jahre später galt das 25.000fache als Standard. Ein Ende der Entwicklung ist nicht zu erwarten. So kommt es für Firmen darauf an, dieses Potenzial zu gestalten.
Diese Herausforderung kann schon manchmal überfordern. IDC spricht von einem "Komplexitätskreislauf", in dem die Anwender stecken. Man vergegenwärtige sich, dass die schiere Größe der installierten Infrastruktur in den Rechenzentren derzeit eine Rekord-Dimension erreicht hat. Die immense Zahl an Servern, Speicher-Systemen, Netzwerk-Geräten sowie an Strom- und Kühlungs-Equipment ist zu einer dauerhaften und zunehmenden Last für die meisten Organisationen geworden. Neue Technologien - wie etwa Breitband - versprechen laut IDC Lösungen für ein besseres Management der gigantischen Gebilde. Deren Wachstum zu mäßigen ist gleichwohl keine simple Aufgabe.
Wie sämtliche IT-Operationen bewegt sich das Rechenzentrum in die Richtung eines service-orientierten Designs, das auf das jeweilige Business-Modell optimal zugeschnitten ist. Diese Entwicklung betrifft laut IDC klassische Firmen-Rechenzentren ebenso wie die Mega Data Centers der Web 2.0-Unternehmen. Die Analysten prophezeien für die kommenden fünf Jahre erhebliche Investitionen in eine Neu-Justierung. Diese werde nicht allein die Systeme und Technologien in den Rechenzentren betreffen, sondern die eigentlichen Anlagen selbst: ihr Design, ihre Konstruktion, ihre Operationen, ihr Personal und ihre Prozesse.
Der Umbau der Rechenzentren darf keinesfalls als losgelöst von den anderen Business-Zielen betrachtet werden. IDC sieht derzeit vier in den Firmen vorherrschende Schlüsseltreiber. Alles dreht sich darum, die Kosten zu reduzieren, die Kundenzufriedenheit zu erhöhen, den Ertrag zu steigern sowie Qualität und Genauigkeit zu verbessern. Diese Ziele stehen zueinander in einem gewissen Spannungsverhältnis und sind kaum zugleich zu erreichen. In dieses Konfliktfeld nun fügen sich sämtliche strategischen Erwägungen ein, die die Rechenzentren betreffen.
In den vergangenen zehn Jahren hat insbesondere die fast völlige Verdrängung von Mainframe- sowie Unix/RISC-Servern durch x86-Server die Kalkulations-Grundlagen in diesem Zusammenhang verändert. Explosionsartig stieg dadurch die Zahl der Server: Vor zwölf Jahren seien es weltweit etwas fünf Millionen Server gewesen, schätzt IDC. Derzeit dürften es etwa 30 Millionen sein. Die Kosten der für sie benötigten Wartungs-Systeme sind demgegenüber drastisch nach unten gepurzelt: von durchschnittlich 35.000 auf 5.000 US-Dollar.
Der starre Blick auf diese Kosten dürfte allerdings für die visionäre Gestaltung des Rechenzentrums der Zukunft nicht genügen. "Ein Rechenzentrum wird aus meiner Sicht nicht mehr nur ausschließlich nach den wirtschaftlichen Faktoren bewertet", sagt etwa auch der Green-CIO Roman Hoffmann von Wilken. "Wo früher nur Leitungsanbindung und Versorgung der RZ-Abnehmer im Vordergrund standen, wird künftig vielleicht die Eigenversorgung mit Energie bedeutender werden."
Derlei progressives Gedankengut, das einen ökologischen Blick mit einer technologisch avancierten Ausrichtung kombiniert, kann sich durchaus auf Befunde der Analysten von IDC stützen. Die verweisen darauf, dass die "versteckten" Kosten die eigentlichen Ausgaben für die Server mittlerweile deutlich übersteigen. Dabei geht es zum einen um Personalkosten, die achtmal so hoch liegen. Hinzu kommt, dass inzwischen für jeden US-Dollar an Ausgaben für neue Server-Hardware 50 US-Cent für Strom- und Kühlungskosten mit ein zu berechnen sind. Auch auf dieses Dilemma gilt es bei der Einrichtung der Data Centers Antworten zu finden.
Hoffmanns Idee eines Rechenzentrums auf der grünen Wiese, das über Breitband an die Außenwelt angebunden ist, reflektiert dies in hohem Maße. Breitband ermöglicht den Betreibern von Rechenzentren eine ungeahnte Unabhängigkeit von der Infrastruktur. "Urbaner Raum ist teuer", so Hoffmann. "Und unser Anspruch nach Vollversorgung lässt die Strompreise explodieren." Seine Vision sieht im Gegensatz zur gegenwärtigen Realität eine eigene Stromversorgung der Rechenzentren auf Basis regenerativer Energien vor. "Eine Kombination aus Windanlagen und Solarzellen erzeugt nicht nur Strom für den Eigenbedarf, sondern kann per Einspeisung ins Stromnetz auch andere versorgen. Natürlich müssen weiterhin Generatoren und USV-Anlagen für den Notfall vorhanden sein, aber die Abhängigkeit von einem Versorger wird sicher abnehmen."
Das ist weit in die Zukunft vorausgedacht - mindestens zehn Jahre. Aber genau in solchen Zeiträumen sollte auch laut IDC in die Zukunft geschaut werden. Die Analysten geben vier Hinweise, auf die dabei nach jetzigem Stand zu achten ist.
Das Rechenzentrum der Zukunft braucht erstens ein modulares, auf Wiederholbarkeit angelegtes Design. Die Kunden werden Blaupausen für ihre Rechenzentren wieder verwenden und dabei auch verstärkt ein Gefühl vor die Vorhersehbarkeit der Operationen gewinnen. Bessere Templates werden diese Entwicklung unterstützen.
Zweitens wird skalierbare Kapazitäts-Planung zur Pflicht. Firmen werden nicht mehr den gesamten verfügbaren Raum auf einmal nutzen. Stattdessen errichten sie ihr gegenwärtig benötigtes Rechenzentrum auf einer angemessenen Zahl an Quadratmetern. Zusätzliche Fläche reservieren sie für einen künftigen Ausbau, verwenden sie allerdings bis dahin beispielsweise als Büroraum.
Drittens sollten die Firmen ein größeres Verständnis dafür entwickeln, wie ihr Data Center funktioniert. Für eine größere Vergleichbarkeit sorgt dabei die ähnliche und wiederholbare Konstruktion von Rechenzentren an verschiedenen Orten. Vorstellbar ist, verschiedene Zentren weltweit nach ähnlichem Muster einzurichten und von einem zentralen Team managen zu lassen. Als ein Beispiel-Design könnte man analog zu den bekannten Flugsimulatoren Rechenzentrums-Simulatoren entwerfen.
Viertens gewinnen spezialisierte Data Center-Services an Bedeutung. Design-, Konstruktions- und Konsolidierungs-Services seien bereits stark gefragt, so IDC. Hinzu kommen künftig Dinge wie die thermische Bewertung.
IDC hat seine Analysen in der Studie "Building, Planning, and Operating the Next-Generation Datacenter" zusammengestellt.