Kostentransparenz

Visualisierung bis auf Anschlussebene bei M-net

23.06.2017 von Redaktion CIO
Durch die geografische Darstellung von Umsätzen und Kosten kann der Telekommunikationsanbieter M-net auf einen Blick erkennen, wie rentabel Hauptverteiler, Leitungen oder auch ganze Regionen sind. Das erhöht die Profitabilität und eröffnet neue Wachstumspotenziale.
  • Bisher musste das BI-Team die Kostendaten manuell in Tabellen zusammenführen und den individuellen Umsätzen gegenüberzustellen
  • Die Kalkulationen waren zeit- und kostenintensiv und stellten immer nur einen kurzfristigen Schnappschuss dar
  • Die neue Software von Tableau bindet nun heterogene Quellen ein, visualisiert geografische Daten, konsolidiert Daten automatisch und ermöglicht individuelle Analysen
  • Dauerten aufwendige Rentabilitätsberechnungen bislang Tage, so reicht jetzt ein Mausklick
M-net hat in München ein Glasfasernetz aufgebaut.
Foto: M-net

Welche Kunden können noch rentabel versorgt werden? Welche Gebiete versprechen durch Infrastrukturinvestitionen Wachstumspotenziale? Wie wirken sich Aspekte wie Preisverfall, neue Technologien und der steigenden Wettbewerbsduck auf das eigene Geschäft aus? Solche Fragen sind für einen Telekommunikationsanbieter nicht leicht zu beantworten. Denn die Kostensituation hängt von einer Vielzahl individueller Faktoren ab - Leitungskosten, Abschreibungen, Mieten für Gebäude und Anlagen, Erschließung- und Instandsetzungskosten sowie Nutzungsintensität. Entsprechend komplex ist die Rentabilitätsberechnung.

Die Ausgangslage: Aufwändige und fehleranfällige Berechnungen

Auch M-net, ein regionaler TK-Anbieter mit mehr als 380.000 Geschäfts- und Privatkundenanschlüssen im Raum München, Augsburg und Nürnberg, stand vor diesem Problem. Um die Rentabilitätsspielräume einzelner Kundenanschlüsse oder geografischer Gebiete berechnen zu können, musste das Business-Intelligence-Team früher die gesamten Kostendaten manuell in Tabellen zusammenführen und den individuellen Umsätzen gegenüberzustellen.

"Es war extrem aufwändig, die unterschiedlichen Informationen aus einer Vielzahl von Quellen zusammenzusuchen - SAP, Billing, Fremdrechnungen für gemietete Leitungen, Adressdaten, technischen Dokumenten etcetera", sagt Markus Kolp, BI-Analyst bei M-net. Um die Kostenpositionen den Kundenanschlüssen anteilig zuordnen zu können, sei zudem ein tiefes Verständnis der einzelnen Posten erforderlich gewesen.

"Es war extrem aufwändig, die unterschiedlichen Informationen aus einer Vielzahl von Quellen zusammenzusuchen - SAP, Billing, Fremdrechnungen für gemietete Leitungen, Adressdaten, technischen Dokumenten etcetera", sagt Markus Kolp, BI-Analyst bei M-net.
Foto: M-net

Die Kalkulationen waren aber nicht nur zeit- und kostenintensiv - sie stellten auch einen nur kurzfristig gültigen Schnappschuss der aktuellen Situation dar. Sobald sich Kundenzahlen oder Leitungskapazitäten im näheren Umfeld änderten, musste alles neu berechnet werden. Auch bei jeder neuen Kundenanfrage nach zusätzlichen Leitungskapazitäten war erst einmal eine aufwändige Überprüfung der technischen und kostenrelevanten Situation notwendig.

Wegen der Komplexität bestand zudem immer die Gefahr, dass wichtige Positionen bei der Kalkulation vergessen oder nicht richtig zugeordnet wurden. Und: Durch die Auswertungen in Listenform ließen sich geografische Zusammenhänge aufgrund von übergeordneten Abhängigkeiten oder vorhandenen Leitungskapazitäten nicht unmittelbar erkennen.

Gesucht: Ein Tool, das einzelne Posten visualisiert und heterogene Quellen einbindet

Gesucht war daher eine Lösung, mit der sich Rentabilitätsberechnungen bis auf Anschlussebene individualisieren und Umsätze sowie Kosten geografisch darstellen lassen, um die Profitabilität einzelner Hauptverteiler, Leitungen oder ganzer Regionen auf einen Blick zu erkennen. Da im hauseigenen Oracle-Datawarehouse nicht alle relevanten Datenquellen zur Verfügung standen, sollte die neue Lösung zudem in der Lage sein, heterogene Quellen anzuschließen.

