Mitten im Prozess der digitalen Transformation will Volkswagen Software-Entwickler künftig selber ausbilden. Im Frühjahr 2019 solle der erste Jahrgang mit rund 100 Teilnehmern an den Start gehen, nach der Ausbildung sollten 2021 die Absolventen eingestellt werden, sagte Volkswagen-Personalvorstand Gunnar Kilian am Freitag in Wolfsburg. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD), dem Volkswagen das Programm vorgestellt hatte, ergänzte: "Auch im digitalen Strukturwandel wird uns die Arbeit nicht ausgehen, aber es wird andere Arbeit sein."
Rund 20 Millionen Euro steckt Volkswagen in den ersten Jahrgang des "Fakultät 73" genannten zweijährigen Ausbildungsprogramms, die Bewerbungs- und Auswahlphase beginnt im Oktober. Fest vorgesehen sind mindestens drei Jahrgänge. Das Programm richtet sich an bei Volkswagen ausgebildete Mitarbeiter mit IT-Affinität und Grundwissen, aber auch an Studienabbrecher in naturwissenschaftlichen und mathematischen Fächern. Denkbar sei auch ein Modell, um "langfristig Nachwuchs auszubilden", sagte Kilian.
Hintergrund ist der massive Wandel, den die gesamte Autobranche derzeit bewältigen muss. Vernetzung und autonomes Fahren, aber auch Elektromobilität sind die Mega-Themen, die die Branche beschäftigen, gleichzeitig ist den Autobauern mit den Tech-Giganten wie Apple und Google neue Konkurrenz erwachsen. Dazu kommt der vielbeklagte Fachkräftemangel.
Software-Entwickler fehlen
Volkswagen-Konzernchef Herbert Diess hatte unlängst erklärt, beim autonomen Fahren gäben die Amerikaner das Tempo vor. "Wir haben dem in Europa derzeit nichts entgegenzusetzen", sagte er. Auch nach Einschätzung von Betriebsratschef Bernd Osterloh fehlen Software-Entwickler dem Konzern "schon länger".
Künftig will Volkswagen mit Milliarden-Investitionen in die Vernetzung seiner Autos am Trend Digitalisierung verdienen. Dazu soll das bisherige Kerngeschäft um Lade- und Abrechnungsdienste für E-Autos, Carsharing oder E-Commerce-Angebote ergänzt werden. Bis 2025 sollen 3,5 Milliarden Euro fließen.
"Fakultät 73" entstand den Angaben zufolge in Zusammenarbeit mit Hochschulen sowie privaten Bildungsanbietern. Nach Kilians Worten beschäftigt Volkswagen derzeit allein in Wolfsburg 2.400 IT-Experten, weltweit seien es mehr als 11.000. Volkswagen sei gezielt auf Hochschulen mit der Frage zugegangen, ob man Studienabbrecher für die Ausbildung gewinnen dürfe, sagte Kilian. Seit Mitte 2017 seien 130 Software-Entwickler eingestellt worden. In den nächsten Jahren müssten rund 400 Stellen besetzt werden, hieß es. Derzeit könne Volkswagen seinen Bedarf an Experten noch am Markt decken.
Der Name des Programms, "Fakultät 73", stammt aus dem Fernsehen, genauer gesagt von der Figur des Sheldon Cooper aus "The Big Bang Theory" - für den Nerd aus der Kult-Serie ist die 73 die beste Zahl, gewissermaßen der "Chuck Norris unter den Zahlen". (dpa/rs)