Neue Dieselwagen des Volkswagen-Konzerns haben nach Angaben des Autobauers und des Bundesverkehrsministeriums keine Software zur Manipulation von Abgaswerten. Ein VW-Sprecher sagte der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag, nach derzeitigem Kenntnisstand sei bei jüngeren Motoren der Baureihe EA 288 "nichts Illegales passiert". Es gebe keinen Anlass für entsprechende Zweifel. Aus dem Ressort von Verkehrsminister Andreas Scheuer in Berlin hieß es: "Unzulässige Abschalteinrichtungen konnten nicht festgestellt werden - auch nicht in Gestalt einer unzulässigen Zykluserkennung."
Der SWR hatte unter Berufung auf interne VW-Dokumente berichtet, auch Dieselmotoren mit der modernen und schärferen Abgasnorm Euro-6 enthielten ein Programm, das erkenne, ob sich das Fahrzeug gerade auf einem Prüfstand befindet. Eine solche "Zykluserkennung" war bei älteren VW-Motoren des Typs EA 189 dazu genutzt worden, dass die volle Abgasreinigung nur während des Tests lief, im Alltagsbetrieb auf der Straße dagegen vermindert oder gar ganz abgeschaltet wurde - mit einem dann deutlich höheren Ausstoß an giftigen Stickoxiden (NOx). Die Enthüllung der so funktionierenden Täuschungssoftware hatte im September 2015 "Dieselgate" ausgelöst.
Der neuere Motor EA 288 - ein Nachfolger des Skandalantriebs EA 189 - war von VW bereits im Herbst 2015 untersucht worden. Damals hatte der Konzern "nach gründlicher Prüfung" den Verdacht entkräften können, in der Steuerung des EA 288 könne es ein Programm zur Beeinflussung der Abgasdaten geben - sowohl bei der Euro-6-Variante als auch bei der älteren Norm Euro-5. Es sei "keine Software verbaut, die eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne der Gesetzgebung darstellt".
Motortyp sei Volkswagen zufolge in Ordnung
Vier Jahre später bekräftigt Volkswagen diese Darstellung nun: "Kein Fahrzeug mit dem Dieselmotor EA 288 nach dem heute gültigen Abgasstandard EU6 enthält eine Zykluserkennung." Auch auf SWR-Nachfrage bestritt der Konzern den Vorwurf. Der Motortyp entspreche weiter gültigen Vorschriften und Maßstäben. Es sei "sichergestellt, dass eine Nutzung von Fahrkurven nicht zur Einhaltung von Emissionsgrenzwerten verwendet wird".
In solchen "Fahrkurven" werden bestimmte Eigenschaften eines Autos so eingestellt, dass sich prinzipiell auch erkennen lässt, ob ein Test läuft. VW erklärte, es sei nicht verboten, Fahrkurven festzulegen - die Einstellungen dürften von Entwicklern jedoch keinesfalls dazu genutzt werden, um etwa die Abgassteuerung zu beeinflussen.
Hinweise darauf, dass so etwas geschehen sein könnte, habe man nicht: "Die Ergebnisse aller Untersuchungen und Messungen der letzten Jahre bestätigen nach unserem aktuellen Wissenstand die Erkenntnis, dass die Nutzung von Fahrkurven beim EA 288 keinen Einfluss auf die Einhaltung von Emissionsgrenzwerten hat oder hatte." Es gebe keinen Zusammenhang zwischen Fahrkurven und geändertem Abgasverhalten. Zu den vom SWR angesprochenen internen Unterlagen äußerte sich VW nicht.
KBA hat keine Auffälligkeiten beim EA 288 identifiziert
Das für die Zertifizierung und Kontrolle von Auto-Emissionsstandards zuständige Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) nahm zunächst keine Stellung zu den Vorwürfen an VW. Das übergeordnete Bundesverkehrsministerium teilte aber mit, es seien beim EA 288 keine unzulässigen Programme identifiziert worden: "Das Kraftfahrt-Bundesamt hat bereits in 2016 eigene Messungen, Untersuchungen und Analysen durchgeführt." Die Vorwürfe gegen den Autobauer seien überdies "nicht neu".
Die Entdeckung und das Eingeständnis von Betrugsprogrammen ("defeat devices") hatte vor rund vier Jahren zum Beginn der Abgasaffäre bei Volkswagen geführt. Der damalige Vorstandschef Martin Winterkorn musste gehen, gegen ihn und andere Manager laufen derzeit noch Ermittlungen unter anderem bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig. Der Konzern stürzte in die tiefste Krise seiner Geschichte - der Skandal verschlang Milliarden an Rechtskosten, der Imageschaden war enorm. Weitere Prüfungen auch bei anderen Herstellern nährten den Verdacht, dass auch dort Abschalteinrichtungen eingesetzt wurden. Bisher hat aber nur VW das mit Blick auf den Motor EA 189 eingeräumt. (dpa/rs)