Für die geografische Darstellung einzelner Sachverhalte hatte M-net bislang das Geoinformationssystem ArcGIS Desktop eingesetzt. Bei der Suche nach einer neuen Software prüfte der TK-Anbieter daher zunächst der Einsatz einer ArcGIS-Cloud-Anwendung, stellte aber schnell fest, dass der Aufwand dafür unverhältnismäßig groß gewesen wäre. Getestet wurde auch das Analytics-Tool von Qlikview, das aber in Sachen Geo-Unterstützung und Integrationsmöglichkeiten enttäuschte. "Die richtige Software zu finden - das war eine der großen Herausforderung des Projekts", fasst Bernhard Kneidl, Bereichsleiter Controlling & Business Intelligence bei M-net zusammen.

Analyse- und Präsentationswerkzeugs entwickelt

Nach einer Testphase entschied sich M-net 2016 für die Einführung des Business-Analytics-Tools Tableau. "Die Software beherrscht vor allem die geografische Visualisierung von den getesteten Lösungen am besten", so Kolps Fazit. Nach dem Erwerb von zehn Tableau-Desktop-Lizenzen entwickelte die BI-Abteilung auf Basis der Software das sogenannte Ausbau-Cockpit, ein Werkzeug zur Analyse und Präsentation der kaufmännischen und technischen Informationen über die Kunden- und Netzlandschaft. Damit lassen sich die mehr als 300 angeschlossenen Hauptverteiler-Anschlussbereiche geografisch und in Listenform mit den wichtigsten Kennzahlen wie Umsatz, Kosten, Vertragsanzahl, Produkten oder Marktanteilen darstellen.

Die vielfältigen Möglichkeiten des interaktiven Dashboards erlauben detaillierte Einblicke in das komplette Netz und alle aktiven Komponenten. Außerdem bietet es die Möglichkeit, bis in Details wie Leitungen und Kunden zu navigieren.
Foto: M-net

Die BI-Mitarbeiter können jetzt die Deckungsbeitragsrechnung schnell und einfach visualisieren - etwa für einen Geschäftskunden, der eine hochbit-artige Leitung anfragt. Das Cockpit beantwortet die Fragen im Handumdrehen. Wie ist das Gebiet bisher angebunden? Können wir den Kunden sofort versorgen, oder muss die Anbindung erweitert werden? Auf Basis der Informationen wie das Gebiet bisher performed hat, lassen sich anschließend Kosten und Wirtschaftlichkeit beurteilen.

Statusanalyse und Entwicklung der Kennzahlen im Zeitablauf

Die jeweiligen Sachverhalte werden einfach in einer Landkarte ausgewählt und je nach Ausprägung der gewünschten Kennzahl automatisch eingefärbt. So erhält der User auf einen Blick eine Statusanalyse sowie die Entwicklung der Kennzahlen im Zeitablauf. "Genau das hatten wir gesucht: ein Werkzeug, das die benötigten Daten automatisch konsolidiert, individuelle Analysen ermöglicht und gleichzeitig Regionen in Kartenform darstellen kann", so Kolp. Auch Bereichsleiter Kneidl schätzt vor allem die zahlreichen Selektionsmöglichkeiten bei der geografischen Visualisierung. "Wie profitieren damit von einer enormen Kostentransparenz."

Zusätzlich zu den kaufmännisch relevanten Daten informiert das Ausbau-Cockpit auch über technische Gegebenheiten - etwa über die Netztopologie, die Backbone-Leitungen sowie die Anbindung der Hauptverteiler und der Kundenanschlüsse mit den jeweiligen Übertragungskapazitäten. Durch ein Drill-Down bis auf die Detailebenen lassen sich weitere Informationen zu den einzelnen Leitungen wie Laufzeiten oder Kosten der Verträge sowie zu individuellen Kundenverträgen - Umsätze, Adressen, technische Anbindung - interaktiv erforschen.

Das Network Operation Center von M-net.
Foto: M-net

Läuft zum Beispiel in mehreren Hauptverteilern der Technik-Support aus, kann das BI-Team mithilfe des Ausbau-Cockpits berechnen, ob ein Geräteaustausch wirtschaftlich ist, welche Kapazitäten die neue Technik bereitstellen muss und ob sich durch den Austausch eventuell Anbindungen und Technologien optimieren lassen.

Schulungen ohne externe Hilfe

Allerdings ist das Cockpit sowohl aus technischer als auch aus kaufmännischer Sicht sehr komplex. Um die Lösung sinnvoll nutzen zu können, sind daher umfassende Schulungen erforderlich. Bei anderen Anwendungen, für die Tableau Desktop inzwischen bei M-net genutzt wird, sind die User dank der einfachen Bedienbarkeit der Software dagegen nicht auf externe Unterstützung angewiesen. "Mithilfe der umfassenden Online-Dokumentation und der aktiven Community konnte sich unser Team komplett selbstständig in das Tools einarbeiten", berichtet Kolp.

