Rund 1.000 Antennen in 170 Orten

Vodafone startet Live-Betrieb für nächste 5G-Entwicklungsstufe

12.04.2021
5G-Mobilfunk in Deutschland setzt im Kernnetz bislang noch auf dem Vorgängerstandard LTE auf. Vodafone nimmt nun als erster Anbieter in Deutschland die nächste Entwicklungsstufe in Betrieb.
Vodafone hat als erster Netzbetreiber in Deutschland damit begonnen, sein Kernnetz auf 5G umzustellen.
Foto: Vodafone

Vodafone hat in Deutschland wichtige Teile seines 5G-Mobilfunknetzes auf die nächste Entwicklungsstufe umgestellt, die ohne die Vorgängertechnik LTE auskommt. "Als erster Netzbetreiber legen wir bei 5G die LTE-Stützräder beiseite und starten mit einem 5G-Kernnetz", sagte der Deutschland-Chef von Vodafone, Hannes Ametsreiter, am Montag.

Die neue Version "5G Standalone", die ohne einen LTE-Anker auskommt, zeichnet sich vor allem durch äußerst kurze Datenlaufzeiten aus. Diese geringe Latenz ist zum einen für kommerzielle Anwender interessant, die damit beispielsweise aus der Ferne technische Geräte ohne jeden Zeitverzug steuern können. Damit könnten etwa Bagger aus der Ferne quasi in Echtzeit gesteuert werden.

Private Nutzer profitieren etwa bei Online-Computerspielen von den kurzen Datenlaufzeiten, weil sie ohne Zeitverzug reagieren können und ihre Reaktion in Spiel schneller umgesetzt wird. Mit einer geringen Latenz werden auch Anwendungen im Bereich "Augmented Reality" erleichtert, bei denen virtuelle Inhalte in eine reale Umgebung eingeblendet werden.

Die Deutsche Telekom testet "5G Standalone" bereits seit Februar in Garching bei München, hat bislang aber noch keinen größeren Live-Betrieb in der Fläche angekündigt. Telefónica (O2) hat den Start des "reinen" 5G-Betrieb für dieses Jahr in Aussicht gestellt.

Der Ausbau von "5G Standalone" bei Vodafone betrifft alle Mobilfunk-Stationen in Deutschland im 3,5 Gigahertz-Bereich. Das sind rund 1.000 Antennen in 170 Städten und Gemeinden. Die bislang verfügbaren 5G-Netze setzen nur eine abgespeckte Version des Übertragungsstandards um.

Vorteile von "Network Slicing"

"5G Standalone" ermöglicht auch ganz neue Einsatzmöglichkeiten. Dazu gehört die Funktion des "Network Slicings". Dabei kann ein physisches Netz in mehrere virtuelle Netze mit unterschiedlichen Anforderungen, garantierten Bandbreiten und Latenzen unterteilt werden. So könnte beispielsweise einem TV-Team in einem voll besetzten Bundesliga-Stadion ein eigenes virtuelles Mobilfunknetz zugewiesen werden, mit dem ein kabelloser Kamera-Einsatz möglich wäre.

Damit wäre der Sender nicht mehr auf feste Standorte mit Kabelanschluss angewiesen, sondern könnte viel flexibler agieren, weil für die drahtlose Datenübertragung der Videosignale aus den mobilen Kameras eine garantierte Bandbreite zur Verfügung steht. Entsprechende Feldversuche laufen zwischen Vodafone und dem TV-Sender Sky.

Welche Anwender wie vom Ausbau profitieren

Während bei "5G Standalone" die Datenlaufzeiten gemessen in Millisekunden signifikant besser ausfallen, spielt die neue Ausbaustufe bei der Bandbreite (gemessen in Megabit pro Sekunde) dagegen bislang keine Rolle. In bestimmten Szenarien fällt die Bandbreite im "reinen" 5G-Netz sogar geringer aus als im "5G Non-Standalone"-Netz. Höhere Übertragungsraten sind für weitere 5G-Ausbaustufen vorgesehen. Kunden mit 5G-Tarifen können bei Vodafone selbst entscheiden, ob sie im bestehenden 5G-Netz mit LTE oder im neuen Netz surfen wollen.

Das Oppo Find X3 Pro 5G ist eines der wenigen Smartphones im Markt, das - nach einem Software-Update - bereits jetzt von den Verbesserungen im 5G-Netz profitieren kann.
Foto: Oppo

Vom Ausbau des 5G-Netzes bei allen 3,5-GHz-Stationen profitieren nur wenige Anwender unmittelbar. Bislang unterstützen nur wenige Smartphones den neuen Standard. Dazu gehört das Oppo Find X3 Pro. Dazu muss allerdings die Software des Gerätes aktualisiert werden. Von Samsung, Huawei und anderen Herstellern werden Modelle erwartet, die "5G Standalone" nutzen können. Außerdem darf davon ausgegangen werden, dass auch das nächste iPhone, das Apple traditionell im Herbst auf den Markt bringen wird, den neuen Standard unterstützen wird.

Ausbau der Edge-Rechnezentren

Mit der neuen Technik rücken auch Edge-Rechenzentren in den Blickpunkt. Um die Datenlaufzeiten möglichst gering zu halten, bauen die Provider diese Kapazitäten nicht zentral aus, sondern verarbeiten die Daten immer näher am Kunden verarbeitet.

Bei Vodafone sind die sehr geringen Latenzzeiten direkt zu Beginn in Frankfurt/Main und Umgebung spürbar, weil hier das erste 5G-Kernnetz beheimatet ist. Bis 2023 will das Unternehmen insgesamt zehn 5G-Rechenzentren in Betrieb nehmen. Noch in diesem Jahr gehe das zweite 5G-Rechenzentren in Berlin ans Netz, sagte Vodafone-Technikchef Gerhard Mack. Kurze Zeit später werde ein drittes 5G-Rechenzentrum in München live gehen. "Die weiteren 5G-Rechenzentren folgen bis 2023. Dann ist in ganz Deutschland der Datenaustausch nahezu in Echtzeit möglich." (dpa/pma)