Rund ein Jahrzehnt nach dem Beginn der großen Outsourcing-Welle hat ein Paradigmen-Wechsel eingesetzt. "Der Markt ist reifer geworden", sagt Nick Mayes, Chef-Analyst bei Computerwire im Gespräch mit CIO. "Die Firmen haben gemerkt, das Outsourcing per se nicht die erhofften Kosteneinsparungen bringt. Die Skaleneffekte der großen Dienstleister sind geringer als erwartet."
Außerdem sind die Anwender selbstbewusster geworden: Früher hatten Anbieter wie IBM auch deshalb die besseren Karten, weil die Anwender bei so einem großen Unternehmen garantiert auf der sicheren Seite waren. Heute scheuen sich die Firmen nicht auch mit kleineren Dienstleistern zusammenarbeiten.
Zeit der Mega-Deals vorbei
"Es kommt nicht mehr auf die Größe des IT-Dienstleisters an, sondern auf die Qualität der Services, die er erbringt", so Mayes. Der Best-of-Breed-Ansatz verdrängt die Mega-Deals. Statt alle IT-Funktionen einem Anbieter zu übergeben, splitten Unternehmen heute ihre Outsourcing-Aktivitäten auf. Beispiel Disney: Der Entertainment-Riese übergab seine Mainframe- und Mid-Range-Systeme an IBM, die Bereiche Desktop, Helpdesk und Netzwerk-Sicherheit gingen dagegen an ACS.
Als Folge der neuen Strategie schrumpfen die Volumina der Outsourcing-Deals, und das drastisch: Im Vorjahresquartal war der durchschnittliche Outsourcing-Vertrag rund 106 Millionen US-Dollar schwer, in diesem Jahr nur noch 56 Millionen Dollar. Ein Rückgang um 47 Prozent. "Der Trend ist seit vier Quartalen ununterbrochen zu beobachten", sagt Mayes.
Marktvolumen ist insgesamt gesunken
Weil die ganz großen Milliarden-Deals selten geworden sind, ist auch das Volumen des Markts insgesamt gesunken: Von 44,1 Milliarden Dollar im zweiten Quartal 2004 auf 25 Milliarden Dollar im zweiten Quartal dieses Jahres. Der Rückgang ist nicht nur der neuen Outsourcing-Strategie geschuldet, sondern dürfte auch durch den Preisdruck von Offshore-Anbietern verstärkt worden sein. "Der Effekt lässt sich allerdings schwer quantifizieren", sagt Mayes.
Indizien zeugen allerdings vom Erfolg der Offshore-Dienstleister: Anbieter wie die indische Wipro verzeichnen derzeit jährlich Wachstumsraten von mehr als 30 Prozent. Nicht selten holen solche Anbieter pro Quartal neue Mitarbeiter in vierstelliger Zahl an Bord.
Best of breed vor allem in USA und Großbritannien
Der best of breed-Ansatz beim Outsourcing wird derzeit vor allem von US-amerikanischen und britischen Unternehmen verfolgt. Sie haben die meiste Erfahrung mit dem Thema. Deutsche Firmen dagegen sind im Outsourcing-Zyklus noch nicht so weit, so Mayes. Das Zeitalter der kleinen Deals ist hierzulande noch nicht angebrochen. Ein Grund: Die Firmen haben noch immer Nachholbedarf beim Outsourcing.
"Im Vergleich zu anderen Ländern gibt es hier noch vergleichsweise große interne IT-Strukturen", sagt Hayes. Das wird sich angesichts des gewaltigen ökonomischen Drucks allerdings ändern. "Die Firmen müssen weiter Kosten senken, auch durch weiteres Outsourcing." Der Drang zum Outsourcing werde in Deutschland allerdings noch durch das vergleichsweise strikte Arbeitsrecht ausgebremst.
BPO mit guten Perspektiven
Ein Bereich, in dem Anbieter weltweit noch mit kräftigen Zuwächsen rechnen können, ist das Business Process Outsourcing (BPO). Besonders das Auslagern von Human Resources (HR)-Prozessen ist derzeit groß in Mode. Allerdings versuchen die Firmen hier die Fehler zu vermeiden, die sie beim traditionellen IT-Outsourcing gemacht haben. Funktionen werden in der Regel getrennt ausgelagert. Insgesamt birgt dieser Markt noch einiges Potenzial: Für das Outsourcing von HR-Funktionen beispielsweise gibt es derzeit gerade einmal eine Handvoll Anbieter.
Computerwire, eine Abteilung des britischen Marktforschers Datamonitor, beobachtet den weltweiten IT-Services-Markt. Die Analysten berücksichtigen für ihre Statistiken Verträge mit einem Volumen von mehr als einer Million US-Dollar.