Inzwischen arbeiten etwa 20 Personen aus den Bereichen Strategie, Technik und Vertrieb mit der Lösung: Nachdem das BI-Team die Berichte per E-Mail verteilt hat, greifen die Mitarbeiter aus den Fachbereichen mit dem Tableau-Reader darauf zu. Die Strategieabteilung nutzt die Analysen zur Erstellung langfristiger Prognosen und zur Absicherung von Investitionsentscheidungen. Die Technik kann sich schnell über die aktuelle Anbindung oder vorhandene Netzkapazitäten bestimmter Regionen informieren. Und das Controlling erhält wichtige Erkenntnisse über die Rentabilität von Kunden oder Infrastruktur-Elementen.

In Zukunft soll ein Großteil der geografischen Analysen und Reports, die bisher manuell mit ArcGIS erstellt und per Hand versandt wurden, auf automatisierte, interaktive Dashboards umgestellt werden. Aber auch ArcGIS bleibt weiter im Einsatz - speziell bei der Ausbauplanung und für statische Karten.

Fazit: Weniger Aufwand sowie faktenbasierte Entscheidungen und Prognosen

Der Einsatz der Software hat den Aufwand der Rentabilitätsberechnung deutlich reduziert. Technische Analysen und Berechnungen, für die früher alle Kapazitäts-, Umsatz- und Kostenpositionen manuell in tagelanger Arbeit aus verschiedensten Quellen zusammengesucht, anteilsmäßig zugeordnet und in Excel-Tabellen aufsummiert werden mussten, stehen heute übersichtlich per Mausklick zur Verfügung.

Der Hauptsitz des regionalen Telekommunikationsanbieters liegt in München.
Foto: M-net

Durch die Vielzahl an nativen Konnektoren kann die Software zudem Informationsquellen einbeziehen, die noch nicht im Datawarehouse vorliegen und jetzt nach und nach übernommen werden. Damit ist M-net heute in der Lage, die Auswirkungen vorhandener oder zukünftiger Anschlüsse auf die Netzwerkperformance zu prognostizieren, bei Bedarf zusätzliche Leitungskapazitäten anzumieten oder überflüssige Leitungen abzukündigen.

Das hohe Maß an Transparenz sorgt zudem dafür, dass das Unternehmen unrentable Hauptverteilergebiete schnell identifizieren und Maßnahmen ergreifen kann - etwa günstigere Leitungen einkaufen, die Zahl der Leitungsanbindungen reduzieren oder sich komplett aus unrentablen Regionen zurückziehen. "Wir kennen heute die Kosten-Nutzen-Situation an jedem einzelnen Anschlusspunkt genau. Dadurch können wir unseren Kunden maßgeschneiderte Lösungen anbieten", so Kolp.

Erfolgsfaktoren: Iteratives Vorgehen und Fail Fast

Neben der Software hat vor allem das iterative, agile Vorgehen - getreu der Devise "Fail Fast" - zum Projekterfolg beigetragen, resümiert Kneidl: "Wenn eine Lösung die Anforderungen nicht erfüllt, muss man schnell nach einer Alternative suchen. Nur wer flexibel ist, kann schnell reagieren." Erleichternd kam hinzu, dass es bei M-net wenig Vorgaben gibt. "Wir konnten vieles einfach ausprobieren."

Die Erfolge in der Datenanalyse und -visualisierung haben sich bei M-net bereits herumgesprochen. "Immer mehr Kollegen kommen jetzt mit Ideen oder Wünschen auf uns zu, auch ganz neue Anwendungsszenarien zeichnen sich ab", so Kolp. " Hier gibt es noch eine Menge Potenzial, das wir in den kommenden Wochen und Monaten ausschöpfen wollen."

Projekt

Visualisierung

Zeitrahmen

6 Monate

Mitarbeiter

3 Personen aus dem Business Intelligence Competency Center / BICC (Kernteam – crossfunktional: Analyst, ETL/Datenmodellierer, Data Scientist) weitere Personen aus Fachbereichen und Quellsystemverantwortliche

Aufwand

Personentage: 80 PT (intern), 70 PT (extern) Lizenz- und Hardwarekosten: bereits lizensiert bzw. vorhanden

Produkte

Tableau Desktop, ArcGis

Dienstleister

SoftQuadrat GmbH

Einsatzort

Große Teile Bayerns, Großraum Ulm sowie weite Teile des hessischen Landkreises Main-Kinzig, ca. 410.000 Privat- und Geschäftskundenanschlüsse

Branche

Telekommunikation

Internet

www.m-net.de